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In der Fondazione Arp werden zahlreiche zeichnerische und druckgraphische Mappenwerke bewahrt, die einen bedeutenden Bestandteil der Sammlung von Hans Arp und Marguerite Arp-Hagenbach bilden. In diesem Konvolut sind selbstverständlich jene Mappenwerke zu finden, die Hans Arp zu seinen Lebzeiten publizierte – und die grossteils bereits bei den umfangreichen Ausstellungen zu Hans Arp und der Sammlung Marguerite Arp-Hagenbach in Appenzell gezeigt wurden. Daneben finden sich Kollaborationswerke, an denen Arp mitwirkte, und monographische Mappen, die dem Künstler von Assistenten, Freunden oder (damals) jungen Künstlern geschenkt und gewidmet wurden.

Hans Arp wird in oder mit der Ausstellung als eine der zentralen Figuren der europäischen Kunstgeschichte gewürdigt: ein Künstler, der aufgrund seiner Biographie, angesiedelt zwischen Frankreich, Deutschland und der Schweiz, und seiner künstlerischen und dichterischen Inventionen bereits vor dem II. Weltkrieg einer der führenden Gestalten der abstrakten Avantgarde war, und der nach 1945 im mitteleuropäischen Kulturtransfer zu einem „Ansprechpartner und hilfsbereiten Mentor“ der jüngeren Generationen wurde – immer unterstützt von Marguerite Arp-Hagenbach, aber auch von der Pariser Galerie Denise René. Eine Auswahl von neun für die Sammlung Arp signifikanten Mappenwerken aus den Jahren 1937 bis 1976 zeigt nicht nur 120 Meisterwerke der druckgraphischen Kunst, sie gibt auch einen Einblick in die Vernetzung der Moderne.

Die Ausstellung wird eingeleitet von einem zweiteiligen Mappenwerk der amerikanischen Künstlerin und Autorin Katherine S. Dreier, die heute vor allem als eine der bedeutendsten Mäzeninnen der modernen Kunst bekannt ist: Forty Variations (1937/1941) war eine Kooperation mit ihrem Freund Marcel Duchamp, der die Zeichnungen seiner Förderin vervielfältigen und in Paris kolorieren liess. Das legendäre Album Grasse, publiziert 1950, ist eine Zusammenstellung von Arbeiten der Künstler Hans Arp, Sonia Delaunay, Alberto Magnelli und Sophie Taeuber-Arp, die der kurzen Zeitspanne 1941/1942, als sich die vier Protagonisten der abstrakten Moderne im von den Nazis unbesetzten Grasse trafen, diskutierten und zusammenarbeiteten, ein poetisches Denkmal setzt – das wie nebenbei die Künstlergemeinschaft zwischen Hans Arp und der1943 gestorbenen Sophie Taeuber memoriert.

Sonia Delaunays Siebdruckfolge Avec moi-même (1970) wiederum zeigt, wie sich das Werk der Künstlerin seit dem Aufenthalt in Grasse und vor allem seit dem Tod Robert Delaunays eigenständig weiterentwickelte. Das einzige zeichnerische Mappenwerk, Hommage à Hans Arp (1960) von Rolf-Gunter Dienst, kann als Brief des damals 18-jährigen Künstlers und Kunstkritikers an einen der Meister der Moderne gelesen werden – ein Brief, in dem sich sowohl Witz als auch Virtuosität des späteren Vertreters einer kalligraphischen Abstrakte ankündigen. Günter Fruhtrunk, der 1955 im Atelier von Hans Arp gearbeitet hatte, schenkte seinem „Vorbild“ die Mappe Zehn metastabile Kompositionen, die man als „Grammatik“ einer der konkreten Kunst verbundenen Op-art bezeichnen kann. Lenz Klotz, einer der bedeutendsten Vertreter der lyrischen Abstraktion in der Schweiz, sendete seine Sehkarten II (1971), eine Folge von Radierungen, persönlich an Marguerite Arp-Hagenbach – durchaus im Wissen, dass seine „automatische“ Formfindung ohne Arp nicht vorstellbar wäre. Alberto Magnelli publizierte in den Jahren 1970/1971 zwei Mappenwerke, deren Motive sich auf das Künstlerexil Grasse, das zugleich Kunstparadies war, bezogen; in der Ausstellung ist L’Album de La Ferrage (1970) zu sehen.

Victor Vasarely (1908-1997) publizierte 1955, kurz vor seinem Manifest Jaune, dem Beginn der kinetischen Bilderfolgen, die Mappe Vasarely, die als Bekenntnis zur konkreten Kunst gedeutet werden kann. Piero Dorazio, der Begründer der italienischen lyrischen Abstraktion, publizierte 1976 im Erker-Verlag/St. Gallen mit dem DDR-Exilanten Peter Huchel das Mappenwerk Unbewohnbar die Trauer, mit 23 Gedichten und acht Lithographien – das dann von Marguerite Arp-Hagenbach bei der Vernissage in St. Gallen gekauft wurde.

Neben der Präsentation der Mappenwerke wird in der Ausstellung wie nebenbei die Bedeutung der Kunstdruckereien bzw. Kunstverlage transparent, die nach 1945 massgeblich zur intellektuellen wie auch merkantilen Verbreitung der modernen Kunst beitrugen. Neben der Erker-Presse/St. Gallen sind die Société Internationale d’Art XXe Siècle/Paris, das Atelier Arcay/Paris, Hedy Weber-Hippele/Zürich, die Galerie der Spiegel/ Köln, die Imprimerie Arnère/Vallauris und die Editions aux Nourritures Terrestres/Paris in der Ausstellung vertreten.

Die Präsentation wird ergänzt durch Werke von Hans Arp aus der Stiftung Liner Appenzell. Sie wird begleitet von ausführlichen didaktischen Texten. In der Ausstellung ist Peter Huchel bei einer Lesung seiner Gedichte aus Unbewohnbar die Trauer zu hören; die Schallplatte war der Mappe beigelegt. Als Schweizer „Erstaufführung“ kann man die Klavierkomposition hören, die der amerikanische Komponist Jess Meeker für die Forty Variations von Dreier notierte und 1939 aufführte.

Eine Ausstellung in Zusammenarbeit mit der Fondazione Arp, Locarno

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Von Hans Arp bis Victor Vasarely
Graphische Mappenwerke von 1937 bis 1976

Künstler: Hans Arp, Sonia Delaunay, Piero Dorazio, Alberto Magnelli, Sophie Taeuber-Arp...