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Galerie Wilma Tolksdorf präsentiert neue Arbeiten von Yvonne Roeb, die im letzten Jahr während eines Arbeitsstipendiums des Stiftung Kunstfonds in New York entstanden sind. Auf gewohnt surreale Weise verarbeitet die Bildhauerin kollektive Bilder aus Alltag, Kulturgeschichte, Mystik, Religion und Traum. Sie setzt sich mit den letzten Fragen und ersten Dingen auseinander und zitiert dabei häufig die Kunstgeschichte. Stets trifft man bei Yvonne Roeb auf Verfolgte, Verwandelte, morphologische Wesen, auf Körper die sich vereinigen möchten, aber in einem inneren Kampf feststecken oder sogar subtile Aggression ausüben.

Der Acephalous (Die Kopflosen) besteht aus zwei Papageienvögeln, die an ihrem wichtigsten Organ zusammengewachsen sind wie Siamesische Zwillinge. Beiden fehlt der Kopf, der als Mittelpunkt des Wissens, als Steuerung des Handelns und als Sitz des Geistes angesehen wird. Dies macht die beiden Tiere größtenteils bewegungsunfähig. Der Papagei funktioniert durch seine Nachahmung der menschlichen Sprache als eine Art Echo. Da der Papagei nie versteht, was er sagt, ist er ein Symbol für die Eitelkeit des Menschen. Für FEMALE suchte die Künstlerin in den Vorlagen der Griechischen Antike nach dem idealisierten Menschenbild und schuf mit der Verschmelzung zweier Gesichter eine Verpaarung von Mann und Frau. In Helix sind eine Schlange und ein Haarzopf in einer anmutigen tanzähnlichen Bewegung zu einem symbolischen Kreis zusammengefügt. Das Bild beschreibt aber auch den natürlichen Hergang des Fressens und gefressen werden. Die Assemblage Next I noticed it was spring zeigt eine menschliche Hand deren Fingerspitzen in Form von Tentakeln eines Meerestieres in den Raum ragen. Die Extremitäten sehen in ihrer Dynamik aus wie Beine von Cancan Tänzerinnen, die weiblich und leichtfüßig zur Schau gestellt werden. Die Skulptur 13 erinnert an ein klassisches Stillleben. Als Jagdbeute deuten die auf einem rohen, hautfarbenen Leder liegenden und zu einem Haufen aufgetürmten Vögel unterschiedlicher Größe und Art die üppigen Tafelfreuden an und stehen für Wohlstand und Luxus. Andererseits könnte man glauben, die Vögel würden rein schlafend daliegen. Sie haben durch ihre Zartheit und Verletzlichkeit etwas Seelenhaftes behalten. In Retable setzt sich Yvonne Roeb mit der Wechselwirkung zwischen Kunst und Liturgie auseinander und stellt Fragen nach der Bildfunktion und dem Bildgebrauch. Der nach dem 11. Jahrhundert üblich gewordene Altaraufsatz stellt einer der wohl bedeutendsten Bildorte christlicher Kunst dar und seine rückwärtigen Tafeln zeigen meist sehr schmuckvoll und anschaulich sinngebende Bildformulierungen der okzidentalen Geschichte. Yvonne Roeb hat ihr Retable gänzlich ohne explizites Bild gelassen. Nur die Benutzbarkeit und Form geben hier Rückschluss auf die Historie. Der Konsens des Wesentlichen muss erarbeitet werden. Die “Tafel” hat die Anmutung, als sei sie vor etlichen Jahren begonnen, aber nicht vollendet worden; oder als sei das Bild, welches sich darauf befand über die Jahrhunderte verschwunden. Die leeren Flächen des Altars werden einerseits zu Projektionsflächen für die Vorstellungskraft des Betrachters und verstärken andererseits, indem sie das Wesentliche verbergen, ihren Anspruch auf Eigenständigkeit.

Yvonne Roeb ist 1976 in Frankfurt am Main geboren, lebt und arbeitet heute in Berlin. Sie studierte an der Kunstakademie Münster bei Timm Ulrichs und war Meisterschülerin bei Katharina Fritsch.

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Yvonne Roeb
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