press release only in german

ZILLA LEUTENEGGER - Mezzanin

16. Januar - 6. März, 2021
Preview: 15. Januar, 18:00 Uhr

Es war einmal ein Lattenzaun, mit Zwischenraum, hindurchzuschaun. (...) (Christian Morgenstern)

Die Galerie Peter Kilchmann freut sich mit Mezzanin die erste Einzelausstellung von Zilla Leutenegger (*1968 in Zürich; lebt und arbeitet in Zürich und Soazza) an unserer neuen Zürcher Filiale an der Rämistrasse 33 zu präsentieren. Die Ausstellung wird den neuen Standort einweihen und sich dort über alle fünf Ausstellungsräume erstrecken. Zilla bespielt die neue Raumsituation mit einer sorgfältig kuratierten Auswahl an Werken, welche an dem speziellen Grundriss und dem häuslichen Altbaucharakter des neuen Ortes inspiriert wurden. Gezeigt werden Werke in unterschiedlichen Medien, welche die ganze Bandbreite aus Zillas künstlerischem Repertoire widerspiegeln und weiterentwickeln. Neben zwei medienübergreifenden Installationen mit Video-Projektion werden neu konzipierte Werkzyklen aus klein- und grossformatigen Monotypien auf Zeitungs- und Büttenpapier, skulpturale Spiegelarbeiten sowie Bronze-Skulpturen zu sehen sein.

Mezzanin bezeichnet schlicht ein kleines Zwischengeschoss. Bei Zilla erhält der Begriff sogleich eine metaphorische Konnotation. Ganz im Sinne des Gedichts Der Lattenzaun von Christian Morgenstern, webt die Künstlerin eine poetische Verbindung zwischen der Architektur des Ausstellungsortes und ihrem ganz persönlichen Universum von „(Zwischen-)Räumen“, die sie leert und füllt und neu belebt. Zillas „Räume“ sind nicht selten imaginär, regen den Betrachter zum träumen an und gewähren ihm einen Rückzugsort vom Alltagstrubel.

In der Ausstellung erzählt jeder der fünf Räume seine eigene Geschichte. Das Erdgeschoss bildet ein nächtliches Interieur: Eine grossformatige Monotypie mit dem Titel Tintarella di Luna zeigt eine Katze, die in ihrem Körbchen vom grossen, leuchtenden Mond beschienen wird. In einer weiteren Monotypie (Lampenkopf, beide 184 x 136 cm) werden die ruhigen, dunklen Flächen von dem Licht eines hellen, kubischen Lampenschirms durchbrochen, der von einer sitzenden Person in surrealistisch anmutender Pose auf dem Kopf getragen wird. Scharfe Umrisslinien werden von schwarzen Schatten weich gezeichnet oder ganz von ihnen verschluckt. Im Schaufenster zur Strasse hin schleicht eine Katze umher, die sich bei näherem Hinsehen als in Bronze gegossene Skulptur entpuppt (LEZI, 45 x 11 x 37 cm, s. Einladungskarte). Ihre flache, kantige Gestalt erinnert an einen Schattenriss, der in die dritte Dimension gewachsen ist. Das Relief einer Kerze mit projizierter, flackernder Flamme, erfüllt den Raum mit ihrem warmen Licht.

Aus dem unteren Stockwerk ertönen die leisen Klänge eines Klaviers und locken den Besucher, die Räume weiter zu erkunden. Während man die Stufen herabsteigt, fällt der Blick auf einen winzigen Flügel in der Mitte des Raumes, nicht grösser als eine Teetasse. Auf seinem übergrossen Schatten an der Wand, spielt eine ebenso übergrosse Hand in einem zweiminütigen Loop das Intro des berühmten Klavierkonzerts Nr. 3 von Sergei Rachmaninoff. Das Piano ist eine Konstante, die in Zillas Werk vielfach in Erscheinung tritt. Für die Tonaufnahme der Installation, welche als Titel das Wortspiel Stoneway trägt, hat die Künstlerin eigenhändig gespielt.

Die Entdeckungsreise geht weiter in den mittleren Raum der oberen Etage, der ein intimes Kabinett aus kleinen Monotypien mit bunten Innenraumansichten bildet. Titel wie Papas Werkstatt, Alpküche und Morning Sun in the Bath (alle 83.5 x 50.5 cm) rufen ein Gefühl von Heimat und Kindheitserinnerungen hervor. Der Raum zur Linken ist einer neuen Serie an Monotypien gewidmet, für die Zilla Zeitungsausschnitte aus den vergangenen Monaten als Bildträger wählte. Die Werke sind als Diptycha oder einzeln gruppiert und zeigen schlichte Raumansichten, die an das Konzept früherer Werke, wie Blinky Palermo aus der Serie Lights out von 2017 anknüpfen. Zilla schafft hier ein zartes Wechselspiel zwischen Farbe, Oberfläche, Licht und Schatten. Die Farbigkeit wechselt von taghellen Pastelltönen zu monochromem Nachtblau. Im Vordergrund erscheint die Gestalt einer jungen Frau. Ruhig und gelassen posiert sie in ihrem schwingenden Rock oder schreitet mit gesenktem Kopf durch das jeweilige Interieur.

Vor dem Hintergrund des aktuellen Zeitgeschehen bekommt die vertraute Gestalt, die oft als Alter Ego der Künstlerin gelesen wird, eine neue Bedeutungsebene. Die Zeitungsausschnitte wurden sorgfältig ausgewählt und halten Schlüsselmomente in Politik und Wirtschaft seit Beginn der ersten Corona-Welle im Frühjahr fest. Das Werk 23. Mai 2020 (der Börsengang) (46.5 x 63 cm) zeigt auf der linken Seite die krisenbedingte Fluktuation in den Börsendaten, während auf der rechten Seite die Hochhäuser von Londons Finanzviertel Canary Wharf ein Muster auf dem Rock der Protagonistin bilden. Die Werke wirken wie Tagebuchseiten und spiegeln eine Phase wieder, in der die Welt in einen Zustand des ungewissen Wartens, aber auch der Ruhe und Entschleunigung geraten ist.

Zurück durch den mittleren Raum geht es in die sogenannte „Lounge“, welche das letzte Zimmer der Ausstellung bildet. Mehrere skulpturale Regalablagen aus poliertem Chromstahl sind in unterschiedlichen Höhen an der Wand arrangiert und formen eine Bar. Auf den einzelnen Wandregalen befinden sich gemalte Objekte, wie Tumblergläser und Spirituosenfläschlein. Die Architektur des Raumes wird durch den Rundbogen des Eingangsportals im Erdgeschoss geprägt, welcher als halbrundes Fenster in den Raum hineinragt. Der Besucher wird gewahr, dass er sich in einem „Zwischenraum“, dem Mezzanin, befindet, welcher hier zu einem Ort des Austauschs und der Begegnung wird.

Zilla Leuteneggers Werke werden seit 1996 international ausgestellt. Vom 26. Februar bis 24. Mai 2021 wird das Bündner Kunstmuseum Chur eine umfassende Einzelausstellung der Künstlerin präsentieren. Einzelausstellungen der vergangenen Jahre fanden u.a. in folgenden Institutionen statt: L'Abbatiale, Bellelay (2019); Griffelkunst, Hamburg (2018); Musée Jenisch, Vevey (2016); Pinakothek der Moderne, München (2015); Centro de Arte Caja Burgos CAB, Burgos (2014); Museum Franz Gertsch, Burgdorf (2014). Zu den wichtigsten Gruppenausstellungen zählen u.a. Fly me to the Moon, Kunsthaus Zürich und Museum der Moderne, Salzburg (2019); The World on Paper, Palais Populaire der Deutschen Bank, Berlin (2018); Interval in Space, Osage Art Foundation, Hong Kong (2017; Biennale von Sydney (2014). Zillas Werke finden sich in öffentlichen Sammlungen von Institutionen wie dem Centro Gallego de Arte Contemporáneo, Santiago de Compostela; Centro de Arte Caja de Burgos, Burgos; Museum Kunstpalast, Düsseldorf; der Sammlung Goetz, München; dem Museion Museo d'arte moderna e contemporanea, Bozen; Museum Kunstpalast, Düsseldorf, Schaulager, Basel; Kunsthaus, Zürich; Kunstmuseum Basel, u.v.m.