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Wolfgang Müllerrr: EXTRA UND GLEICHZEITIG zeigt einen Querschnitt von Arbeiten aus den letzten dreißig Jahren. Seit Mitte der 1980er Jahre wirkt der Künstler, Musiker, Autor und Performer in allen künstlerischen Genres. Seine Kunstwerke oszillieren zwischen Performance und visueller Kunst, Soundart und Hörspiel. Wolfgang Müller reflek-tiert seine Themen mit und innerhalb künstlerischer Medien wie Zeichnung, Malerei, Skulptur, Text, Fotografie, Film und Musik. 1980 gründete er die Künstlerband Die Tödliche Doris und 1982 veröffentlichte er das Buch Geniale Dilletanten.

Unterschiedlichste Themen gehen in seinem Werk überraschende Verbindungen ein. Post-Punk ebenso wie Island und Kanien’keha, die von der weißen Mehrheit lange unterdrückte und von den Mohawk reaktivierte Sprache, spielen eine Rolle. Aber auch ein Weiterdenken in den Räumen, die andere Künstler wie Kurt Schwitters, Dieter Roth oder Valeska Gert geöffnet haben, kennzeichnet sein Schaffen. Von besonderem Interesse ist Wolfgang Mül-lers performative Verschiebung von kulturellen Inhalten in neue Medien und Umfelder: neben vielen anderen die Übertragung der ersten LP von Die Tödliche Doris in gebärden-sprachliche Gestaltung. Sein jüngster Werkkomplex Séance Vocibus Avium umfasst Zeich-nungen, Texte und Objekte. Elf Musiker wurden hier von ihm eingeladen, ausgestorbenen Vogelarten ihre Stimme zu geben.

Selten gezeigte Arbeiten sind in dieser Ausstellung ebenfalls zu finden, so parus caerulues – eine auf einem Wahlkampfstand der FDP von 1995 basierende Installation mit Blaumei-sen-Aufdrucken –, die rekonstruierte Serie der Ost-West-Gemälde von 1989 und Frisland Felarufeie = Frisland den Frisen!, eine 2007 entstandene Installation zu einer Phantomin-sel, deren Existenz dreihundert Jahre lang von Wissenschaftlern kaum angezweifelt wurde.

ERÖFFNUNG Do., 24. März 2011, 19 Uhr Begrüßung: Dr. Petra Reichensperger, künstlerische Leiterin, Kunsthaus Dresden Vortrag: Dr. An Paenhuysen, Kunsthistorikerin und Kuratorin, Berlin anschließend: Eröffnung mit Namosh, Performer, Sänger und DJ, Berlin

VORTRAG MIT GESANGSEINLAGEN Sa., 30. April, 19 Uhr Neues von der Elfenfront (Vortrag und Diskussion, simultan übersetzt in Gebärdensprache) Wolfgang Müller, begleitet von DJ Melli alias Hrafnkell Brynjarsson

„Das Paradies ist immer dort, wo du es nicht erwartest!“ Wolfgang Müller berichtet über Trollsteine, Björks Babysitter, die Kulturgeschichte der isländischen Dragkings und -queens, Elfen und darüber, wann die isländischen Stare begannen, die „Ursonate“ von Kurt Schwitters zu imitieren, dazu zeigt er Bilder und singt ab und zu ein Lied. Begleitet wird er von Hrafnkell Brynjarson, seinem isländischen Assistenten, der als Sammler seltener islän-discher Vinylplatten einige davon vorstellen wird.

FILM- UND VIDEOABEND Do., 5. Mai, 19 Uhr Die Tödliche Doris. What you’ve seen must been forgotten Vergessen Sie, was Sie gesehen haben Alena J. Williams, Kunsthistorikerin und Kuratorin, New York/Berlin im Gespräch mit Wolfgang Müller (Vortrag und Gespräch in englischer und deutscher Sprache)

Die Filme und Videos der Post-Punk-Band Die Tödliche Doris sind ebenso charakteristisch wie die Musik, die sie produzierte. Williams Vortrag zeigt, wie Abwesenheit auf auditiver und optischer Ebene in den Arbeiten der Gruppe präsent ist. Die Filme bestehen aus archi-varischen Schnipseln von performativen Events, die Ton und Bild zusammenbringen und dabei das Narrative vom Formalen trennen. Der unvollständige Charakter steht im Gegen-satz zum filmischen Imperativ, Dinge sichtbar zu machen.

LESUNG UND GESPRÄCH Do., 19. Mai, 19 Uhr Obervogelgesang Marcel Beyer, Autor, Dresden, im Gespräch mit Wolfgang Müller

Wolfgang Müller und Marcel Beyer gehören zu den Teilnehmern einer seit bald zwei Jah-ren im – hiermit nun nicht mehr – Geheimen vorbereiteten Expedition: Geplant ist, den Titel eines Lautgedichts von Kurt Schwitters zu erkunden, der sich irritierenderweise auf der sächsischen Landkarte verzeichnet findet. OBERVOGELGESANG, so die hohen Er-wartungen, ist ein Ort, an dem Tier- und Kunstwelt eine Einheit bilden, an dem Laut und Raum zueinander finden, Sprache und Topografie. Ob die Expeditionsteilnehmer jemals aufbrechen werden, ist allerdings ungewiss. Hat doch die klassische Moderne gezeigt, dass Kunst nicht im Erfüllen, sondern im Schüren von Erwartungen besteht. Was auch immer an diesem Abend geschehen wird – soviel steht fest: OBERVOGELGE-SANG findet statt.