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Eröffnung: Freitag 29. April, 2016, 18-21 Uhr

Anlässlich des Gallery Weekend Berlin freut sich, Galerie Judin die vierte Einzelausstellung von Uwe Wittwer in der Galerie in Berlin zu präsentieren.

Während des Zweiten Weltkrieges wurden zahlreiche Kulturgüter verlagert und zerstört. Dieses Kapitel der jüngeren Geschichte greift der Schweizer Künstler Uwe Wittwer in 10 großformatigen Gemälden und einer umfangreichen Serie von Aquarellen auf (2014–2016). Während die Gemälde den großen europäischen Rahmen stecken, sind die 94 Werke auf Papier allein den Berliner Verlusten gewidmet: sie reflektieren die fast 500 verschwundenen Gemälde des einstigen Kaiser-Friedrich-Museums (heute: Gemäldegalerie und Bode-Museum), die im Flakbunker Friedrichshain geschützt werden sollten und dort in den Tagen nach Kriegsende unter nie ganz geklärten Umständen verbrannten.

Bereits seit 1991 setzt sich Wittwer mit den Gemälden Alter Meister auseinander. Noch länger reicht seine Auseinandersetzung mit den Themen Verlust, Vergänglichkeit und dem Erblassen der Erinnerung zurück. Diese beiden künstlerischen Schwerpunkte hat er nun zusammengeführt. Dabei ist keine nostalgische Spurensuche, sondern eine Untersuchung der Aussagekraft und des Wahrheitsgehalts von Bildern und der Überlebensdauer kunsthistorischer Maßstäbe entstanden.

Um aus den vielen zitierten Epochen, Formaten und Genres eine schlüssige Werkgruppe zu entwickeln, hat Wittwer alle Aquarelle ausschließlich in Rot gehalten. Ästhetisch werden sie zudem durch verschiedene Verfremdungseffekte verbunden: die Kompositionen der Referenzwerke wurden variiert, übermalt oder ins Negativ verkehrt. Insbesondere kamen Methoden der Collage zum Einsatz. Wittwer wählte Bildausschnitte und kombinierte Versatzstücke. Häufig sind Elemente der Ausgangswerke geradezu herausgeschnitten. So werden Wittwers Aquarelle zu einem Spiegel für die Gewaltexzesse des Krieges.

Ausgehend von einem Stil- und Motivkanon, der dem Betrachter durch die zentralen musealen Sammlungen europäischer Kunst vertraut ist, schafft Wittwer Irritationsmomente. Den Betrachter in jenen Raum zwischen Bekanntem und Unbekanntem zu führen, ist das erklärte Ziel des Künstlers.

Uwe Wittwer, 1954 in Zürich geboren, arbeitet fernab medialer Hierarchien: Ölbild, Aquarell und Inkjet sind für ihn gleichwertig. In diesen Medien dekliniert Wittwer seit nunmehr 30 Jahren seinen Themenkern, der um unsere Erinnerung und die europäische Kunstgeschichte kreist. Seine Werke wurden zuletzt u. a. in der Tate Britain, dem Londoner Courtauld Institute of Art, dem Kunstmuseum Bern und dem Ludwig Forum Aachen präsentiert. Kürzlich nahm auch das Metropolitan Museum of Art in New York drei seiner Werke in seine Sammlung auf.