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Das reiche kulturelle Erbe des lateinamerikanischen Kontinents hat das europäische Publikum seit jeher fasziniert. Das gilt auch für die Kunst und die Literatur des 20. Jahrhunderts, die in der europäischen Wahrnehmung wesentlich vom magischen Realismus (z.B. Gabriel García Márquez) geprägt wurden. Umso bedeutender erscheint die thematische Ausrichtung dieser Ausstellung, die die dynamische Entwicklung der abstrakten Kunst des 20. Jahrhunderts in Lateinamerika – einem hierzulande vernachlässigten Wirkungsraum der Moderne – in ein neues Licht rückt. Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die Ella Fontanals-Cisneros Collection, die bei ihrer Präsentation in den USA großes Aufsehen erregte und jetzt erstmals in Deutschland gezeigt wird.

Mit über 200 Werken der Malerei, Skulptur, Zeichnung und Fotografie werden die wichtigsten Positionen der geometrischen Abstraktion in Lateinamerika vorgestellt – einer breiten Kunstströmung, die die figurativen Erzählmuster der präkolumbischen, indigenen Malerei verlässt und durch Struktur, Farbe, Form und Rhythmus eine neuartige, bewusste Wahrnehmung der Wirklichkeit einfordert. Diese neue Schule des Sehens entwickelte sich im großstädtischen Milieu und im intensiven Dialog mit den europäischen und nordamerikanischen Kunstbewegungen, beginnend mit der konkreten Kunst der 30er und 40er Jahre bis zur Op-Art und der kinetischen Kunst der 60er und 70er Jahre des 20. Jahrhunderts.

Die Ausstellung stellt die wichtigsten Entwicklungslinien innerhalb der abstrakt-geometrischen Kunst sowie ihre lebendigsten Zentren in Lateinamerika vor – allem voran in Argentinien, Brasilien, Uruguay und Venezuela. Die thematisch gegliederten Werkgruppen bieten durch überraschende visuelle Verbindungen zwischen den einzelnen Gattungen, Tendenzen und Künstlergenerationen neue Betrachtungsweisen eines wenig bekannten Kapitels der internationalen Moderne. Hierzu haben die in der Ausstellung vertretenen Künstler wie Joaquín Torres-García, Lygia Clark, Lucio Fontana, Julio Le Parc, Hélio Oiticica, Hércules Barsotti, Carmen Herrera, Alejandro Otero, Carlos Cruz-Diez und Jesús Rafael Soto einen wesentlichen Beitrag geleistet.

Eine bedeutende Rolle im kulturellen Austausch zwischen den Kontinenten spielten europäische Künstler, die zur Zeit des Nationalsozialismus nach Lateinamerika auswanderten. Viele von ihnen konnten hier nur allmählich Fuß fassen, die meisten wurden in ihren Heimatländern vergessen. Mit einer repräsentativen Werkauswahl werden in Bonn drei jüdische Emigrantinnen vorgestellt, die es allen Widrigkeiten zum Trotz vermocht haben, in der neuen Welt einen eigenen erfolgreichen künstlerischen Weg einzuschlagen: die Fotografin Grete Stern, die Architektin und Bildhauerin Gego (Gertrud Goldschmidt) und die Malerin Mira Schendel. Ihr Lebenswerk feiert heute die verdiente Wiederentdeckung.

Gego, Mira Schendel und Grete Stern Die Geschichte der kulturellen Identität und der modernen Kunst Lateinamerikas ist eng mit europäischen Einflüssen verbunden, die in der politischen, sozialen und historischen Realität des Subkontinents einen spezifischen Ausdruck gefunden haben. Die Sammlung abstrakter Kunst Lateinamerikas der Cisneros Fontanals Art Foundation in Miami macht diese Verbindungen zur europäischen Avantgarde und die Umwandlungen in den formalen und intellektuellen Bezügen transparent. Darüber hinaus stammt gut ein Dutzend der Künstlerinnen und Künstler, die in der Ausstellung mit ihren Werken vertreten sind, ursprünglich aus Europa und hat dort in den 1920er und 1930er Jahren seine intellektuelle Ausbildung und künstlerische Schulung erfahren. Allerdings sind Gertrudes Altschul, Martín Blaszko, Lothar Charoux, Thomaz Farkas, Gertrud Goldschmidt, Mathias Goeritz, Annemarie Heinrich, Mira Schendel und Grete Stern, um einige namentlich zu nennen, nicht freiwillig in die Fremde gegangen, sondern waren während der Zeit des Nationalsozialismus zu Emigration und Flucht aus Deutschland und Europa gezwungen. Sie gehören damit zu den Glücklichen, die überlebt haben, und zu den besonders Glücklichen, die auch unter den schwierigen Bedingungen des erzwungenen Exils ihre künstlerische Arbeit weiter entwickeln konnten. Die Kunst- und Ausstellungshalle möchte das künstlerische Werk dieser Opfer des Nationalsozialismus exemplarisch würdigen, indem sie drei Künstlerinnen, Gego (Gertrud Goldschmidt), Mira Schendel und Grete Stern, mit Leihgaben aus internationalen Sammlungen ausführlicher vorstellt und in die Ausstellung integriert. So kehren mit der Ausstellung Vibración auch Künstler und Künstlerinnen, die während des Nationalsozialismus zur Auswanderung nach Südamerika gezwungen waren, mit bedeutenden Kunstwerken nach Deutschland zurück und können damit über die sinnliche und ästhetische Erfahrung ihrer Werke das Bewusstsein für die historische Verantwortung schärfen und präzisieren.

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Vibración. Moderne Kunst aus Lateinamerika

Künstler: Joaquín Torres-García, Lygia Clark, Lucio Fontana, Julio Le Parc, Hélio Oiticica, Hercules Barsotti, Carmen Herrera, Alejandro Otero, Carlos Cruz-Diez, Jesús Rafael Soto, Gego , Mira Schendel, Grete Stern ...