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Mit einem aussergewöhnlichen Ensemble von rund 90 Zeichnungen verdeutlicht die Ausstellung der Fondation de l’Hermitage die erstaunliche Modernität der grafischen Kunst von Victor Hugo (1802-1885), der sich als Genie der Romantik nicht damit begnügte, eines der vielfältigsten literarischen Werke des 19. Jahrhunderts zu schreiben, sondern sein Leben lang auch sehr viel zeichnete.

Diese Schau zeigt sämtliche Facetten des Zeichners auf, von den Karikaturen, die er anfänglich auf der Schulbank und später in der Nationalversammlung anfertigt, von Notizen in Reisetagebüchern bis zu Architekturskizzen, mit einem besonderen Augenmerk auf den vollkommeneren, rätselhaften und wilden Zeichnungen, in denen sich sein visionäres Genie offenbart. In den Jahren 1852 bis 1870, die der Dichter notgedrungen auf den englisch-normannischen Inseln Jersey und Guernsey im Exil verbringt, findet er angesichts des Spektakels des Ozeans und seiner ständigen Metamorphosen die grösste Inspiration für diese Tätigkeit. Hugo verwendet hauptsächlich Zeichentusche, die er auf das Papier fliessen lässt, und nutzt jeden Zufall, der sich beim Zeichnen ergibt: Flecken, Falten, Tropfen, Abdrücke und Collagen. Die Ausstellung zeigt, wie sehr Hugo aufgrund seiner experimentellen Betrachtungsweise des Zeichenblattes als ein Vorläufer gelten kann. Die einfallsreiche Verwendung von unterschiedlichsten Techniken und Materialien und die Freiheit im Umgang mit seiner Kunst brachten ihm die Bewunderung der innovativsten Künstler des 20. Jahrhunderts vom Kubismus bis zum Surrealismus ein.

Die in der Fondation de l’Hermitage gezeigten Werke stammen zum Grossteil aus der Maison de Victor Hugo in Paris, deren Sammlungen in den Gemächern, die der Schriftsteller an der Place des Vosges vor seiner Zeit im Exil bewohnte, verwahrt und ausgestellt werden. Auch mehrere Museen und Privatsammler haben zur Bereicherung dieser Auswahl beigetragen, die sämtliche Epochen des grafischen Schaffens des Dichters abdeckt. Ausserdem werden Porträts des Künstlers und seiner Familie ausgestellt sowie Fotografien, die Victor Hugo mit seinen Söhnen im Exil auf Jersey gemacht hatte, aber auch die Karikaturen, die den Ruhm des Schriftstellers begründeten und den Publikumserfolg seines Werks in Frankreich widerspiegeln. Ein dokumentarischer Teil ist den Verbindungen gewidmet, die zwischen Victor Hugo und Lausanne bestehen, einer Stadt, die er viermal besuchte. So auch im September 1869, als er als Ehrenpräsident am Congrès de la Paix et de la Liberté teilnahm. Ausserdem zu sehen sind Ankündigungsplakate seiner Veröffentlichungen, Originalausgaben seiner wichtigsten Werke, verschiedene Manuskripte und Briefe, in denen dieser erste Kultur- und Medienstars als Persönlichkeit zur Sprache kommt, die mit ihrem immensen moralischen und literarischen Format die gesamte französische Szene des 19. Jahrhunderts beherrscht hatte.

Kuratorium: Die Ausstellung wurde in Zusammenarbeit mit der Maison de Victor Hugo in Paris realisiert. Kuratiert wird sie vom Schriftsteller und Kunstkritiker Florian Rodari, dem Organisator einer ersten Ausstellung zu Zeichnungen von Victor Hugo 1998 in New York und Kurator einer Veranstaltung im Herbst 2007 in Paris unter dem Titel L’Esprit de la lettre. Sie will unter anderem die Geistesverwandtschaft der Avantgarden mit dem Wagemut des Autors der Travailleurs de la mer aufzeigen.

Katalog: Der als Koedition mit Editions 5 Continents in Mailand herausgegebene Katalog enthält Beiträge von Françoise Heilbrun, Chefkonservatorin im Musée d’Orsay in Paris, Jean-Marc Hovasse, Dr. Phil., Forschungsbeauftragter im CNRS, Danielle Molinari, allgemeine Konservatorin in der Maison de Victor Hugo in Paris und im Hauteville House von Guernsey, sowie Florian Rodari, Kurator der Ausstellung. Er umfasst 136 Seiten mit Farbabbildungen der meisten ausgestellten Werke, insgesamt 95 Illustrationen, darunter 70 ganzseitige.

Im Kino: Parallel zur Ausstellung zeigt die Cinémathèque suisse einen Filmzyklus rund um das Werk von Victor Hugo (27.01–29.02.2008). Programm und Informationen auf www.cinematheque.ch

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Victor Hugo
Visionnäre Zeichnungen

Kurator: Florian Rodari