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Eröffnung: 22. Mai, Projektpräsentationen 19.00 Uhr

KünstlerInnen Lieven de Boeck, Katharina Cibulka / Eva Jiřička, Josef Dabernig, Saskia Holmkvist, Nina Katchadourian, M.A.Numminen, Stefan Römer, Sean Snyder, Szuper Gallery, Gitte Villesen, Barbara Visser

Filmvorschläge und Kommentare / „Personal Translation“ von Rael Artel, Brent Klinkum, a. titolo, Olivia Plender, Stefanie Schulte Strathaus

Der dritte und letzte Teil der Projektreihe Übersetzungsparadoxien und Missverständnisse bildet den Abschluss dieser vierten Projektreihe und bietet gleichzeitig die Gelegenheit zum Ende unseres fünfjährigen Kuratoriums an der Shedhalle über die Frage nach Übersetzungsparadoxien nachzudenken, die immer auch die intersubjektive Ebene betreffen.

Übersetzungsprobleme können linguistisch und kulturell untersucht werden. Oft beginnen die Übersetzungsparadoxien bei uns aber im persönlichen Alltag oder in der intersubjektiven Kommunikation. Wieso habe ich etwas so oder so verstanden? Warum fühle ich mich missverstanden? Wer hat wie übersetzt? Wie sehen die intersubjektiven Übersetzungsprozesse aus? Nicht zuletzt ist es auch die künstlerische und kuratorische Praxis, die auch von subjektiven und persönlichen Übersetzungen geprägt ist oder zumindest dort oft ihren Ausgangspunkt nehmen. In diesem dritten Teil möchten wir daher die Krux der Übersetzung ins Spiel bringen: Sowohl die persönliche als auch intersubjektiven Übersetzungsparadoxien des Alltags als auch, die betreffend der künstlerischen und kuratorischen Übersetzungsmodi. Die gezeigten künstlerischen Arbeiten kreisen um Fragen, wie Inhalte vermittelt und wie über sie gesprochen werden kann, wie Kommunikation oder auch Nicht-Kommunikation selbst immer schon einen Übersetzungsakt darstellt, welche Medien dabei eine Rolle spielen können, oder in wiefern Missverständnisse Kommunikationen beeinflussen oder generieren.

Die Zeichnungen und Gebäudepläne von Lieven de Boeck gehen der architektonischen „Idee“, wie ein Museum für Gegenwartskunst aussehen könnte oder idealerweise sollte, nach. Künstlerische und kuratorische Fragestellungen werden so auf ihre räumlichen Bedingungen befragt, reduziert und von einem anderen Blickwinkel ausgehend betrachtet. Katharina Cibulka und Eva Jiřička verschenken in ihrem Video „Gratis Punsch“ auf Weihnachtsmärkten in Wien Punsch. Diese vermeintlich grosszügige Geste stösst auf heftige Reaktionen und Missverständnisse seitens der StandbetreiberInnen. Im Film „Hotel Roccalba“ von Josef Dabernig verbringen zwölf Personen schweigend nebeneinander einen Sonntagnachmittag, jeder geht für sich seiner Tätigkeit nach und es scheint unklar, was die Personen miteinander verbindet und trotz der vertrauten Stimmung bleibt viel Spielraum für Interpretationen offen. Uns scheinbar bekannte professionell geführte Konflikt- und Verhandlungsgespräche nehmen in den beiden Filmen „Role Control“ und „In Character“ von Saskia Holmkvist plötzlich unerwartete Wendungen an. Uns wird bewusst, wie sehr wir versuchen Gesehenes und Erfahrenes einzuordnen und zu interpretieren und mit bereits Bekanntem verknüpfen. Die Eltern der Künstlerin Nina Katchadourian, die beide einen Migrationshintergrund haben, und deren Akzente deutlich hörbar, aber trotzdem schwer zuortbar sind, versuchen mit Hilfe von einem Sprachtrainer diesen wegzutrainieren, im Gegenzug dazu übt die Künstlerin, genau so wie ihre Eltern zu sprechen, und so auch ein Stück ihrer eigenen Herkunft und Identität zu erforschen. Der Sänger, Komponist, Entertainer, Schriftsteller und Filmemacher M.A. Numminen singt den berühmten und viel zitierten Satz aus Ludwig Wittgensteins Werk „Tractatus logico-philosophicus“ aus dem Jahr 1918 „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“ Womit nicht gemeint sein soll, dass bestimmte Wahrheiten, Begebenheiten nicht ausgesprochen werden sollen, sondern dass dem Sprechen oder Denken per se Grenzen gesetzt sind, die wiederum dem eigentlichen Akt des Sprechens eine Begrenzung auferlegen. In „Tomorrow is an other day (Die gespielte Kunstkritik)“ von Stefan Römer, wird die heute bereits in die Kunstgeschichtsschreibung aufgenommene Ausstellung von Rirkrit Tiravanija, die 1996 im Kölnischen Kunstverein stattfand auf polemische Art und Weise „auseinander genommen“ und kritisiert. „Exhibition“ von Sean Snyder ist ein Film über Kunstrezeption und den daraus entstehenden Diskurs. Ausschnitte des sowjetischen Dokumentarfilms „Noble Impulses“ von Israel Goldstein aus dem Jahr 1965 werden neu zusammengesetzt und es entsteht eine Reflektion über Rezeptionskonventionen und -rituale innerhalb der Kunst. Szuper Gallery (Susanne Clausen und Pavel Kerestey) sind in einem Workshop zusammen mit den StudentInnen vom Postgraduate Program in Curating der Zürcher Hochschule der Künste der Frage nachgegangen, wie sich das Bild des Kurators/der Kuratorin im Vergleich mit der alltäglichen Realität verhält. Entstanden sind einzelne performative Sequenzen, die versuchen den kuratorischen Prozess zu inszenieren. Gitte Villesen gibt „DJ Willy“ eine Stunde Zeit, um ihr seine Lieblingsmusik vorzuspielen, das daraus entstandene Video zeigt die Highlights dieser Präsentation. Die gespielte Musik weckt Erinnerungen an Erlebtes und an vergangene Sehnsüchte und wird zum Kommunikationsmedium. In ihrem Video „Last Lecture“ vermischt Barbara Visser mehrere zeitliche Ebenen einer Vortragspräsentation, den sie sowohl selbst spricht als auch von einer anderen Person sprechen lässt. So wird immer unklarer, wer wann die Autorschaft über die gesprochenen Worte innehat.

Die künstlerischen Arbeiten stehen räumlich und Blickperspektivisch in Dialog zueinander. Wir laden Sie herzlich ein, SprecherInnenperspektiven zu folgen und gleichzeitig ihren eigenen persönlichen Übersetzungen nachzugehen.

In der Videolounge „Personal Translation“ möchten wir verschiedene Perspektiven zu Wort kommen zu lassen und so das Diskussionsfeld öffnen und erweitern. Wir haben Rael Artel, Brent Klinkum, a. titolo, Olivia Plender und Stefanie Schulte Strathaus eingeladen, jeweils einen Film vorzustellen. Dazu haben die Eingeladenen persönliche Kommentare verfasst, die aus ihrer Sichtweise erklären, warum sie diesen Film gewählt haben, und inwiefern sie Übersetzungsmissverständnisse auslegen.

Sämtliche Beteiligte, mit denen wir in der Shedhalle zusammengearbeitet haben, wurden darüber hinaus von uns eingeladen, ihre Gedanken und Erfahrungen bezüglich Übersetzungsmissverständnisse via einer von ihnen gestalteten Postkarte in die Shedhalle zu senden. Diese Rückmeldungen, die gleichzeitig auch eine Rückschau auf unsere diversen Zusammenarbeiten zeigen, kommentieren die Ausstellung.

In der dreiteiligen Veranstaltungsreihe „Some more misunderstandings to discuss!“ am See möchten wir mit Vorträgen, Diskussionen und Filmvorführungen mit Ihnen das Gespräch am 18. Juni, 9. Juli und 16. Juli fortsetzen.

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Übersetzungsparadoxien und Missverständnisse, Teil 3

Künstler: Lieven de Boeck, Katharina Cibulka / Eva Jiricka, Josef Dabernig, Saskia Holmkvist, Nina Katchadourian, M.A.Numminen, Stefan Römer, Sean Snyder, Szuper Gallery , Gitte Villesen, Barbara Visser

Filmvorschläge und Kommentare / „Personal Translation“ von
Rael Artel, Brent Klinkum, a. titolo , Olivia Plender, Stefanie Schulte Strathaus