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25.04.2021 – 27.06.2021

Arian de Vette. Oh ooh, it's Internal

Arian de Vette schöpft aus dem Fundus der modernen Bildhauerei und insbesondere aus jener, die ab den 1950er Jahren entstanden ist. Dies spiegelt sich sowohl in der Verwendung mannigfaltiger Werkstoffe und Medien wie Text oder Video wider als auch in dem immer präsenten Bezug zum Raum. Dieser Bezug ist für den installativen Charakter seiner Werke verantwortlich, der auf die physische und psychische Aktivierung des Betrachters zielt. In dieser Hinsicht sei außerdem der ästhetische Eigenwert des Materials erwähnt, der insbesondere in der psychischen Aktivierung eine zentrale Rolle spielt und beim Betrachter zahlreiche Assoziationen und Emotionen hervorruft.

Die Spannbreite der zum Einsatz kommenden Werkstoffe reicht von Keramik und Metall bis hin zu Fiberglas, Stoffen, Vinyl und verschiedenen Gebrauchsgegenständen. Zudem ist für die Werke de Vettes eine ausgeprägte Körperlichkeit kennzeichnend, die sich zwischen Abstraktion und Figuration bewegt und genau die Dualität dieser beiden Grenzbereiche untersucht. Insbesondere den Skulpturen des Künstlers, die sich aus konkreten Volumen entwickeln oder aber aus einer abstrakten, amorphen Formensprache entstehen, ist eine körperliche Präsenz eigen. Sie werden für den Rezipienten zu einem physischen Gegenüber. Sie fordern ihn auf, die eigene Körperlichkeit bewusst wahrzunehmen und die eigene Position im räumlichen sowie weltlichen Gefüge zu reflektieren und neu zu bestimmen.

Für seine Einzelausstellung Oh ooh, it’s Internal im Kunstverein Friedrichshafen hat der Bildhauer einen neuen Werkblock geschaffen, der die Räumlichkeiten des Kunstvereins als Ausgangspunkt nimmt. Die entstandene raumgreifende Installation vereint Skulpturen mit digitalen Collagen:

Dünne, drahtige Skulpturen schlängeln sich filigranen, anthropomorphen Wesen gleich, ausgehend von ihrer stählernen Basis, den Boden entlang und die Wände hoch. If only you could lose your mind to come back to your senses (I) (2021) besitzt wulstige Fortsätze, die Assoziationen an Gliedmaßen evozieren. Bei „Untitled“ (2021) kommen Drähte, die an Adern erinnern, unter artifiziell glänzenden Häuten hervor. Die Drähte durchbohren die Häute bis zur Oberfläche und dehnen sich in ihre Umgebung aus. Die plastischen Oberflächen wirken einerseits glänzend und künstlich, andererseits organisch. Ihre Farben, die an eine verwaschene Herbstpalette erinnern, wecken Assoziationen an die Vergänglichkeit allen Seins. Die Skulpturen mit ihren antennenartigen Fortsätzen und Gliedmaßen erscheinen wie erstarrte Existenzen, deren Signale im umgebenden Raum verhallen. Alles hält sich in einem merkwürdigen Schwebezustand zwischen Stabilität und Instabilität und so kann man als Betrachter nicht anders, als das Szenario auf seine eigene Existenz und das Eingebunden-Sein in ein gesellschaftliches Gefüge zu beziehen, dessen einstige Stabilität gegenwärtig fühlbar instabiler wird.

Die Textarbeiten haben ihren Ursprung in Aquarellen, Notizen, Zeichnungen sowie in eigens verfassten oder gefundenen Texten. Eingescannt, vergrößert und fragmentiert wurden diese skizzenhaften Aufzeichnungen zu digitalen Collagen kombiniert. Diese Arbeiten spielen mit der Wahrnehmung des Betrachters, denn zunächst meint man, vor Aquarellen oder Zeichnungen zu stehen und erst beim genauen Hinsehen wird erkennbar, dass man es mit digitalen, gedruckten Collagen zu tun hat. Irgendwo zwischen klar umrissenen Worten und fragmentiertem Gemurmel verwenden diese Collagen Sprache als reines Material. Inhalt, Bedeutung und Sinn treten oftmals in den Hintergrund, sodass sie vielmehr den Resonanzraum der Skulpturen erweitern. Ähnlich wie bei den Skulpturen scheint die Kommunikation jedoch gestört zu sein und die Worte ins Leere zu verlaufen. Dieses Gefühl vermitteln insbesondere Textfragmente wie „Sssunset set set set sun sun sun set“ oder „Sunnn rise Rise Rise Rise sun sun rise“, die sich wie eine gesprungene Schallplatte – oder der ermüdende Kreislauf des Alltags – immerzu wiederholen.

Der Kunstverein Friedrichshafen freut sich, mit Oh ooh, it’s Internal die erste institutionelle Einzelausstellung des niederländischen Künstlers Arian de Vette präsentieren zu können.

Arian de Vette (geb. 1989 in Rotterdam, Niederlande) hat Bildende Kunst an der Gerrit Rietveld Akademie in Amsterdam studiert und Bildende Kunst Keramik/Glas am Institut für Keramik und Glas Kunst, Höhr-Grenzhausen. Außerdem war er Resident an der Rijksakademie van beeldende kunsten, Amsterdam, und erhält derzeitig ein „Emerging Artist“ Stipendium des Mondriaan Fund.