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19.02.2021 - 10.04.2021

EINE HEIMSUCHUNG AUS DER ZUKUNFT
NINA HOECHTL, INVASORIX & SEKRETARIAT FÜR GEISTER, ARCHIVPOLITIKEN UND LÜCKEN (SKGAL)

Kuratiert von Ivana Marjanović

Durch die Brillen der spekulativen Zukunft und des Storytellings, die auf Archivrecherchen und historischen Ereignissen in Mexiko und Österreich basieren, lädt uns Nina Hoechtl ein "zurück in die Gegenwart" zu schauen. Als Mitglied des queer/cuir-feministischen Kollektivs INVASORIX in Mexiko-Stadt und Mitinitiatorin des Sekretariats für Geister, Archivpolitiken und Lücken (SKGAL) in Wien, ist ihre Arbeit tief in transnationalen, kollektiven, feministischen und dekolonisierenden Praktiken verwurzelt.

So wie wir die Zukunft der Vergangenheit sind, sind wir auch die Vergangenheit der Zukunft. In komplexen Schichten der Gegenwart verschmilzt das, was war und was sein wird, manchmal mit Vergnügen, manchmal mit Gewalt. Ob bewusst, unwissend oder im Lernen über unseren Anteil, die angesammelte Vergangenheit formt unsere Gegenwart und trägt uns in die Zukunft. Die Zukunft wird uns heimsuchen: zum Guten, zum Schlechten, zu dem, was dazwischen liegt.

Als Nina Hoechtl von ihrem entfernten Innsbrucker Vorfahren Anton „Toni“ Mayer, einem treuen Unterstützer des kolonial-imperialen Unterfangen von Maximilian von Habsburg und dessen Gattin Charlotte von Belgien im Mexiko des 19. Jahrhunderts erfuhr, begann sie die koloniale Vergangenheit ihres Stammbaums zu untersuchen. Es eröffnete sich eine Reihe von Beziehungen und Delirien. Dies war ein Ausgangspunkt für die Entstehung ihres Filmessays Delirio Güero I Weißer Wahn (2021).

Als kritische Analyse des Weißseins im Kontext kolonialer Verhältnisse nimmt die Videoinstallation Weißer Wahn eine zentrale Rolle in der Ausstellung Eine Heimsuchung aus der Zukunft im Kunstraum Innsbruck ein. Darüber hinaus wird Hoechtls Einzelprojekt begleitet von der humorvollen Video-Song-Installation Macho Intelectual I Intellektueller Macho (2015) und der Video-Karaoke-Installation Me duele la cara de ser tan güera I Mein Gesicht so weiß, es schmerzt (2019) von INVASORIX sowie einem Plakatprojekt von SKGAL, mit dem Titel Gelbe Fahnen (1913) & Congreso Feminista (1916), das sich mit feministischen Archiven, Zukunft und Ästhetik beschäftigt und 2018 anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Frauenwahlrechts in Österreich entstand. Ein neues Plakatprojekt ist in Planung, in Zusammenarbeit mit lokalen feministischen Gruppen in Innsbruck. Die gegenwärtigen Lebensbedingungen während der Pandemie bleiben nicht unkommentiert: Hoechtls Zeichnung Covid-XIX Orden global patógeno / Covid-19 Pathogenische globale Ordnung (2020) verweist auf eine Chronik der Pockenkonfluenz aus dem 17. Jahrhundert vom Quechua-Autor Guamán Poma.

Nina Hoechtl ist Künstlerin, Forscherin, Pädagogin und Aktivistin. Geboren in Stockerau, lebt sie derzeit in Mexiko-Stadt. Sie studierte an der Universität für angewandte Kunst Wien und am Piet Zwart Institut in Rotterdam. Sie promovierte an der Goldsmiths University of London und forschte als Postdoktorandin am Institut für Ästhetische Forschung, UNAM (Mexiko). Zurzeit unterrichtet sie im Rahmen des Campus Expandido-Programms, des Universitätsmuseums für zeitgenössische Kunst (MUAC)/UNAM und des MA-Programms für Kulturwissenschaften und visuelle Künste an der Miguel Hernández Universität von Elche (Spanien). Hoechtls Arbeit umfasst das Schreiben und Entwickeln von Videos, Performances, Installationen und Ausstellungen. 2019 nahm sie mit INVASORIX an der MexiCali Biennale teil, die auf beiden Seiten der Grenze zwischen Kalifornien und Mexiko stattfand, und SKGALs Film Spuken im Archiv! (2017) wurde 2018 mit dem Women’s Voices Now Best Documentary Feature Award ausgezeichnet. http://www.ninahoechtl.org