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In zehn verschiedenen Arbeitsserien, die zwischen 1983 und 2012 entstanden, verwendet Vahap Avşar (geboren 1965 in Malatya, Türkei, lebt und arbeitet in New York) unterschiedliche Medien und historische wie zeitgenössische Quellen, um provokante Metaphern für unsere heutigen kulturellen Bedingungen zu generieren. Den Schwerpunkt dieser Ausstellung bilden drei Werkgruppen, die die vorherrschenden und subtilen Faktoren autoritärer Herrschaft hinterfragen, wie sie sich auch in einer Sammlung von populären Bildern darstellen, die die türkische Gesellschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts prägten, um nach 1999 zu verschwinden. Avşar‘s Arbeiten unternehmen den Versuch, dieses visuelle Gedächtnis zurückzuholen und wachzurufen, um die Geschichte des letzten Jahrhunderts zu Ende zu erzählen, so dass wir uns – wie der Künstler es bezeichnet – weiterbewegen können. Die besagte Sammlung ist ein Archiv mit Postkarten und Plakaten, die von einer Druckerei namens AND veröffentlicht wurden, die zwischen 1969 und 1999 in Istanbul bestand und das erfolgreichste Postkarten- und Plakatunternehmen seiner Zeit war. Avşar bezieht sich stets in seinen Arbeiten auf dieses Archiv, das er 2010 erwerben konnte.

Die erste Arbeit der Serie behandelt ein einziges Bild mit dem Titel Ali, der Löwe Allahs, 2011/2012. Dieses Werk umfasst ein Ölgemälde vom Propheten Ali und dessen Reproduktion als Plakat. Das Bild war das einzige und heiligste Bildnis, das die Aleviten (Anhänger Alis) an ihren Wänden aufhängten, oft versteckt oder mit Stoff verdeckt aus Angst vor Verfolgung. Das Gemälde ging verloren, als die Druckerei 1999 schloss. Sowohl Plakat als auch Gemälde sind derzeit nirgendwo sonst erhältlich, sie verschwanden. Die zweite Arbeit heißt Originals, 2011/2012. Sie ist eine Sammlung von etwa einhundert kleinen Gemälden, die von AND produziert wurden. AND beauftragte einige der besten Künstler und Illustratoren der Zeit damit, Motive zu malen, die von Atatürk bis zu Nationalhelden, religiösen Themen wie auch politischer Propaganda sowohl von staatlichen als auch geheimen politischen Gruppierungen reichten. In großer Anzahl als an Postkarten reproduziert beherrschten diese Bilder die visuelle Landschaft der Türkei und dienten als wichtigste Quelle an Vorlagen für Avşar’s Gemälde, als er als Teenager als kommerzieller Maler arbeitete, aber auch für die meisten seiner Bilder, die er in den 1980er Jahren malte. Die Auswahl an originalen Gemälden, die er bei Tanas ausstellt, zeigt nationale und politische Motive von den 1970er bis 1990er Jahren.

Die letzte Arbeit umfasst eine Gruppe von vier Plakaten, die der Künstler bei einem seiner Besuche in der Druckerei 1993 mitnahm. Der Drucker reinigte immer bei Tagesende die Druckerpresse, indem Fehldrucke wieder und wieder durchgelassen wurden, bis die Druckwalze sauber war. Durch reinen Zufall gerieten so auf einigen Plakaten das Bild von Ali mit den zwölf Heiligen des Islam übereinander mit dem Bild von Jesus und den zwölf Aposteln nach Leonardo Da Vincis Letztem Abendmahl.

“In einer Installation von vier auf den Kopf gestellten Büsten, ohne Titel, 2011/2012, wende ich mich der selben Frage zu, nämlich wie man die Geschichte des letzten Jahrhunderts mit einer Korrektur der mythischen Vergangenheit zeitgenössischer Kunst zu Ende erzählen kann, jedoch mit einer Abweichung, nämlich wo ich mich selbst einbringe, wie auch den weithin unbeachteten türkischen Künstler Cengiz Çekil.”

In zwei verschiedenen Video-Installationen untersucht Avşar zudem unterdrückte und unausgesprochene Elemente gesellschaftlicher und kultureller Übereinkünfte. Eine zeigt einen echten Soldaten in Nahaufnahme bei seinem Routine-Training, die andere zwei junge Männer bei Schießübungen mit Hochleistungsgewehren.

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Vahap Avsar