press release only in german

Ausstellung adelt holländische Malerei um 1700

Abstieg, Verfall, Dekadenz, Niedergang einer ganzen Epoche? Was kam wirklich nach Rembrandt und dem „Goldenen Jahrhundert“? Die Kölner Ausstellung „Vom Adel der Malerei – Holland um 1700“ beantwortet als erste ihrer Art diese Frage mit einer umfassenden Bilderschau. Über 100 Gemälde von 40 Künstlern aus der Zeit von 1670 bis 1750 sind vom 14. Oktober 2006 bis 21. Januar 2007 im Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud zu sehen. Die beeindruckende Auswahl der Werke von Künstlern wie Gérard de Lairesse, Adriaen van der Werff oder Jan van Huysum widerlegen das vorherrschende Bild einer „Epoche des Niedergangs“. Die Ausstellung bewertet die Malerei nach Rembrandt im positiven Sinne neu und verdeutlicht den Wandel des damaligen Kunstgeschmacks: Eleganz, Schönheit und Innovationen sind nun von den Künstlern gefragt und führen zu einer Nobilitierung ihres Schaffens

Neue Sicht der holländischen Malerei um 1700

Keine Kunstepoche wird vom eigenen Mythos so überschattet wie das „Goldene Jahrhundert“. Die Werke von Künstlern wie Frans Hals, Rembrandt van Rijn oder Johannes Vermeer strahlen weit über Holland hinaus und ihr Erbe machte in ganz Europa Schule. Im eigenen Land folgt derweil der Niedergang der Malerei, so lautet verkürzt die bis heute verbreitete These von Aufstieg, Blüte und Verfall. „Es bedarf einer neuen, einer gerechten Sicht der holländischen Malerei um 1700 und mit dieser Ausstellung wollen wir dazu beitragen“, fasst Kurator Ekkehard Mai das Anliegen der Sonderausstellung zusammen. Mit Kollegen aus Dordrecht und Kassel hat Mai über 100 Gemälde ausgewählt und aus ganz Europa zusammengetragen. Wichtige Leihgeber sind unter anderem das Rijksmuseum Amsterdam, das Mauritshuis in Den Haag und die Gemäldegalerie Alte Meister Dresden.

Premiere: Erste Überblicksschau zur Epoche nach Rembrandt

Die Ausstellung im Wallraf zeigt erstmals ein repräsentatives Bild von der holländischen Malerei zwischen 1670 und 1750. Eine Zeit, die durch neue Bedingungen geprägt ist: Höfischer Umschwung, extensives Sammeln, deutlicher Wandel im Geschmack und neue Interessen des Bürgertums. Rembrandt bekommt diesen Wandel noch vor seinem Tod zu spüren, denn er gilt plötzlich als unmodern. Seine ausdrucksstarken Gemälde sind den potenziellen Käufern nicht mehr fein genug. Eine starke Strömung des Klassizismus, die sich im Holland des ausgehenden 17. Jahrhunderts ausbreitet, sorgt in den Folgejahren nicht nur für eine Blüte der Historienmalerei, sondern generell für eine Nobilitierung der Kunst. Wie die Ausstellung zeigt, betrifft dies alle Gattungen: Porträt, Genre, Landschafts- und Stilllebenmalerei.

„Mit erlesenen Themen und brillanter Technik, mit Eleganz und Schönheit wird ein neuer Adel der Malerei ins Bild gesetzt“, fasst Ekkehard Mai die neuen Inhalte der Epoche zusammen. Form- und Farbkultur, Perfektion und Raffinesse entscheiden nun über den „bon goût". Dieser „gute Geschmack“ hält auch außerhalb Hollands Einzug in die Residenzen von Düsseldorf, Berlin oder Wien. „Vom Adel der Malerei“ bietet dem Laien- und Fachpublikum gleichermaßen neue Aspekte und überraschende Entdeckungen. Die Epoche der Malerei nach Rembrandt und dem „Goldenen Jahrhundert“ tritt aus deren Schatten und bekommt ein „neues und gerechtes Ansehen“.

Drei Museen – 40 Künstler – 100 Gemälde

Die Ausstellung strebt in ihrer Präsentation keine flächendeckende Behandlung des Themas an, sondern zeigt eine qualitativ hoch stehende Auswahl von Werken mit einer großen Signifikanz für Typik und Entwicklung der damaligen Malerei. Der Ausstellungsrundgang beginnt mit den Gemälden der bereits zu Lebzeiten gefeierten Maler Gerard de Lairesse, Adraen van der Werff und Jacob de Wit. Diese sahen (und malten) sich selbst weniger als typische Maler, sondern als edle und vornehme Herren der Kunst. So hatte der Düsseldorfer Hof van der Werff sogar zum „Ritter“ ernannt. Und de Lairesse forderte in seinen kunsthistorischen Abhandlungen, dass die Malerei „gut und schön sein müsse, für Erkenntnis sorgend und erhebend“. Die Kunst solle Natürlichkeit und Grazie besitzen und die Vorbilder der Vergangenheit zum Muster nehmen.

Ähnlich wie Rembrandt bedienten sich seine „Nachfolger“ zwar auch bei der biblischen Historie, ließen sich aber vor allem durch die Antike und deren Mythologie inspirieren. Als weitere Beispiele für den großen Einfallsreichtum und die brillante Technik der holländischen Malerei um 1700 zeigt die Ausstellung auch Werke der damals auf dem Kunstmarkt sehr gefragten Maler Nicolaes Maes, die jüngere Familie Mieris, Godfried Schalcken und Eglon van der Neer.

Die Schau beleuchtet aber ebenfalls Stilllebenmaler wie Adriaen Coorte, Jan van Huysum und Rachel Ruysch. Künstler, die nicht so „laut“ malten, sondern raffiniert zwischen Schlichtheit und Prunk pendelten. Maler wie Gerard Hoet und Nicolaes Verkolje oder Mathijs Naiveu und Pieter van Roestraeten werden viele Besucher zum ersten Mal sehen und für sich entdecken. Die Ausstellung schließt mit den brillanten Gemälden von Cornelis Troost aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Einer Zeit also, die weitläufig als der Tiefpunkt der holländischen Malerei angesehen wird. Doch die Bilder von Troost beweisen das Gegenteil und sind ein weiteres gutes Argument gegen die These vom Verfall der holländischen Malerei nach Rembrandts Tod. Die Ausstellung ist ein deutliches Plädoyer für die Ausdehnung der Epoche des „Goldenen Jahrhunderts“ bis in das 18. Jahrhundert hinein. Auch nach herausragenden Künstlern wie Rembrandt, Hals oder Vermeer gab es in Holland um 1700 eine Vielzahl großer Maler.

Katalog und Kolloquiumsband

Die Publikation zur Ausstellung setzt sich aus dem Katalogteil und mehreren Essays zusammen, die die Epoche von 1670 bis 1750 sowohl übergreifend als auch unter speziellen kunsthistorischen Gesichtspunkten betrachten. Am Anfang des Bands steht eine generelle Einführung zur Allgemein- und Geschmacksgeschichte. Es folgen Aufsätze, die unter anderem die neuen Aufgabenfelder Innenausstattung und Dekoration behandeln oder die stilistischen, thematischen und koloristischen Aspekte der Nobilitierung analysieren. Den Reigen schließt eine detaillierte Betrachtung zur Rolle der Genre- und der Historienmalerei. Der Katalog erscheint im Verlag Locher, umfasst 368 Seiten und kostet 29,90 Euro.

In der Vorbereitung zur Ausstellung hat das Wallraf im November 2005 ein international besetztes Kolloquium veranstaltet. Dessen Ergebnisse veröffentlicht Ekkehard Mai nun unter dem Titel "Holland nach Rembrandt – Zur niederländischen Kunst zwischen 1670 und 1750". Auf 272 Seiten werden unter anderem Fragen des Sammelns, der Kunsttheorie, des Kunsthandels und des Stils erörtert. Der Band kostet 39,90 Euro und wird vom Boehlau Verlag herausgegeben.

Weitere Ausstellungsstationen

Das Wallraf hat „Vom Adel der Malerei – Holland um 1700“ in enger Zusammenarbeit mit dem Dordrechts Museum und der Museumslandschaft Hessen Kassel organisiert. Nach Köln ist die Schau vom 18. Februar bis 28. Mai 2007 in Dordrecht und vom 21.Juni bis 30.September 2007 in Kassel zu sehen.

Pressetext

only in german

Vom Adel der Malerei. Holland um 1700
Kooperation: Wallraf-Richartz-Museum; Dordrechts Museum; Staatliche Museen Kassel/Schloss Wilhelmshöhe

Werke von Gerrit Berckheyde, Jan van der Heyden, Gerard Hoet, Gerard de Lairesse, Rachel Ruysch, Jan Weenix, Adriaen van der Werff, Jacob de Wit ...

Stationen:
14.10.06 - 21.01.07 Wallraf-Richartz-Museum
21.06.07 - 30.09.07 Schloss Wilhelmshöhe, Kassel