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Das Museum für Ostasiatische Kunst in Berlin präsentiert gemeinsam mit der American Academy in Berlin und der Deutschen Gesellschaft für Ostasiatische Kunst e.V. Xu Bing, einen der meistbeachteten chinesischen Künstler seiner Generation (geb. 1955 in Chongqing). Es ist die erste Einzelausstellung Xu Bings in einem Mu-seum in Deutschland. Die Ausstellung war ein lang gehegter Wunsch des Museums und wurde durch den Aufenthalt des Künstlers als Coca-Cola Fellow an der American Academy in Berlin ermöglicht.

Xu Bing, der mit klassischer chinesischer Kalligraphie aufwuchs, erlebte die Aus-wirkungen der 1957 angeordneten Schriftreform, die eine Vereinfachung vieler Schriftzeichen verfügte, und die Diffamierung traditioneller Gelehrsamkeit wie von Bildung überhaupt während der sogenannten Kulturrevolution. Seine Umsie-delung nach Amerika 1990 führte schließlich zu Erfahrungen mit einem gänzlich anderen Kommunikationssystem, den lateinischen Buchstaben. In seinen Arbei-ten setzt sich Xu Bing im weitesten Sinn mit dem Phänomen Sprache auseinander. Verstehen und Missverständnis nicht nur sprachlicher sondern auch kultureller Art sind Thema von Xu Bing, das er innovativ und manchmal parodierend verar-beitet. Die Ausstellung enthält Werke, die in den späten achtziger Jahren noch in China entstanden, bis hin zu neuen Arbeiten, die der heute überwiegend in New York lebende Künstler derzeit hier in Berlin für die Ausstellung schafft.

Für das Museum für Ostasiatische Kunst ist die Auseinandersetzung mit großen zeitgenössischen Strömungen und Künstlerpersönlichkeiten in den letzten Jahren zu einem wichtigen Anliegen geworden. Erstmals in der Nachkriegsgeschichte des Museums für Ostasiatische Kunst Berlin wird eine so bedeutende Ausstellung von seinem Förderverein, der Deutschen Gesellschaft für Ostasiatische Kunst e.V., und in Kooperation mit der American Academy in Berlin veranstaltet. Ermöglicht wurde die Ausstellung durch die äußerst großzügige Förderung des Hauptstadtkulturfonds. Unterstützung wurde den Veranstaltern auch durch die Linde AG, den Tagesspiegel und die Alexander Ochs Galleries Berlin-Beijing zuteil. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog (96 Seiten, deutsch/englisch)

Liste der ausgestellten Komplexe:

Book from the Sky (1987-1991), eine Arbeit, die Peter Ludwig früh für das Mu-seum in Köln erwarb, ist von fundamentaler Bedeutung. Die Installation, die aus im Holzschnittverfahren gedruckten Büchern und Schriftrollen besteht, enthält einen Text aus rund 4.000 vom Künstler erfundenen und geschnitzten chinesischen Zeichen, die auf den ersten Blick aussehen, als wären sie lesbar. In Wirklichkeit sind es jedoch erfundene Zeichen, die jeder mit eigenem Inhalt füllen kann.

Square Word Calligraphy (1994 -1996) komponiert die leicht veränderten la-teinischen Buchstaben eines Wortes auf der Fläche eines Quadrates, so dass das Wort auf den ersten Blick einem chinesischen Schriftzeichen ähnelt. Die ein Klas-senzimmer nachstellende Installation An Introduction to New English Cal-ligraphy gibt dem Besucher Gelegenheit, diese vom Künstler erfundene Schrift zu schreiben. In einer Computerinstallation besteht die Möglichkeit, beliebigen Text in lateinischen Buchstaben einzugeben, der dann in Square Word Cal-ligraphy umgewandelt wird. Die vom Künstler dafür entwickelte Software macht eine mühelose Übertragung einer Sprach-Kulturform in die andere möglich. Diese Installation wird als Einführung in die Ausstellung dienen und von einem großen Panel ergänzt, auf welchem der Künstler mehr als tausend deutscher Familiennamen in seiner selbst erfundenen Schrift zitiert. Vor dem Eingang des Museums wird eine in dieser Schrift geschriebene Fahne mit dem Motto "Kunst für das Volk" ("Art for the People"), frei nach Mao Zedongs Postulat, ein Zeichen setzen.

A Case Study of Transference (1993-1994) zeigt das Video einer Performance in Peking, in der ein mit englischen Phantasiewörtern gestempelter Eber in ei-nem Meer von Büchern sich eine mit Hilfe von Stempeln in der chinesischen Phantasieschrift des Künstlers beschriftete Sau sucht und zum Ende mit ihr kopu-liert, eine Performance, die einen guten Einblick in Xu Bings hintergründigen Humor und seine kritische Weltsicht gibt.

Where Does the Dust Itself Collect? (2004) ist eine der neuesten Arbeiten Xu Bings, entstanden aus dem tiefen Eindruck, den das Attentat auf das World Trade Center in ihm hinterließ. Der von Xu Bing dort gesammelte Staub wird über ein Zitat des chinesischen Zen-Philosophen Huineng gestäubt. Die Installation ist ü-beraus vielschichtig und lässt Raum für philosophische Interpretationen. Sie wurde im im National Museum and Gallery in Cardiff im Rahmen der Ausstellung für den ersten Artes Mundi-Preis erstmals gezeigt. Am 28. März wurde Xu Bing die-ser neue internationale Kunstpreis, der einer der höchstdotierten der Welt ist, verliehen.

Eine Reihe von Landscripts, Papierarbeiten und Skizzenbücher, zeigen Land-schaften in Tusche, in denen der Künstler die Bestandteile der Landschaft durch chinesische Schriftzeichen wiedergibt (z.B. wird das Volumen des Hü-gels definiert durch die vielfache Wiederholung des Schriftzeichens für Hü-gel).

Bird Language (2003) Vogelkäfige, deren Gitter aus häufig an den Künstler gestellten Fragen und den Antworten darauf geformt sind, werden als Prolog auf die zentrale Ausstellung hinweisen. Die interaktiven Vögel in den Käfigen reagieren auf die Zuwendung der Besucher mit Vogelstimmen, eine unge-wohnte Erfahrung der Begegnung mit "Natur" in Museumsräumen.

Background Story (2004), ein Werk, das Xu Bing für die Ausstellung des Museums für Ostasiatische Kunst schuf, bezieht sich auf die Historie des Mu-seums und seiner Objekte. 90 Prozent der Sammlung wurden 1945 von der Roten Armee in die Sowjetunion abtransportiert, wo sie noch heute lagern. Hinter Milchglasscheiben baute Xu Bing mit profanen Materialien Landschaf-ten nach, die sich auf chinesische und japanische Malereien aus der ver-schollenen Sammlung beziehen. Er erschafft die Bilder neu und schöpft doch nur eine Illusion, ein virtuelles Abbild derselben. Doch selbst dieses wird gleich wieder zerstört angesichts der provisorischen Kulisse, die sich beim Blick hinter die Vitrinen bietet. Pressetext

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Xu Bing in Berlin - Sprach-räume
Gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds
Veranstaltet in Zusammenarbeit mit der American Academy in Berlin und der Deutschen Gesellschaft für Ostasiatische Kunst e.V.