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"Die Erde - eine gute Wohnung" titelt Bruno Taut ein Buch zur Alpinen Architektur und legt dabei den größtmöglichen Rahmen als Maßstab an seine Konzeption des Wohnungsbaus für die breite Mittelschicht. Um aber seine Utopie gerade dort in den engen Grenzen von Wirtschaftlichkeit, behördlichen Auflagen, Baugesetzen sowie den anerkannten Regel der Baukunst durchzusetzen, muss der Architekt die Nischen schaffen oder erkennen, die ihm die erforderliche Freiheit dazu gewähren. Es gilt mit kleinsten Mitteln, dem Stadtraum, einer Bauflucht, der Architektur, dem Grundriss, einer Farbe, eines Fenster- oder Türdetails, die umfassendste Wirkung im Sinne der Idealkonzeption zu verwirklichen.

Wenn Bruno Taut 1919 postuliert, "keine freudlosen Wohnungen mehr bauen" zu wollen, so formuliert der Franzose Vaudoyer den Erfolg 1936: "Diese Häuser sind (...) vor allem äußerst heiter. (...) Gewiss, solche Häuser machen das Glück nicht aus. Doch mindestens laden sie zum Glücklich sein ein". Dabei ist jeder Aspekt des Bauens von Bedeutung, der Außenwohnraum genauso wie der Standard der Wohnqualität, die Farbe ebenso wie die Berechnung der Wirtschaftlichkeit oder "die Lücke in der Bauordnung von Berlin". Die allumfassende Verantwortlichkeit des Architekten für Bewohner und Bauwerk, schon bei Vitruv angelegt, entspringt einer zutiefst humanistischen Grundüberzeugung.

Wer diese Wirklichkeit werden lässt, wird auch bei zeitgenössischem oder zukünftigem Wirken immer zum Wohle der Bewohner tätig sein - auf einer Linie mit dem Werk Bruno Tauts.

Winfried Brenne

Winfried Brenne hat zahlreiche Bücher zu Taut publiziert, darunter Siedlung Onkel Tom Berlin Zehlendorf. Einfamilienhäuser 1929. Architekt Bruno Taut (1998) und Bruno Taut. Weltsicht, Erbe und Visionen (2009). Winfried Brenne arbeitet seit 1978 als selbständiger Architekt mit den Schwerpunktbereichen Siedlungsbau und ökologisches Bauen.

Die Akademie c/o ist ein Projekt des Masterprogramms a42.org der Akademie der bildenden Künste Nürnberg (Arno Brandlhuber, Silvan Linden) und der Buchhandlung Walther König (Christian Posthofen) in Kooperation mit der Zeitschrift Arch+. Thematisch verhandeln die Berliner Seminarveranstaltungen die Raumproduktion in der "Berliner Republik". Dozenten verschiedener Bereiche der Kulturwissenschaften werden eingeladen, zum Metadiskurs von Theorie und Praxis, Erkennen und Handeln zu reflektieren. Architektur und Raumproduktion werden nicht primär über Mauern, Säulen und Grundrisse definiert, die Akademie c/o untersucht vielmehr das "Ordnen von sozialen Beziehungen durch Gebautes", also Fragen des Gebrauchs, des Nicht-, Warum- und Für-Wen-Bauens.

Bislang fanden die Seminare regelmäßig in der Temporären Kunsthalle Berlin statt. Ab Oktober 2010 wird diese Veranstaltungsreihe im Neuen Berliner Kunstverein n.b.k. fortgeführt. Für das Seminar über Bruno Taut mit Winfried Brenne gastiert die Akademie c/o für einen Abend im Projektraum Anna-Catharina Gebbers | Bibliothekswohnung (www.bibliothekswohnung.com)

Weitere Informationen zur Akademie c/o finden sich unter www.akademie-co.org.

Die Einladung der Akademie c/o in die Bibliothekswohnung erfolgte im Rahmen des Projektes Man könnte es die Elastizität des Raumes nennen. von Anna-Catharina Gebbers und Julian Scholl. Der Titel zitiert einen Satz aus der Architekturlehre von Bruno Taut. Am 26. August fand in der Forgotten Bar bereits einen gleichnamige Ausstellung statt, die am 20. September nun noch einmal in der Bibliothekswohnung zu sehen sein wird. Thematisiert werden verschiedene Formen der Raumproduktion und der "Elastizität des Raumes" in Fotos, Videoarbeiten/Moving Image Works und architektonischen Entwürfen von Arno Brandlhuber, Klaus Braumann, Nine Budde, Beate Gütschow, Stefan Hoenerloh, Patrick Huber, Lisa Junghanß, Ute Lindner, Josephine Meckseper, Isa Melsheimer, Bernhard Prinz, Jan Svenungsson, Mirjam Thomann und August Zimmermann.

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Winfried Brenne - Gebaute Utopie
Öffentliches Seminar der Akademie c/o
Anna-Catharina Gebbers / Bibliothekswohnung, Ziegelstr. 2, 6. Stock, 10117 Berlin
Montag, 20. September 2010, 19.00–21:00 Uhr