press release only in german

Wolfgang Liesen durch die Brille von Avantgarde-Filmern gesehen

Die seltene Gelegenheit, dass ein bildender Künstler über die filmischen Reportagen für Kino und Fernsehen hinaus von Avantgarde-Filmmachern beachtet und in ihr Konzept eingebaut wird, wollte der Kunstverein Gelsenkirchen im Zusammenhang mit der Wolfgang Liesen-Ausstellung "Umformer" im Museum nutzen. So wurden am 8. April 1990 ab 11 Uhr im Musikraum an der Horster Straße 5 in Gelsenkirchen-Buer Filme bzw. Filmausschnitte von Werner Nekes und Dore O. gezeigt, in denen der Bildhauer Wolfgang Liesen mit seinem Werk Erwähnung findet. Die ausgewählten Filme mit einer Länge von ca. 150 Minuten wurden von Professor Nekes kommentiert.

Die in Mülheim a. d. Ruhr lebenden Filmemacher Dore O. und Werner Nekes, Partner im Leben und in ihrem Engagement für das experimentelle Kino seit den frühen 60er Jahren, Individualisten jedoch in der Realisierung ihrer Ideen, verbindet eine langjährige Freundschaft mit Wolfgang Liesen, den sie 1974 kennenlernten. Meist auf gemeinsamen Studienreisen gedreht sind die Filmdokumente, die heute eine interessante Ergänzung zu der künstlerischen Entwicklung und insbesondere zu einer ganzen Generation von "Umformern" darstellen. Auf einer Schwedenfahrt beispielsweise entstand 1976 der Film "Falun".

Dieses Wechselspiel zwischen den Medien wollte der Kunstverein seinen Freunden (anstelle einer Gesprächsrunde) nicht vorenthalten. Vor allem, weil Nekes (46) und Dore O. (44) inzwischen zu den wichtigen Protagonisten des "anderen Kinos" zählen, die ihre Filme auf internationalen Festivals zeigten undzahlreiche Preise und Auszeichnungen erhielten. Anneliese Knorr, 1990

"In der Tat dürfte es einmalig in der Filmgeschichte sein, dass ein so unbeirrbarer Avantgardist wie Nekes vom Anfang seines Wirkens an bis heute Anerkennung und Auszeichnung erfahren hat. Da gilt dann auch der Einwand nicht, Nekes sei eigentlich folgenlos geblieben; denn seine Werke sind ja in vieler Hinsicht die Summen der Bildideen seiner Zeit. Um das zu demonstrieren, muss man Nekes als einen bildenden Künstler schlechthin und nicht bloß als einen Filmkünstler akzeptieren." Bazon Brock

"Sprachliche Annäherung scheint dem Film von Dore O. zunächst am unangemessendsten zu sein. Sie haben etwas Sprödes, Stacheliges, das sich dem vorschnellen Zugriff, vor allem den sturen Standards der diskursiven Sprache entzieht. Für den bürgerlichen Kunstsektor, wo die Forderung gilt, dass alles Künstlerische vom Kommentar des geschriebenen Wortes begleitet sein muss, sind diese Filme denkbar ungeeignet. Sie sind allerdings auch nicht auf Gebrauchsanweisungen angewiesen, damit man sich über ihre tieferen Hintergründe rechtzeitig und ohne Anstrengung informiert. Die Rezeption von Dore O.'s Filme ist nicht, wie bei "Kunstfilmen" an den Besitz von Bildungsgut gebunden: Sie sind unmittelbar sinnlich erfahrbar, man braucht sich nicht anzustrengen, sekundäre Bedeutungen zu erkennen.

Schon die provozierend sich der direkten Mitteilung verschließenden Titel der Filme kontrastieren extrem mit Titeln des Kommerzfilms. Sie appellieren an die Assoziationskraft des Zuschauers, wo es den kommerziellen Filmtiteln ausschließlich darauf ankommt, voyeuristische und sadistische Gelüste wachzurufen, deren Befriedigung den Inhalten dann doch versagt ist. Dore O.'s Werk verweigert sich so von Anfang an seinem Warencharakter, der darin bestände, "ansprechend" gemacht zu sein. Martin Langbein

Pressetext

only in german

Wolfgang Liesen in Filmen von Dore O. und Werner Nekes
Filmveranstaltung aus Anlass der Ausstellung "Umformer" von Wolfgang Liesen
8. April 1990 Musikraum Städtisches Museum Gelsenkirchen

Eine Präsentation des Kunstverein Gelsenkirchen
in Zusammenarbeit mit dem Kommunales Kino Gelsenkirchen