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BELVEDERE 21

UGO RONDINONE. AKT IN DER LANDSCHAFT

12. Dezember 2021 bis 1. Mai 2022

Landschaften, Sonnen, Akte und Stillleben – Ugo Rondinones Bildwelten ziehen die Betrachter*innen in eine neue Wirklichkeit hinein. Für seine erste Einzelausstellung in einem Museum in Österreich hat der multimedial arbeitende Konzept- und Installationskünstler einen vielstimmigen begehbaren Kosmos entworfen.

Stella Rollig, Generaldirektorin des Belvedere: „Erschöpfung, Melancholie, unerfüllbare Sehnsucht sind die Gemütszustände der Gegenwart angesichts einer beklemmenden Realität. Ugo Rondinone, der Magier, schafft ein Sinnbild dieser inneren Welten als Raum der Unwirklichkeit, in dem Weltschmerz sich an schierer Schönheit bricht.“

Seit über dreißig Jahren überschreitet Ugo Rondinone die Grenzen zwischen Medien und Disziplinen. Die Arbeiten des in New York lebenden Schweizer Künstlers basieren oft auf Themen und Motiven aus dem Alltag, die durch Isolation, Erweiterung oder eine spezifische Materialbehandlung eine poetische Dimension erhalten. Ideen der Romantik, des Erhabenen und der Vergänglichkeit klingen an wie auch Leitmotive, die Rondinones Werk bestimmen: Figuration und Abstraktion, Mensch und Natur, Tag und Nacht oder Raum und Zeit.

Rondinones konzeptueller Ansatz macht Differenzen zwischen Dingen produktiv, bezieht Widersprüche ein und lässt sie ineinanderfließen. Durch die Kombination von Werkserien oder einzelnen Elementen entstehen im jeweils spezifischen Ausstellungskontext immer neue Bedeutungen, Lesarten und Narrationen. Auf diese Weise wächst ein dichtes Netz von Arbeiten, Themen, Zeitebenen und Verweisen in immer neuen Konstellationen, die miteinander in einem vielstimmigen Kosmos korrespondieren. Rondinones Kunst spricht sowohl „emotio“ als auch „ratio“ an und stößt kontemplative (Be-)Deutungsräume auf. In hochartifiziellen, Kunstgeschichte und Populärkultur zitierenden Installationen schafft der Künstler eindringliche Stimmungen, die das Lebensgefühl unserer Zeit einfangen.

Akt in der Landschaft ist Ugo Rondinones erste Einzelausstellung in einem Museum in Österreich. Mit den im Ausstellungstitel genannten Genrebegriffen „Akt“ und „Landschaft“ öff net der Künstler einen weiten kunst- und kulturhistorischen Bedeutungsraum, der durch unterschiedliche Zeitebenen hindurch bis in die Gegenwart reicht. Vor den Besucher*innen breitet sich in einer ruhigen, fast meditativ anmutenden Atmosphäre ein „Landschaftstableau“ aus, das aus mehreren Elementen besteht.

Einem intimen Vorspann zur Ausstellung gleich stehen am Anfang sechzig gerahmte Papierarbeiten aus der Serie poems, die Rondinone 2003 begonnen hat und seit 2020 weiterführt. Auf diesen Auftakt folgt eine monumentale Setzung: two standing landscapes with sunrise and sunset (2021) titelt die überdimensionale zweiteilige Arbeit, die Rondinone eigens für diese Ausstellung geschaffen hat. Diese über vier Meter hohen, 16 beziehungsweise 18 Meter breiten und mehrere Tonnen schweren „Wände“ sind sowohl als Bilder als auch als Skulpturen lesbar. Zwei in unterschiedlicher Höhe platzierte kreisrunde Ausschnitte markieren dabei einen Sonnenaufgang und einen Sonnenuntergang.

In unmittelbare Beziehung zu den landscapes treten 14 lebensgroße nudes (2010/11): Wachsabgüsse von Tänzer*innen, festgehalten in einem Moment des Innehaltens und unbeteiligten Ruhens. Dem Material der Figuren aus bis zu zwanzig Einzelteilen sind Erdpigmente von verschiedenen Kontinenten der Welt beigemischt, woraus sich farbliche Abstufungen ergeben. Die Körper tragen auf diese Weise unterschiedliche Erdteile in sich und versinnbildlichen zugleich Individualität und Diversität.

Auch winter cloud (2019) ist Teil dieses stimmungsvollen Settings. Das von Rondinone verwendete schwere, steinige Material steht der Vorstellung von einer schwebenden Wolke allerdings entgegen. Hinzu kommt eine Serie von Uhren ohne Zeiger: red clock (2016), blue clock (2016) und yellow clock (2016). Ihre Farben könnten Hinweise auf die blaue Stunde, die Mittagssonne und den Sonnenuntergang sein. Eine Arbeit aus durchsichtiger grauer Folie auf der Glasfassade des Belvedere 21 mit dem Titel when the sun goes down and the moon comes up (2021) lässt die Grenzen von Tag und Nacht, Innen- und Außenraum, Kunst und Natur verschwimmen. Die romantische Sehnsucht, einen bestimmten flüchtigen Augenblick festzuhalten oder vielmehr mit künstlerischen Mitteln an der Aufhebung der Zeit zu arbeiten, durchzieht die gesamte Ausstellung.

Kurator Axel Köhne: „Akt in der Landschaft lässt Gattungen, Begriffe und Rollen verschwimmen und ist immer wieder an die Wahrnehmung der Besucherinnen zurückgebunden. Die Ausstellung bildet gegen die Zumutungen und die Geschwindigkeit der neoliberalen Welt eine fast unzeitgemäße magische Projektionsfläche, die sich einer eindeutigen Lesart entzieht und ein semantisches Rauschen und Vibrieren zulässt. Hat die rationale Moderne die Welt entzaubert, so arbeitet Rondinone an unserer melancholisch- romantischen Rückverzauberung.“