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Mit der Einzelausstellung des österreichischen Künstlers Walter Obholzer setzt die Secession ihr programmatisches Anliegen fort, internationale Positionen der zeitgenössischen Malerei zu präsentieren. Im Hauptraum zeigt Walter Obholzer neueste Arbeiten, die u.a. eigens für die Secessionsausstellung entstanden sind. Die Ausstellungsarchitektur wurde vom Architektenteam Pauhof entworfen.

In seinem Aufsatz über das Konzeptuelle in der österreichischen Gegenwartskunst stellte Markus Brüderlin 1992 fest, dass in Wien nicht nur "eine genuine Erweiterung des Duchampschen Kunstbegriffs" erfolgt ist, sondern auch mit der "Konzeptualisierung des Dekorbegriffs", die Idee der "Kunst als Kontext" auf formaler Ebene bearbeitet wird und "sich dabei auf lokale Traditionen stützen kann". Diese lokalen Traditionen ließen sich auf die Jugendstilbewegung der Secessionisten zurückführen. Vor diesem Hintergrund hätte eine Gruppe jüngerer, österreichischer Künstler in den 80er Jahren begonnen, die kritische Frage nach institutionellen Bedingungen der Produktion, Vermittlung und Rezeption von Kunst zu schärfen und sich damit in den internationalen Diskurs der Konzeptkunst eingebracht.

Gemeint war unter anderem der 1953 geborene Künstler Walter Obholzer. Mit seinen Arbeiten habe er wesentlich dazu beigetragen, dass das "Dekor auf der Ebene der Malerei als formale Entsprechung zu dem etabliert wird, was auf der Ebene der Objektkunst mit Duchamp als Kategorie des Kontextes fungiert. ... So wie der Kontext die Bildung von Bedeutungen und Funktionen durch Plazierung in verschiedenen Zusammenhängen beschreibt, so macht das Dekor die Grenzen zwischen unterschiedlichen formalen, gesellschaftlichen, ontologischen und historischen Bereichen sichtbar und stellt Beziehungen zwischen ihnen her." (M.B.) Walter Obholzer arbeitet mit vorhandenen, anorganischen Formen wie beispielsweise Ornamenten und Emblemen. Auf diese Weise schleust er nicht nur kollektive Formerinnerungen in seine Bilder ein, sondern auch Erkenntnisse über die Strukturen von Kommunikation in unserem, durch Massenmedien geprägten Informationszeitalter, dem das Ornament als strukturelles Ordnungsmuster digitaler Bilderwelten dient. Als Bildträger verwendet Walter Obholzer meist dünne Aluminiumtafeln oder die Wand selbst, wodurch die Malerei eine symbiotische Beziehung mit dem Ausstellungsraum eingeht. Durch diese flexible Konzeption zwischen autonomen Tafelbild und stationärer Wandmalerei entsteht eine neuartige Funktionalität des Tafelbildes. Ein- und dasselbe Motiv kann an verschiedenen Stellen auftauchen und mit den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten atmosphärisch verschmelzen. Diese ungewöhnliche Anwendbarkeit von Malerei, zusammen mit der scheinbar paradoxen Verknüpfung von der stationären Lokalität des Ausstellungsortes und der beliebigen Verfügbarkeit der Bilder verweist auf die bildnerische Konzeption Walter Obholzers, die von der zentralen Idee getragen wird, die Flüchtigkeit des Bildes mit der Idee des Ortes zu verbinden. Dieses Spannungsverhältnis, das die Arbeiten Walter Obholzers kennzeichnet, wird bei der Secessionsausstellung zusätzlich durch die historische Signifikanz des Ausstellungsraumes verschärft. Bekanntlich handelt es sich beim Hauptraum der Secession um eine Art ersten White Cube, um einen aus der Sicht der Secessionisten "idealen" Ausstellungsraum. In seine theoretische Auseinandersetzung mit der ideologischen Neutralität des "White Cubes" hat Walter Obholzer das Architektenteam Pauhof eingeladen. Sie haben für die Präsentation seiner Bilder eine Ausstellungsarchitektur entworfen, die den "totalitären Charakter" (W.O.) von Bilderpräsentationen bricht.

Das linke und rechte Seitenschiff des Hauptraumes ist durch ein 40cm hohes, raumfüllendes Podest verbaut. Ein Teil der Wände, der Boden, sowie die Decke sind mit schwarzer Farbe versehen. Es entsteht dadurch der Eindruck von zwei überdimensionalen, begehbaren Röhren. Schwebende Wände mit extremen Auskragungen und Überbrückungen dynamisieren den mittleren Raum und das hintere Querschiff. Mit minimalen Formelementen erzielen Pauhof damit eine maximale, neue Raumwirkung, die eine völlig andere Wahrnehmung von Malerei bedingt. Themen wie Zeit, Bewegung, aktives und passives Wahrnehmen der Bilder und des Ausstellungsortes erscheinen erfahrbar integriert.

Sowohl Walter Obholzer, als auch das Architektenteam Pauhof suchen mit ihrer künstlerischen Auseinandersetzung jene Abstraktion, die neue Wirklichkeiten schafft. Entscheidend ist dabei, dass Walter Obholzer dies als Maler und aus dem Kontext der Malerei heraus tut, während Pauhof als Architekten agieren. Beide setzen ihr künstlerisches Medium als Reflexionssystem ein, in dem das Malen und die Architektur als vergeistigter Findungsprozess funktionieren.

PUBLIKATION Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit Textbeiträgen von Georg Schöllhammer, Matthias Herrmann und dem Architektenteam Pauhof. Der Katalog erscheint in deutscher und englischer Sprache.

AUSSTELLUNGSGESPRÄCH Anlässlich der Ausstellung veranstalten die Freunde der Secession ein Ausstellungsgespräch von Walter Obholzer mit Michael Hofstätter (PAUHOF) und Hans-Ulrich Obrist.

Pressetext

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Walter Obholzer
Ausstellungsarchitektur: Pauhof