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Matthias Wähner (*1953) präsentiert mit „Wähners Kriegskabinett“ eine Installation von aufgefundenen und mediatisierten Kriegsmemorabilia der jüngeren Zeitgeschichte: „Warshots“, Internetbilder zum Kosovokrieg, den Kriegszuständen in Afghanistan in der Folge des 11.Septembers und zum Irakkrieg, dem sogenannten 2. Golfkrieg, aber ebenso eine Aufzeichnung von Albert Speer – Hitlers Architekt und Rüstungsminister – in der dieser seine imaginierte Weltreise durch den Spandauer Gefängnisgarten der 50er und 60er Jahre detailliert dokumentiert.

Die Fundstücke werden durch kurze, selbstverfasste Erklärungstexte in einer Art Bürosituation rekontextualisiert. Flüchtige bildliche Manifestationen werden als bewahrenswert vorgeführt, die längst elektronischer Datenschrott sind und heute im World Wide Web nicht mehr auffindbar wären. Die „warshots“ sind Erinnerung an historische Ereignisse der unmittelbaren Vergangenheit. Zeugnisse eines Kriegszustandes, die die heute typische mediale Teilhabe und Auseinandersetzung um Öffentlichkeiten, Politiken, Kulturen und die darin enthaltenen Flüchtigkeiten und Unschärfen repräsentieren und archivieren.

Der eigenen akribischen Suche stellt Matthias Wähner ein historisches Dokument gegenüber, dessen Existenz bisher völlig unbekannt war. Albert Speer, mitverantwortlich für die Deportation und Ermordung von Menschen im nationalsozialistischen Deutschland, direkter Teilhaber und Planer an Hitlers Kriegs- und Größenwahn, verkörpert bis heute Schuld und Sühneversuche einer ganzen Generation von Beteiligten. Die von Matthias Wähner aufgefundene und hier erstmals öffentlich präsentierte, diagrammartige Aufzeichnung von Speers „Weltreise“ gen Osten im Gefängnisgarten legt in ihrem Zwang zur Aufzählung und Messung, zur Niederschrift und Dokumentation, aber auch zum Größenwahn Züge von Albert Speers Persönlichkeit frei. Seine Selbststilisierung als künstlerischer Außenseiter im Zentrum der nationalsozialistischen Machtpolitik, als pflichtversessener Gutmensch, als Schaf im Wolfspelz und als engster und einziger potentieller Freund Hitlers ist durch neueste historische Forschungen widerlegt geworden.

„Wähners Kriegskabinett“ versammelt diese ganz unterschiedlichen Objekte, die von Historikern niemals auf diese Weise archiviert werden könnten. Sein Kabinett spielt mit dem Motiv des „Fake“, der Vorspiegelung von Tatsachen. Er installiert eine pseudodidaktische Ausstellung, die nur so tut als sei sie ein „Als Ob“ zwischen Fiktion und Wirklichkeit.

Die Ausstellung findet im Rahmen der Westfälischen Friedenstage statt.

Pressetext

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Wähners Kriegskabinett
Matthias Wähner