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Die Installation „recto/verso“ der Künstlerin Andrea Morein bezieht sich auf die Verso-Seiten von Charlotte Salomons Zyklus „Leben oder Theater“. Diesen Zyklus von 1300 kommentierten Gouachen hatte Salomon in einer Zeit sehr persönlicher, emotionaler Krise bei gleichzeitiger äußerer Aggression und Ausgrenzung als Erzählung ihrer Lebensgeschichte geschaffen. Wenig später wurde die damals 26-jährige gebürtige Berlinerin nach Auschwitz deportiert und ermordet. Die in Wien geborene und in Köln lebende Andrea Morein setzt sich mit der bewegenden Vita Salomons in sehr eigener und betont subjektiver Weise auseinander: Ausgangspunkt ihrer künstlerischen Arbeit sind die von Charlotte Salomon verworfenen Recto-Seiten ihres Zyklus’, die sie durch Überklebungen entwertet hatte, doch mit der anderen, der Verso-Seite neu verwendete. Der Akt dieser entwertenden, sehr bewussten und gezielten Überklebungen war es, der Morein über einen langen Zeitraum fasziniert hat. Dieser Entwertungs- Akt inspirierte sie zu einer Re-Interpretation der Frage nach den Ambivalenzen von Kontrolle, Qualifikation und Diskreditierung im menschlichen Miteinander, die sie in eine eigenwillige ästhetische Form übersetzt hat: In einer metallenen Installation, die das Gefängnis Mensch in seinem emotionalen, zeit- und raumbedingten Beziehungsnotstand widerspiegelt sind 15 Collagen auf Papier integriert, die das Thema der Zensur des eigenen Selbst dem Anderen gegenüber und die Zensur des Anderen dem eigenen Selbst gegenüber aufgreifen.

The installation “recto/verso” by the artist Andrea Morein refers to the verso pages of Charlotte Salomon’s cycle “Life? Or Theater?”. Salomon created this cycle of 1300 annotated gouaches as an account of her life at a time of highly personal, emotional crisis and of simultaneous external aggression and marginalization. A short while later, the then 26-year-old native of Berlin was deported to Auschwitz and murdered there.

Andrea Morein, born in Vienna and residing in Cologne, deals with Salomon’s haunting life in her very own and emphatically subjective manner: starting point of her artistic work are the cycle’s recto pages, rejected by Charlotte Salomon, which she had pasted over and thus invalidated, yet had used them anew on the other, the verso side. The destructive act of pasting over, carried out deliberately and systematically, was the source of Morein’s fascination over a long period of time. This invalidating act inspired her to reinterpret issues concerning the ambivalences of control, qualification, and discredit in human relations, which she has translated into an idiosyncratic esthetic form: Fifteen collages are integrated in a metallic installation, which reflects the prison called human beings in their emotional predicament, caused by time and space, regarding relationships. These collages take up the theme of censorship of one’s own self toward the other as well as the censorship of the other toward one’s own self.

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recto/verso
Eine Installation von Andrea Morein
Ort: Museum Judenplatz, Misrachi-Haus, Wien
Außenstelle des Jüdischen Museums