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15. Januar – 10. April 2022
Eröffnung: Freitag, 14. Januar, 12–22 Uhr

Yalda Afsah. Every word was once an animal

Yalda Afsah setzt sich in ihren filmischen Arbeiten mit der Beziehung zwischen Mensch und Tier auseinander. Der Kunstverein München präsentiert mit Every word was once an animal ihre erste institutionelle Einzelausstellung, die Arbeiten aus über fünf Jahren umfasst. Darin stehen Fragen von Macht, Fürsorge und Kontrolle in Bezug auf verschiedene Formen von Domestizierung im Zentrum. Anhand von drei Beispielen – dem Stierkampf, der Pferdedressur und der Taubenflugkunst – nimmt sie die oftmals verschwommenen Grenzen zwischen Pflege, Zuwendung und Identifikation mit Tieren auf der einen, und Disziplin, Unterwerfung und menschlicher Dominanz auf der anderen Seite in den Blick.

In der Dressur von Tieren treten anthropozentrische Herrschaftsverhältnisse deutlich hervor. Afsah zeichnet in ihren Arbeiten diesen Machtanspruch der Menschen nach: Wer hat Kontrolle über wen, wer lenkt, wer folgt? Den Arbeiten gelingt es, den selten eindeutigen Charakter dieser Kräfte sichtbar zu machen, die im Zentrum dieser Verhältnisse wirken. Unser Blick wird durch die Kameraführung auf die Momente gelenkt, in denen die Körper von Mensch und Tier von einer unheimlichen Nähe geprägt sind: Die Kamera ruht auf ästhetischen, jedoch widernatürlichen Bewegungen eines Pferdes; sie fokussiert die geballte Aggression eines Stiers oder folgt den suchenden Blicken von Männern, die im Himmel nach Tauben Ausschau halten, die mühsam antrainierte Stürze vorführen.

Afsahs Ausstellung ist auch ein Verweis auf die bröckelnde Grenze zwischen „Natur“ oder „Kultur“. Sie findet während der anhaltenden Corona-Pandemie statt, deren Entstehung ein noch immer nicht gelöstes Rätsel bleibt, aber dessen Hauptverdächtige eine Fledermaus ist. Solch zoonotische Influenza resultieren in immer größerer Dichte aus einem gestörten Gleichgewicht zwischen Mensch und Tier, und werden in der Regel durch intensive Zucht, Schlachtung und Handel mit Tieren verursacht. Die Krise zwingt uns dazu, den Begriff des Politischen zu weiten und neu zu denken. Natur ist nicht bloß passiver Gegenstand politischer Einflussnahme, sondern eine widerspenstige Akteurin des Sozialen. In den Arbeiten von Afsah sind Betrachterinnen mit dem intimen Portrait der gegenseitigen Abhängigkeiten menschlicher und nichtmenschlicher Protagonistinnen konfrontiert. Afsah suggeriert dabei nie, dass ein „Zurück“ in eine vermeintlich reine Natur möglich sei, sondern provoziert dazu, andere Konzepte des Miteinanders und Gegeneinanders zu verhandeln.

Anlässlich der Ausstellung wird die erste umfassende Publikation zur Arbeit von Yalda Afsah bei DISTANZ erscheinen. Neben umfassendem Bildmaterial wird die Publikation Textbeiträge von Fahim Amir, Maurin Dietrich, Cathrin Mayer, Gina Merz und Filipa Ramos umfassen.

Every word was once an animal wurde vom Kunstverein München initiiert und wird in Kooperation mit der HALLE FÜR KUNST Steiermark realisiert, wo die Ausstellung von Juni bis September 2022 zu sehen sein wird.