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Der New Yorker Künstler Wade Guyton benutzt ein ungewöhnliches Mittel, um seine Leinwände zu „bemalen": einen handelsüblichen Tintenstrahldrucker. Für den hohen Deckenlichtsaal im Museum Ludwig schafft er eine neue, großformatige Arbeit: Acht hochformatige Leinwände (je 7,75 m x 1,75 m), die dicht an dicht an der Stirnwand des Raumes hängen.

Sie sind bedruckt mit schwarzen, monochromen Blöcken. Ihr dichtes Schwarz besteht aus einer Mischung sämtlicher sieben Farben des Tintenstrahldruckers, ist also die alle Farben summierende Nicht-Farbe. Der Drucker kann das Breitenformat von 1,75 Meter nur halb bedecken. Deshalb faltet der Künstler die Leinwand längs. Wenn die eine Hälfte fertig ist, dreht er die Leinwand um und bedruckt die andere Hälfte. Die schwarzen monochromen Flächen, Streifen und Blöcke die der Künstler in der letzten Zeit häufig verwendet, werden am Computer erzeugt. Es sind sehr einfache geometrische Formen, die wieder und wieder auf die weiße Leinwand gedruckt werden.

Guyton folgt dabei immer einem strengen Schema, es ist ihm z.B. wichtig, dass die Abmessungen der Leinwand sich jeweils technischen und räumlichen Gegebenheiten anpassen. Die genannte Breite entspricht wie gesagt genau der doppelten des mit seinem Drucker erreichbaren Formats, die Länge von 7,60 Meter ist die der handelsüblichen Leinwandrolle. Doch während die Breite in allen Arbeiten des Künstlers, die auf diesem Drucker entstehen, dieselbe ist, orientiert sich die Länge hier an der Architektur des Ausstellungsraums, der hohen Stirnwand des großen Oberlichtsaals im Museum Ludwig.

Nicht nur das ungewöhnliche Format bezieht sich auf den Raum. Auch das zentrale Bildmotiv, die monochromen Blöcke, fügen sich in ihn ein. Sie bilden ein Echo der ihnen gegenüberliegenden extrem schmalen und langen Treppe. Schwarz und Weiß ahmen die Stufen nach. Schreitet man die Treppe herunter in den Raum, scheint die eigene Bewegung die Streifen gegenüber ebenfalls in Bewegung zu setzen. Die Treppe wird zur Showtreppe, Guytons Wand nimmt auf eine abstrakte, möglicherweise irritierende Weise die Bewegung des Besuchers auf. Sein Gang, sein Auftritt bekommt so etwas Theatralisches und, sieht man die schwarzen Felder als Filmstreifen, auch etwas Cinéastisches. Große Kino-Auftritte auf der Treppe - etwa der von Gloria Swanson in Sunset Boulevard -, kommen einem in den Sinn. Die Bewegungen, die die Leinwand suggeriert, sind zugleich die, die Künstler und Leinwand während der Herstellung vollzogen haben.

Teil der Ausstellung im Museum Ludwig ist das Künstlerbuch „Zeichnungen für ein großes Bild" (Verlag der Buchhandlung Walther König, 2010). Es enthält eine Sammlung von Original-Buchseiten, die Katalogen entnommen und mit einfachen geometrischen Formen überdruckt worden sind. Guyton fotografiert sie als Stapel auf seinem blauen Küchenfußboden. Für jede Buchseite, die wir blättern, nimmt auch er eine Zeichnung vom Stapel. Wie bei den Gemälden ist auch hier die Bewegung des Lesers mit der des Künstlers während der Produktion verbunden.

Die großen Formate, die Guyton in den letzten Jahren zeigt, haben ihn zu seinen künstlerischen Anfängen zurückgeführt. Denn er ist noch bis 2004 vor allem Bildhauer. Seine eleganten Skulpturen aus Stahl haben die „U"-Form, massiv, mal stehend, mal liegend, bevorzugt. Seine Skulpturen wurden „Zeichnungen im Raum" genannt, daraus wurden dann die „Druckgemälde". Es ist also nicht allzu kühn, von seinen nun extrem langen bedruckten Leinwandbahnen als von „Druckskulpturen" zu sprechen. Sie definieren den Raum neu, in dem sie hängen, sie definieren aber auch ihr Medium um. Sie geben Malerei oder Druck etwas Plastisches. Und wie jede Skulptur beeinflussen und bestimmen sie auch die Bewegung des Besuchers im Raum.

Die von Guyton am Computer entwickelten neueren Gemälde verweisen auf das Bildmotiv par excellence der Moderne: die Monochromie. Schon die klassische Monochromie, bei Alexander Rodtschenko oder Robert Ryman, diente dazu, die Malerei auf das ihr Wesentliche zu reduzieren: die Farbe, die Leinwand, den Rahmen. Guytons monochromen Blöcken dürfen wir, auch wenn sie in größere Komplexe gestellt sind, ein ähnliches Ziel unterstellen wie Rodtschenko und Ryman, selbstreflexive Malerei. Ihr dichtes Schwarz in Köln besteht etwa aus einer Mischung sämtlicher sieben Farben des Tintenstrahldruckers, ist also die alle Farben summierende Nicht-Farbe.

Wade Guyton wurde 1972 in Hammond, Indiana geboren. Von 1996 bis 1998 studierte er am Hunter College in New York. Seitdem hat er sich vor allem mit dem Minimalismus, abstrakter Malerei und Appropriation Art auseinandergesetzt. Guytons Bilder entwickelten sich aus den Zeichen, Buchstaben, Rastern, abstrakten Mustern und amorphen Strukturen, die er auf Seiten aus Kunst- und Architekturbüchern druckte. Er hatte bereits zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen in den USA und Europa, 2005 eine große Ausstellung im Hamburger Kunstverein. 2006 nahm er an der Whitney Biennial teil, 2008 an der Torino Triennale.

Das Künstlerbuch erscheint im Verlag der Buchhandlung Walther König.

Kuratorin der Ausstellung ist Dr. Julia Friedrich.

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Wade Guyton
Kurator: Julia Friedrich