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Michael Conrads` Malereien entstehen in einem System aus festen Spielregeln. Am Anfang steht ein Grundmuster, das sich im Laufe der Arbeit auflöst. Das Bild verselbstständigt sich und es entwickelt sich eine neue Ebene. Sein Vorgehen dabei ist malerisch additiv. Conrads Formgebungen sind geometrisch konstruiert, das Verfahren ist das des organischen Wachstums. Für das Herstellen der Formen benutzt Conrads verschiedene Tapes, Acryl-, Öl- und Lackfarben, sowie Bitumen, einen speziellen Dachlack. Diese Materialien dienen ihm zur Verdichtung des Bildraumes. Zur Imagination einer räumlichen Tiefe verwendet Conrads klassische malerische Mittel. Die Tiefe des Bildraumes wird durch einen dunklen Hintergrund suggeriert, aus welchem sich die geometrischen Formen herauslösen. Diese sind geprägt von einer räumlichen Ambivalenz. In einem Moment tritt der Quader aus dem Bild hervor, er changiert zwischen einer Außenansicht und einer Innenansicht. Die imaginierten Räumlichkeiten erinnern an M.C. Eschers optische Täuschungen, Vorne und Hinten sind gleichzeitig bzw. abwechselnd anwesend. Conrads hat sich ausführlich mit Giovanni Battista Piranesis Raumstrukturen und Phantasieräumen beschäftigt, die in ihrer Räumlichkeit nicht funktionieren. Auch bei Conrads ist ein Muster, eine Form zu sehen und gleichzeitig ein Bruch von beidem. Die Malerei Conrads beschreibt gleichzeitig Aufbau und Zerfall des Bildraumes.

"Unbekannter Heiliger", "Das bequeme Eckchen", "Stillleben mit Zimtsternen" - schon die Titel von Taras Skrentowytchs Bildern sind erzählerisch. Die Sujets stammen aus dem alltäglichen Leben. Die dargestellten Szenen sind realistisch gemalt, ohne sich in Details zu verlieren. Sie wirken morbide und stimmen nachdenklich. Die Erzählungen sind immer ein bisschen rätselhaft und durch ihre Uneindeutigkeit offen. Der Fokus auf die dargestellten Geschichten wird durch die Bildkomposition gebrochen. Die Bilder schwanken zwischen dem Erzählen von Geschichten und abstrakten Flächen, die ein irritierendes Moment in die Erzählung bringen wie z.B. eine geblümte Decke auf einem Sessel, deren Muster in den Teppich übergeht. Die Farben strahlen eine Wärme aus und der Farbauftrag ist geprägt von einer Leichtigkeit, die den Sujets nicht unbedingt entspricht. Skrentowytchs Bilder sind geprägt durch seine früheren restauratorischen Arbeiten von sakralen Fresken und Ikonen in der Ukraine. Verborgene Bildteile erzählen manchmal mehr als übervolle Bilder. Dieses Moment der Flächen nutzt Skrentowytch für seinen Bildaufbau, wie auch Bleistiftspuren der Zeichnung, die später im Bild sichtbar bleiben. Sie erzählen von der Entwicklung des Bildes und werden als Schatten ein Teil der Komposition. In der morbiden Stimmung und der rätselhaften Mehrdeutigkeit von Skrentowytchs Gemälden kann man den Einfluss der frühen italienischen Renaissance als auch moderner lateinamerikanischer Literatur wie z.B. von Jorge Luis Borges und Julio Cortazar erkennen. Das Eindrucksvolle an Taras Skrentowytchs Arbeiten ist die Balance zwischen Erzählerischem und abstrahierendem Bildaufbau.

"von Anderswo" bringt die malerischen Positionen von Michael Conrads und Taras Skrentowytch zusammen. Ihre Techniken und Wirkungen sind ebenso verschieden, wie die Einflüsse, die sie prägen. Bei Conrads beschreiben einige Bilder Orte, die bei ihm einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben und andere, die er aus seiner Vorstellung heraus imaginiert. Skrentowytchs Gemälde zeigen Geschichten, die aus dem alltäglichen Leben stammen und nicht an reale Orte gebunden sind. Über den Bildern liegt eine Lasur der Melancholie. Ein Einfluss "von Anderswo" wird unter anderem durch den Verzicht auf eine eindeutige Lichtquelle sichtbar.

Sonja Vohland

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von Anderswo
Michael Conrads / Taras Skrentowytch