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Pressetext:

Vernissage: am Freitag, den 07. September, 18 bis 21 Uhr

"Wir werden Helden" ist die erste von einem Gastkurator – dem Softwareentwickler und Kunstsammler Ivo Wessel – kuratierte Ausstellung bei Krammig & Pepper Contemporary. Ausgehend von dem filmischen und fotografischen Werk der in Berlin lebenden Künstlerin Brigitte Maria Mayer, das den Kern der Präsentation bildet, konzipierte Ivo Wessel eine Ausstellung zur Heldenthematik, zu der er als Gäste drei junge Videokünstler eingeladen hat, deren gezeigte Filme eine Art Kommentar zum Mayerschen Werk darstellen.

Ein Held ist man nicht nur fünfzehn Minuten lang. Als Held deklariert man sich nicht selbst. Zum Helden, anders als zum Star oder gar Superstar, wird man geboren, nicht gecastet. Helden werden knapp. Eine Berliner Zeitung vergibt gerade einen „Preis für HeldInnen des Alltags“ – gemäß dem Motto „Auch Helden brauchen Hilfe. Wählen Sie Ihre Helden des Alltags“. In Buchtiteln kommen Helden hauptsächlich in der Kinder- und Jugendabteilung vor. In Wirklichkeit wird man Held aber oft erst im Tode. Tom Hanks als Captain John Miller in „Der Soldat James Ryan“ hält seinen Zivilberuf geheim wie eine ebensolche Waffe, und rettet mit der überraschenden Preisgabe schließlich einem deutschen Soldaten das Leben. Der Film zeigt, dass im Krieg Soldaten, wenn sie getroffen wurden, nur noch Deckung für ihre Kameraden sind. Im Kriegsfilm „Wir waren Helden“ sind sie froh, für ihr Land sterben zu können. Angefangen haben immer die anderen. „Leben gegen Leben“, heißt es im Video von Brigitte Maria Mayer.

Heldentenöre sterben entgegen der allgemeinen Vermutung in Opern selten. „Einem Tenor glaubt niemand eine Revolution“, so Mozart an seine Frau Constanze. Alexander Kluge erzählt in seiner „Chronik der Gefühle“ von der Habilitationsschrift Huang Tse-Wes, die 86.000 Opern durchleuchtet hat. „Ein Baß tötet grundsätzlich seine Gegner.“ Baritone verursachen den Tod nur eher nebenbei. Am Ende von 64.000 Opern ist der Sopran tot, aber es gibt nur „1.143 Tenor-Totalverluste“. Die Stimmhöhe als Barometer von Mordlust.

Die Gruppe „Wir sind Helden“ singt in ihrem Lied „Heldenzeit“ „Hat irgendwer gesagt es wäre Zeit für Helden?“ und „Wir kommen um die anderen Helden abzumelden“. Ein besonderer Held ist der amerikanische Synchronschwimmer Bill May – er wäre ein Superstar in dieser Disziplin, wenn es sie denn für Männer überhaupt geben würde. So kann er nur die Olympiagewinner trainieren – und im Training überflügeln. Im Fernsehen siegen dann immer die anderen. Die Künstlerin Sarah Baker, früher ebenfalls Synchronschwimmerin, dokumentiert diesen raren Fall von Gender Trouble und Geschlechterkampf in ihrem Video „The Portrait of Bill May, Part I“.

Gegen wen die Heldin im Video „Glow“ von Stefan Panhans kämpft, bleibt unentdeckt. Der Titel könnte anspielen auf die „G.L.O.W.“, die „Gorgeous Ladies of Wrestling“, eine Vereinigung professioneller weiblicher Wrestler, mitbegründet von Jackie Stallone, der Mutter des Schauspielers Sylvester Stallone. Allerdings gibt es auch ein gleichnamiges Parfum von Jennifer Lopez. Auf kleinen Monitoren sind weitere Arbeiten von Stefan Panhans aus einer Serie zu sehen, in denen junge Menschen, die gerne Models werden wollen, aufgefordert werden, Kostproben ihres mimischen Könnens abzugeben. Das jeweilige Ergebnis bleibt indifferent und ist stets nur zu vermuten.

Musste Herakles zwölf durchaus irdische Heldentaten vollbringen, um unsterblich zu werden, gelingt Jenny Haack in ihrer Videoperformance „Das Auge am Körper No. 1“ die Aufhebung der Schwerkraft durch einen geschickten Perspektivenwechsel. Mit einem Ortswechsel wollte David Bowie sich von seinen Drogen befreien. In Berlin schrieb er den Song „Hereos“ – „We can be Heroes, just for one day“, „Werden wir Helden / Für einen Tag“. Viel nachhaltiger hat das Michael Collins auch nicht geschafft. Oder kennen Sie den Piloten der Kommandokapsel der Apollo 11, der in der Umlaufbahn blieb, während die weltbekannten Helden Neil Amstrong und Edwin Aldrin den Mond betraten?

(Ivo Wessel)

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WIR WERDEN HELDEN
Brigitte Maria Mayer
und Gäste:
Sarah Baker, Jenny Haack, Stefan Panhans.
kuratiert von Ivo Wessel