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Schon bei der Gründung der Weserburg hat die Sammlung Lafrenz das Selbstverständnis und das Erscheinungsbild des Sammlermuseums inmitten der Weser maßgeblich geprägt. Der Hamburger Apotheker Dr. Klaus Lafrenz hatte bereits in den 1980er Jahren eine überzeugende und unverwechselbare Sammlung von Schlüsselpositionen der Minimal Art, Konzeptkunst, Arte Povera und verwandter Kunstströmungen aus den USA und Europa zusammengetragen. Auffallend war eine damals wie heute das Werk ausmachende Befragung der Medien und Materialien und der Grundbedingungen der Wahrnehmung durch die Künstler. In der Tat stellen die meisten der Lafrenz’schen Bilder, Skulpturen und Installationen nichts im mimetischen Sinne dar, sie bilden nichts ab, was außerhalb ihrer Selbst existieren könnte. Sie schaffen stattdessen auf sinnliche Weise unverwechselbare Situationen und Konfrontationen, welche sich sofort auf den Raum und schließlich auch auf den Betrachter übertragen.

Nach dem Tod von Klaus Lafrenz im Jahr 1999 führt dessen Sohn Björn mit erstaunlicher Konsequenz das Werk des Vaters fort, was sich immer wieder besonders im Ankauf junger und jüngster Positionen zeigt, welche ihrerseits den Dialog mit den älteren aufzunehmen in der Lage sind. Auf diese Weise kommt es innerhalb der neugeformten und erweiterten Sammlung immer wieder zu erstaunlichen Kombinationen, zu intelligenten Nachklängen und Entgegnungen. Doch geht es der zweiten und dritten Generation von jüngeren Künstlern nicht um formalistische Fortschreibungen einer wieder erkennbaren Bildsprache, etwa im Sinne eines „Neo-Minimalismus“ oder „-Konzeptualismus“, sondern um eine erneute unter veränderten Voraussetzungen stattfindende kritische Befragung der Wirklichkeit.

Björn Lafrenz’ sammlerische Haltung ist trotz des Generationsunterschiedes derjenigen seines Vaters ähnlich: auch er sammelt Gegenwartskunst von jungen, oft am Anfang ihrer Laufbahn stehenden Künstlern, auch er ist am Puls der Zeit, ohne im geringsten einer Art Zeitgeist auf den Fersen sein zu wollen. Weder Vater noch Sohn Lafrenz folgten je den Strömungen des Kunstmarktes, sie vertrauten stets ihren eigenen Anschauungen und Überzeugungen. Die Sammlung konnte dadurch zu einer eigenständigen, organischen und unverkennbaren Form finden und gilt heute als eine der bedeutendsten Privatsammlungen in ganz Deutschland.

Die Neupräsentation in der gesamten zweiten Etage der Weserburg richtet ihren Fokus verstärkt auf jüngere Positionen. Sie schafft damit Raum für spannungsreiche Dialoge zwischen frühen Arbeiten der 1970er Jahre und denjenigen einer heutigen Künstlergeneration, die die Formensprache der Vätergeneration aufgreift, bisweilen kritisch hinterfragt und so neue Perspektiven auf eine scheinbar längst vertraute Kunst ermöglicht. Zwei Generationen von Sammlern und Künstlern finden hier zu einer unverwechselbaren, so in keiner anderen Kunstsammlung zu findenden Gegenüberstellung. In der Tat: „Doppelte Rotation“ im Sinne einer prinzipiellen generationsübergreifenden Beweglichkeit innerhalb der Sammlung. Zugleich aber auch beim Betrachter im Rahmen seines ästhetischen Raisonnements: in der Fülle seiner Gedanken, Empfindungen und Befragungen beim Besuch der Ausstellung.