Kunsthalle München

KUNSTHALLE DER HYPO-KULTURSTIFTUNG | Theatinerstraße 8
80333 Munich

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Wie kein anderer Künstler seiner Zeit war Toulouse-Lautrec Porträtist. Der Mensch – nie die Menge – prägte die Thematik dieses Aristokraten aus der südfranzösischen Provinz, der nach den Worten Kurt Tucholskys so »haargenau die Quantitäten von Verfall, gesundem Menschenverstand, ja selbst so etwas wie anständigem Herzen ausbalancierte«. Montmartre, der Hügel der Märtyrer, wurde der Stammsitz des Henri de Toulouse-Lautrec. Im eng gezogenen Rahmen aus großem Theater und Schmiere, aus Zirkus und Tingeltangel, aus Jahrmarkt, Konzertcafé sowie den Grands quartiers d'amour erschuf er sich seine Pariser Domäne. Das gesamte graphische Werk von Henri de Toulouse-Lautrec (1864–1901) entstand am Ende eines ebenso kurzen wie intensiven Lebens. Innerhalb nur eines Jahrzehnts schuf der aus französischem Hochadel stammende Künstler fasziniert von den Möglichkeiten einer damals neuen Technik 351 meist farbige Steindrucke. Seine von japanischen Holzschnitten inspirierten Farblithografien wurden mit ihren starken Kontrasten und der Verbindung von Schrift und Bild stilistisch zum Ausgangspunkt der modernen Plakatkunst. Diese sind es u. a. dann auch, die den Künstler bis zum heutigen Tag berühmt machten.

Der durch Erbanlagen und mehrere Beinbrüche kleinwüchsig gebliebene Aristokrat verbrachte seine Zeit vorwiegend in den Theatern,Tanzdielen, Cafés, Cabarets und Bordellen rund um den Montmartre und schilderte diese Scheinwelt, die den Wunsch des Fin de siècle nach Verdrängung der Wirklichkeit zu institutionalisieren versuchte. Mit seinen ungeschminkten Szenen des mondänen Pariser Nachtlebens prägte Lautrec ganz entschieden das Bild einer legendären Zeit, der sogenannten »Belle Epoque«. In Verachtung der Parvenüs, die das zweite Kaiserreich hinterlassen hatte, aber auch des Bourgeois, der sich nach deren Vorbild zum Flaneur und Dandy stilisierte, stellte Lautrec seine schwächliche Existenz gegen die Konvention. Durch Geburt Mitglied des Uradels war er zugleich Streuner in den übelsten Spelunken, wo er sich angezogen von der Basse Bohème, rücksichtslos der Vernichtung preisgab. Uneingeschränkt seinen Leidenschaften ausgeliefert, führte ihn der hektische Teufelskreis nach knapp 20 Schaffensjahren in den physisch-psychischen Zusammenbruch.

Die berühmte Sammlung des Berliners Otto Gerstenberg, der vor dem Ersten Weltkrieg dieses ganz außergewöhnliche OEuvre Toulouse-Lautrecs lückenlos vereinte, umfasst neben Widmungsexemplaren auch Vorzug-, Zustands- und Probedrucke. Sie ist, mit Ausnahme der »Elles-Mappe«, die von der Staatlichen Graphischen Sammlung in München ausgeliehen wurde, vollständig in der Kunsthalle zu sehen. 30 in München noch nie ausgestellte Gemälde, Ölstudien und Zeichnungen des Meisters u.a. aus dem Musée Toulouse- Lautrec in dessen Geburtsort Albi, aus New Yorker Privatbesitz oder aus der Sammlung Bührle in Zürich ergänzen diese von Dr. Götz Adriani und Dr. Johann Georg Prinz von Hohenzollern zusammengestellte Präsentation des kompletten graphischen Werks mit Gemälden, Pastellen und Skizzen des Künstlers.

Als Begleitprogramm wird in unserem Videoraum täglich der Film »Toulouse-Lautrec. Pariser Nächte« von Jacqueline Kaess-Farquet, (Bayerisches Fernsehen 2005) gezeigt.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit farbigen Abbildungen sämtlicher Exponate im DuMont Verlag, Köln.

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Toulouse-Lautrec
Henri de Toulouse-Lautrec