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Bei Tom Früchtls Ausstellungen empfiehlt sich ein scharfes Auge, entspricht doch das, was man auf den ersten Blick zu sehen vermeint, nie den Tatsachen. Dies lässt sich in seiner Einzelausstellung mit dem Titel [surfacing] erfahren, zu der die Galerie Nusser & Baumgart herzlich einlädt.

Da steht im Ausstellungsraum beispielsweise eine Holzkiste, die aber nicht etwa ein Bild schützt, wie man das von Kunsttransporten gewohnt ist, sondern selbst ein Bild ist - ein »Gemäldeobjekt«, wie Tom Früchtl es nennt, mit dem Titel madera maquillada / geschminktes Holz. Die Oberfläche ist bemalt bzw. "geschminkt«. Der Künstler scheint sich damit in der Tradition des Trompe-l’Œil zu bewegen, jener Kunst der Sinnestäuschung, die sich seit der Antike durch die Geschichte der Kunst zieht und die Virtuosität ihres jeweiligen Schöpfers unter Beweis stellen will, dem die perfekte Illusion gelingt. Bei Tom Früchtl ist die Methode des Trompe-l’Œil allerdings nur die halbe Wahrheit. Denn genau genommen gibt seine Malerei gar nicht vor, ein Gegenstand zu sein. Vielmehr wird der jeweilige Gegenstand oder das jeweilige Material durch seine Eingriffe in Malerei verwandelt.

Mit großer Leichtigkeit und einer gehörigen Prise Witz behandelt Tom Früchtl die großen Themen der konzeptuellen und minimalistischen Kunst der 1960er- und 1970er Jahre – das Verhältnis nämlich zwischen Bild, Objekt und seinem Abbild, zwischen Illusion und Realität, zwischen Massenprodukt und Original. Aus der Position eines konzeptuellen Postminimalisten verwandelt er dabei das industriell gefertigte Produkt durch minimale malerische Eingriffe wieder in ein handgemachtes Original und damit Unikat zurück. Die Angst vor der malerischen Geste, die die Minimalisten seinerzeit umtrieb, hat Tom Früchtl souverän abgelegt. Bei ihm wird sie nun zu einem Instrument, das auf der Basis der Erkenntnisse der Minimalisten und Konzeptualisten die grundlegenden Fragen zur Kunst auf zeitgemäße Weise thematisiert und dabei den Betrachter durchaus unterhaltsam aller Gewissheiten über die gängigen Kategorien der Kunst, insbesondere über das Verhältnis zwischen einem Gegenstand und seiner malerischen Darstellung, beraubt.

Tom Früchtl absolvierte 1997 die Akademie der Bildenden Künste in München. Seitdem wurden seine Arbeiten in zahreichen nationalen wie internationalen Ausstellungen gezeigt (Zabludowicz Collection, London, 2010 / Transmediale, Berlin, 2010 / Temporäre Kunsthalle, Berlin, 2009 / Pinakothek der Moderne, München, 2009 / Centro Cultural de Cali, Kolumbien, 2009 / Badischer Kunstverein, Karlsruhe, 2008 / Museum für Konkrete Kunst, Ingolstadt, 2007 / Museo de Arte Carrillo Gil, Mexico City, 2007 / Sammlung Rik Reinking, Sammlung Federkiel, Halle 14, Leipzig, 2005).