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Eröffnung am 4. Juni um 20 Uhr

Vom 4. Juni bis zum 24. August 2008 wird der Grazer Kunstverein eine vom kroatischen Kuratorinnen-Kollektiv WHW (what, how & for whom) kuratierte Ausstellung des jugoslawisch-kroatischen Bildhauers und Architekten Vojin Bakic († 1992) zeigen.

Bakic‘s Werk nimmt eine Schlüsselposition in der ehemalig-jugoslawischen Kunst ein: die Abstraktion als künstlerischer Ansatz wurde im Kontext des Kalten Krieges unfreiwillig zum Schauplatz der unterschiedlichen, einander gegenüberstehenden Ideologien und deren Interpretationen. Den einen galt Abstraktion als bourgeois, für die anderen war sie Zeichen „westlicher“ Freiheit. Das Werk Bakic‘s erteilt diesen Vereinfachungen eine Absage, in dem er seit den 50er Jahren die Abstraktion als künstlerische Formensprache innerhalb des offiziellen, sozialistischen Kunstsystems verwendet. Durch sein unabhängiges und eigenwilliges Auftreten innerhalb des staatlichen Kunstbetriebes stellt er auch die für viele Künstler des osteuropäischen Raums bis dahin geltende Polarität von Anpassung oder Rückzug ins Private in Frage. Anstatt auf die machtpolitischen Forderungen des Entweder-Oder einzugehen und künstlerische Problemstellungen zugunsten irgendeiner Ideologie aufzulösen, entscheidet er sich für den Widerstreit der Positionen. An der Kunst Bakic‘s, an seinen Erfolgen und Schwierigkeiten zu Lebzeiten, aber auch anhand seiner aktuellen Nichtbeachtung in einem offiziellen kroatischen Kontext, lassen sich verschiedene Probleme und Figuren des postsozialistischen Raums exemplarisch vertiefen.

Der politisch-kontextuellen Vielschichtigkeit der Position Bakic's wird auf Ausstellungsebene durch einen umfassenden dokumentarischen Teil Rechnung getragen, der sich mit der Rezeptionsgeschichte Bakic‘s sowohl im sozialistischen Jugoslawien als auch im postsozialistischen Kroatien beschäftigt. Sein Werk bietet auch für die jugoslawischen Post- und Retroavantgarden der 60er und 70er Jahre sowie nachfolgende Positionen eine wichtige Auseinandersetzungsfläche (so erscheint zum Beispiel die Form von Bakic‘s „Petrova Gora“ als Ausgangspunkt mehrfach im Werk David Maljkovic‘s). Das Projekt hat im aktuellen politischen Kontext Europas höchste Bedeutung, der sowohl durch Erweiterung der Union, interkulturellen Austausch und aktiven Umgang mit der eigenen europäischen Geschichte geprägt ist, als auch von restaurativen Denkmustern, Ausblenden von Differenzen und der Entstehung neuer Nationalismen.

Die Ausstellung wird einzigartige Modelle, Skulpturen sowie Entwürfe für öffentliche Bauprojekte zeigen. Zudem werden im Rahmen des Projektes eine ganze Reihe bislang privat gelagerter Arbeiten, die sich noch im Besitz der Familie Bakic befinden, mit deren Einverständnis restauriert und erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

WHW (what, how & for whom) sind Ivet Ćurlin, Ana Dević, Nataša Ilić und Sabina Sabolović (alle Zagreb). Sie arbeiten seit 1999 zusammen. In ihre Aktivitäten ist der Designer Dejan Krsic (ebenfalls Zagreb) fest eingebunden. WHW genießen durch Projekte wie "Kollektive Kreativität" (u.a. Kunsthalle Fridericianum, Kassel) oder dem Programm der von ihnen betriebenen "Galerija Nova" (Zagreb) international größte Beachtung. Sie sind die Kuratorinnen der nächsten Istanbul Biennale.

Die Einladung zu diesem Projekt richtet sich nicht nur auf den zu zeigenden Künstler, sondern auch an das dynamische Kulturproduzentinnen-Kollektiv WHW, dessen Arbeit an der Schnittstelle zwischen Kunst, Geschichte und Politik situiert ist. Ein Anliegen von WHW besteht darin, im politischen Kontext Kroatiens aktuellen und offiziellen Lesarten von Kultur Alternativen gegenüber zu stellen, die nicht der Normalisierung nationalistischer Ideologie geschuldet sind.

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Vojin Bakic
Kuratoren: Sören Grammel und WHW  (Ivet Curlin, Ana Devic, Natasa Ilic, Sabina Sabolovic) mit Ana Bakic