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Eröffnung: Samstag, 21. März, 16 Uhr Der Künstler ist anwesend.

Vortrag von Trevor Paglen: Sonntag, 22. März, 11 Uhr

Die Galerie Thomas Zander präsentiert in ihrer aktuellen Ausstellung Arbeiten des amerikanischen Künstlers Trevor Paglen, der sich hochbrisanten aktuellen Themen widmet und große Aufmerksamkeit in den Medien erregt. Der promovierte Geograf mit Lehrtätigkeit an der University of California in Berkeley ergründet Phänomene, die strengster Geheimhaltung unterliegen und deren Existenz der Öffentlichkeit verborgen bleiben soll. Erst durch technisch experimentelle und langwierige Recherchen gelingt es Paglen aufzudecken, was von höchsten Stellen unter Verschluss gehalten wird. Seine Beobachtungen und Erkenntnisse verarbeitet der Künstler in Büchern und Kunstwerken. Gerade erst wurde Paglen mit dem SECA Award des San Francisco Museum of Modern Art ausgezeichnet. 2008 widmete ihm das Berkeley Art Museum in Kalifornien eine große Einzelausstellung; 2010 wird er in der Wiener Sezession zu sehen sein. Neben einer Reihe von Ausstellungsbeteiligungen, Vorträgen und öffentlichen Projekten nimmt Paglen in diesem Jahr an der Biennale in Istanbul teil. Wir freuen uns, seine Arbeiten nun erstmalig in Deutschland zeigen zu können.

Die Ausstellung A Compendium of Secrets ist eine Zusammenstellung von Bildern und Fotografien geheimer Militär- und Geheimdienstprogramme der US-amerikanischen Regierung. Oft verschwommen, lückenhaft und aus ihrem Kontext gerissen, fangen die Bilder die verführerische Aura ein, die durch Geheimhaltung in einer charakteristischen Dynamik des Verbergens und Enthüllens aufgebaut wird. Gezeigt werden Fotografien von Spionagesatelliten im Nachthimmel, Aufnahmen von verborgenen Militärbasen und CIA-Gefängnissen weltweit, eine Wandinstallation mit einer Liste von Codenamen geheimer Militärprogramme sowie Porträts von Mitgliedern so genannter CIA “Rendition Teams” aus gefälschten Pässen und eine kuriose Sammlung von Aufnähern und Insignien, die für Militärprojekte höchster Geheimstufe entworfen wurden. Paglens Astrofotografien zeigen geheime amerikanische Raumflugkörper vor einem Hintergrund von Sternen, Sternbildern und Nebeln. Für die Entwicklung dieses Projekts machte Paglen sich Beobachtungsdaten eines internationalen Amateurnetzwerks von “Satellitenbeobachtern” zunutze, um dann mit einem Team aus Informatikern und Ingenieuren ein Softwaremodell zu konstruieren, das die orbitale Bewegung von geheimen Raumflugkörpern darzustellen in der Lage ist. Dies erlaubte Paglen, präzise Vorhersagen über die Flugbahnen amerikanischer Militär- und Spionagesatelliten im Nachthimmel zu machen. Indem er auf eine Technik zurückgreift, die ursprünglich für die Astrofotografie entwickelt wurde, fotografiert Paglen wie er es nennt “the Other Night Sky.”

Auch Paglens Fotografien geheimer Militäranlagen im US-amerikanischen Westen bedienen sich astronomischer Instrumente. Diese Landschaftsaufnahmen zeigen Orte, die offiziell oft nicht einmal existieren. Der Großteil der abgebildeten Anlagen ist buchstäblich für das bloße Auge unsichtbar, da sie sich meilenweit entfernt inmitten abgesperrten Militärgeländes befinden. Um Bilder dieser versteckten Orte zu machen, setzt Paglen vor seine Kameras leistungsstarke astronomische Präzisionsteleskope mit Brennweiten bis zu 7000 mm. Dutzende Meilen von trübem Dunst und Hitze allerdings, die auf den Fotografien abgebildet sind, markieren die physikalischen und epistemologischen Grenzen des Sehens.

Kopien von Pässen amerikanischer Geheimagenten zeigen Porträts, wie etwa das der CIA-Mitarbeiterin “Anne Linda Jenkins", die einem Rendition-Team angehört: Die Aufgabe dieser Frau ist es, der CIA weltweit bei der Entführung Terrorverdächtiger behilflich zu sein, um diese anschließend in Drittländer wie beispielsweise Ägypten zu verschleppen oder an ein Netzwerk geheimer von der CIA geführter Gefängnisse auszuliefern. Das Porträt macht auf die unterschiedlichen Arten aufmerksam, wie das Alltägliche und das Außergewöhnliche ineinander fallen. Die ältere Dame auf dem Foto (ursprünglich von einem gefälschten Pass stammend, den Paglen von einem italienischen Hotel erhielt, in dem die Frau gewohnt hatte) entspricht nicht eben dem, was sich die meisten Menschen unter einer paramilitärischen CIA-Geheimagentin vorstellen.

Das charakteristische Wechselspiel zwischen Enthüllung und Geheimhaltung, Evidenz und Abstraktion, das Paglens Arbeiten ausmacht, entfaltet auch in seiner Serie „Symbology“ seine Wirkung. Dazu erschien 2007 sein Künstlerbuch I Could Tell You, But Then You Would Have to Be Destroyed by Me. Mit den aneinander gereihten militärischen Stoffaufnähern, entworfen für „schwarze” Verteidigungsprogramme, präsentiert Paglen eine enigmatische Version des Ready-made. Der bizarre Symbolismus, den die Abzeichen aufweisen, lässt die symbolische Kunst antiker Mysterienkulte und Geheimbünde anklingen; sie geben Hinweise auf Programme und Projekte, deren Namen nicht ausgesprochen werden können.

Trevor Paglen, geb. 1974 in Maryland, lebt und arbeitet in Berkeley, Kalifornien. Nach Studium der Religionswissenschaft und musikalischer Komposition an der University of California in Berkeley sowie dem Studium in Kunst und Technologie an der School of Art Institute of Chicago, IL, promoviert Paglen 2008 in Geografie mit Schwerpunkt Neue Medien. Seither lehrt er an der University of California in Berkeley. Ausgezeichnet mit mehreren Kunstpreisen, ist der Künstler seit 2000 in Einzel- und Gruppenausstellungen weltweit vertreten und nimmt an zahlreichen Festivals, Vorträgen und öffentlichen Projekten teil. Zu seinen Recherchen sind bereits eine Reihe von Publikationen erschienen. Im Februar 2009 wird sein neuestes Buch Blank Spots on the Map: The Dark Geography of the Pentagon's Secret World (Dutton/NAL/Penguin) veröffentlicht.