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Walter Dahn | As Life Travels On
02.03.2019 - 28.04.2019

Eröffnung: Freitag, 01.03.2019 18:30 Uhr

Unter dem Titel »As Life Travels On« zeigt die Kestner Gesellschaft vom 2. März bis 28. April 2019 eine umfassende Retrospektive des Künstlers Walter Dahn (*1954 in St. Tönis/Krefeld) mit über 80 Gemälden, Siebdrucken, Fotografien und Skulpturen von 1980 bis in die Gegenwart. Dahn, langjähriger Professor für Malerei an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig (HBK), zählt zu den wichtigsten Protagonisten der Künstlergruppe »Mülheimer Freiheit«. Ihre expressive, spontane Malerei, die Anfang der 1980er Jahre in Köln entstanden ist, wurde unter dem Label »Neue Wilde« bekannt. Durch seine Teilnahme an der documenta 1982 erlangte der damalige Meisterschüler von Joseph Beuys große Bekanntheit. Dahns Werk reicht allerdings weit über die »wilde Malerei« hinaus. Die Ausstellung präsentiert eine umfassende und aktuelle Sicht auf sein vielfältiges Gesamtwerk, das sich im Spannungsfeld von Kunst, Musik und Popkultur bewegt.

Der Künstler als Sampler
Walter Dahn war lange Zeit zugleich Künstler und Musiker. Als Maler befragt er die Malerei mit ihren eigenen Mitteln stets aufs Neue. Als Musiker gehörte verschiedenen Projekten an zum Beispiel »Die Hornissen«, »The Jewellers« und die Band »Die Partei«. Wie seine Musik sind seine Bilder emotional geladen und in ständiger Verhandlung. Seit den späten 1980er Jahren verwendet er auch Fotografie, Spray-Bilder und Siebdrucke als malerische Methode der schnellen Reproduktion von Bildern.

Walter Dahn geht dabei Kooperationen ein und eignet sich vorhandenes Material an, seine künstlerische Strategie ist das Sampling. Bilder und Slogans aus Musik, Film, Kunstgeschichte, Popkultur und Ethnologie werden zu gleichwertigem künstlerischen Material, das er appropriiert und verändert. So arbeitet er mit Zeichen und Begriffen, die in einer von Widersprüchen geladenen Welt bereits existieren. Daraus entstehen Hommagen an Elvis Presley, an Sigmar Polke und viele andere. Allesamt Sujets, die nostalgisch sind, ohne sentimental zu sein, teilweise ekstatischer, immer intuitiver Gestalt.

Beispielsweise zeigt das Gemälde »Ein Mann mit einer langen Nase repariert die Karawane« (1981) eine schemenhafte Figur mit einer skurril langen Nase, die sich über eine Kamelreihe beugt. Der Gestus ist impulsiv, nachlässig gemalt oder sogar geschmiert und von eindrücklichen Konturen geprägt. Dahns Malerei richtete sich auch gegen die Geschmackskonvention seiner Zeit und gegen die Autorität von vorgegebenen Inhalten. Sie ist Malerei gegen Malerei, d.h. mit den Mitteln der Malerei eine Kritik an der Malerei selbst.

Die Kunst der »Neuen Wilden« wurde oftmals als Abgrenzung zur Konzeptkunst und Minimal Art verstanden, die sich jenseits des klassischen Bildes bewegen. Dass Dahns Werk auch konzeptuelle Strategien zugrunde liegen, bezeugt dessen Entwicklung: Das Werk »Auf Wiedersehen (mit Zusatz von Béla Janssen) #2« von 2014 zitiert eine Karikatur von Honoré Daumier (»Refusé« 1840). Das abgebildete Klischee der Künstlerexistenz treibt Dahn auf die Spitze.

Mit blauer Sprühfarbe betont er gerade die Energie der Zerstörwut des abgelehnten Künstlers. Die Farbe ließ Dahn von seinem Schüler Béla Pablo Janssen aufsprühen – ein Beispiel für Dahns gemeinschaftliche Arbeitsweise mit anderen Künstlerinnen und Künstlern. Wie auch in frühen Werken werden in den Siebdrucken Begriffe und Zeichen verwendet, die wir erkennen, mit denen Dahn aber stets neue Bild(er)findungen schafft.

Walter Dahn ist 1954 in St. Tönis/Krefeld geboren. Er lebt und arbeitet in Köln. Von 1971 bis 1977 studierte er an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf bei Joseph Beuys und wurde 1977 dessen Meisterschüler. Von 1979 bis 1982 gehörte er neben Hans Peter Adamski, Peter Bömmels, Georg Dokoupil zur »Mülheimer Freiheit«, benannt nach dem gemeinsamen Hinterhofatelier in der gleichnamigen Straße in Köln. Seit 1995 hat er eine Professur für Malerei an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig.

Walter Dahns Werk wurde in den renommierten Museen der Welt gezeigt, zumeist im Zusammenhang mit der Malerei der 1980er Jahre. Aber auch in zahlreichen Einzelausstellungen wurde sein Werk präsentiert, unter anderem im Sprengel Museum Hannover (1986), der Kunsthalle zu Kiel (1994), im Stedeljik Museum, Amsterdam (1997) und dem Kunstmuseum Basel (2018). Zudem hat Dahn an zahlreichen Gruppenausstellungen teilgenommen, darunter beispielsweise im Museum of Modern Art, New York (1984), Kunstmuseum Düsseldorf und Solomon R. Guggenheim Museum, New York (alle 1989), Whitney Museum of American Art, New York (1996), Museum für Gegenwartskunst, Basel (2006), Museum für Moderne Kunst, Frankfurt (2011), Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam (2012), Städel Museum, Frankfurt am Main (2015). Dahns Arbeiten waren außerdem auf der documenta 7 in Kassel (1982) und auf der Biennale in Sydney (1992) zu sehen.

Die Ausstellung wird unterstützt von der NORD LB/ Kulturstiftung und dem Förderkreis der Kestner Gesellschaft.

Kuratorinnen: Christina Végh und Julika Bosch