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Ernst Mollenhauer (Tapiau 1892–1963 Düsseldorf) - ein Expressionist aus Ostpreußen

Ernst Mollenhauer wird 1892 in Tapiau/Ostpreußen geboren. Lovis Corinth, ein Freund seines Vaters, unterstützt ihn, an der Kunstakademie in Königsberg von 1913 bis 1922 zu studieren. Bereits 1919 beginnt seine Freundschaft zu Max Pechstein, den er in Nidden auf der Kurischen Nehrung kennenlernt. Dort heiratet er 1920 die Tochter von Hermann Blode, dessen Gasthof er bis 1945 leitet. Die Nazis erklären Mollenhauers expressionistische Kunst für "entartet" und erteilen ihm 1939 Mal- und Ausstellungsverbot. Das gesamte vor 1945 entstandene Werk Mollenhauers fällt bis auf wenige Ausnahmen sowjetischen Truppen zum Opfer.

1946 baut sich Ernst Mollenhauer in Kaarst bei Düsseldorf eine neue Existenz auf. 1950 erhält er ein Atelier in Düsseldorf, später ein zweites in Keitum auf Sylt. Er beginnt mit dem Versuch, die verlorengegangene Welt von Nidden und der Kurischen Nehrung mit Farben aus der Erinnerung heraufzuholen und wieder lebendig zu machen. Dieses gelingt ihm auf der Nordseeinsel Sylt, wo er beeindruckt ist vom Meer, Himmel, Watt und Licht. Der Verlust von 25 Jahren seiner Arbeit als tiefe existenzielle Erfahrung bewirkt in seinem Spätwerk sehr eigenständige und zeitlose Züge, Mollenhauer entwickelt eine kraftvolle, stark farbige, expressive Malerei mit festem Rhythmus. Die Farben haben nur noch wenig mit Objektgebundenheit zu tun, sondern dienen der Sichtbarmachung seiner emotionalen Zustände. Seine expressive Landschaftsmalerei wird zu einem Extrakt aus Beobachtung, Empfindung und formaler Erfindung. Ernst Mollenhauer gehört zu der von Rainer Zimmermann beschriebenen "verschollenen Generation", die zwischen 1890 und 1905 geboren wurde. Eine Generation von Künstlern, die zwischen den, zum Teil 10 Jahre früher geborenen, den Expressionismus begründenden Künstlern wie Pechstein und Schmidt-Rottluff und jenen jungen Künstlern stehen, bei denen nach dem Zweiten Weltkrieg eine Abwendung vom Gegenständlichen hin zur abstrakten, informellen Malerei im Vordergrund steht. Wie kein anderer deutscher Künstler der 50er und 60er Jahre stellt Mollenhauer Erde, Himmel und Natur zeitlos und allgemeingültig dar. Obwohl er häufig als Spätexpressionist bezeichnet wird, führt er tatsächlich mit seinen Arbeiten den Expressionismus bis zur letzten Steigerung, bis an die Grenze einer Kunst, die durch ihr Abgehen von der Wirklichkeit zu eigenen Begriffen und Metaphern führt. Mit der kontinuierlichen Verdichtung der geistigen Bildaussage führt Mollenhauers Werk über die Einflüsse der Akademie und Max Pechsteins hinaus - ein selbstsicheres und ausdrucksstarkes malerisches Werk voller Intensität, welches den expressionistischen Stil in einer persönlichen Variation erweitert.

Arbeiten von Ernst Mollenhauer befinden sich u.a. im Wilhelm-Lehmbruck-Museum in Duisburg, dem Altonaer Museum in Hamburg und im Schleswig-Holsteinischen Landesmuseum im Schloss Gottorf. Nach der letzten Ausstellung in Köln im Jahr 2003 und der Retrospektive in der Gemäldegalerie der Stadt Königsberg im Jahr 2005 zeigt die Galerie Boisserée, die exklusiv den Nachlass des Künstlers vertritt, in einer Verkaufsausstellung 7 Leinwände und 29 Arbeiten auf Papier. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit 72 Seiten, 39 farbig abgebildeten Exponaten und einem Vorwort von Walter Vitt.

ERNST MOLLENHAUER LEBENSWEG UND KÜNSTLERISCHES SCHAFFEN

Ernst Mollenhauer, am 27.08.1892 in Tapiau in Ostpreußen geboren, wuchs seit frühester Kindheit in Königsberg auf. Diese alte Stadt am Pregel, die Küstenlandschaft des nahen Samlandes und die großen, in einer fruchtbaren Ebene gelegenen Höfe seiner Salzburger und Schweizer Vorfahren in der Insterburger Gegend schärften seinen Blick schon von Jugend an für die Natur und das Wesen dieser „östlichen" Welt. Bereits als Kind griff er zum Zeichenstift, bald auch zur Ölfarbe, und bis 1945 hing in der Wohnung seiner Mutter eines der ersten großen Stillleben des etwa Vierzehnjährigen. Immer stärker wurde in ihm der Wunsch, Maler zu werden und die Königsberger Kunstakademie zu besuchen. Der wohlhabende Vater, nicht gerade begeistert über die Pläne seines Sohnes, einen so unsicheren Beruf zu ergreifen, hätte ihm lieber zu einem Universitätsstudium verholten. Als er jedoch seinem Freund Lovis Corinth ein paar Zeichnungen vorlegte, dieser darin die Begabung des jungen Ernst Mollenhauer erkannte und dessen Wunsch, die Akademie zu besuchen, mit dem lapidaren Satz „Na, wenn er will, dann laß ihn doch!" unterstützte, gab der Vater schließlich seine Einwilligung. Allerdings unter der Bedingung, daß sein Sohn nach Erlangung der mittleren Reife auf einem Königsberger Realgymnasium zumindest ein kaufmännisches Lehrjahr bei der angesehenen Reederei Kleyenstüber absolvierte, um erst einmal etwas „Vernünftiges" zu lernen. So geschah es. Dann aber begann Ernst Mollenhauer im Jahr 1913 sein Studium an der Kunstakademie bei Professor Ludwig Dettmann, der ihm das damals übliche Probejahr aufgrund seiner Begabung erließ. Hinzu kamen Studien in der Aktklasse bei Professor Richard Pfeiffer sowie in der Graphiker- und Bildhauerklasse. Pfeiffer beschäftigte seinen jungen Schüler gleichzeitig als Mitarbeiter bei der Herstellung seiner Wandgemälde in Elbing und Tilsit. Die Akademieferien verbrachte Ernst Mollenhauer im Samland im Kreise der Maler Waldemar Rösler, Illies, Dellbrück, Domscheit, Jernberg und anderer, auch besuchte er für kürzere Zeit die Kurische Nehrung.

1914 setzte der Ausbruch des Ersten Weltkrieges dem Studium vorerst ein Ende. Ernst Mollenhauer erlebte ihn als Kompanieführer in Polen, Russland, Italien und Frankreich. Sein umfangreiches, gezeichnetes Kriegstagebuch ging 1945 in Nidden verloren. 1918 konnte er sein Studium an der Königsberger Akademie wieder aufnehmen und war ab 1920 Meisterschüler mit eigenem Atelier bei Professor Artur Degner. „Die Königsberger Künstlerschaft war aus dem Krieg zurückgekehrt. Nach freiheitlichen Wegen suchend, wollte sie den althergebrachten Zopf des Akademismus abstreifen", schreibt Mollenhauer, der als Vorsitzender des Studierenden-Ausschusses und Gründungsmitglied der Künstlervereinigung „Der Ring" im März 1919 anlässlich einer Gedenkfeier für die Gefallenen in den Räumen der Akademie eine Ausstellung für die Zurückgekehrten eröffnet hatte. Im gleichen Jahr beschlossen Lehrer und Schüler eine Neuordnung der Akademie. Man erstrebte nicht nur eine Umstrukturierung der Verwaltung, sondern auch neue Ausdrucksformen in der Kunst. „Sie verneinten die natürlichen Formen und suchten sich neue Formwege. Sie verzichteten auf Schönheit. Sie wollten kraß, scharf, bezeichnend sein, sie wollten erschüttern und zum Erleben zwingen", berichtet der Schriftsteller Kurt Pastenaci. Dieses war eindeutig der Weg zum Expressionismus. Man diskutierte diese Fragen nicht nur in Berlin und anderen deutschen Kunstzentren, sondern auch in der um die Jahrhundertwende entstandenen Künstlerkolonie Nidden, die im altbekannten Gasthaus des „Künstlervaters" Hermann Blöde gegründet wurde. Lovis Corinth und Oskar Moll, die Expressionisten Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff und viele andere Maler waren bereits vor dem Krieg nach Nidden gekommen, nun zog es immer mehr Künstler in diese ursprüngliche und grandiose Landschaft. Ernst Mollenhauer kam 1919 in das Haus Hermann Blöde, mitten hinein in einen festesfrohen Johannisabend, wo er Hedwig Blöde, eine Tochter des Hauses, kennen lernte. Sie heirateten 1920. Ernst Mollenhauer richtete in der seinem Schwiegervater gehörenden „Villa Helene" sein erstes Atelier ein, behielt aber auch das in der Akademie und bezog mit seiner jungen Frau eine kleine Wohnung in der Nähe der Königstraße in Königsberg. Es muss ein frohes Künstlerleben dort gewesen sein, vor allem, als erste Verkäufe und Anerkennung den gewählten Lebensweg des jungen Malers auch in dieser Hinsicht bestätigten. Auf Anraten seines in den USA lebenden Bruders Frank reisten Ernst und Heta Mollenhauer 1922 nach New York. Mehrere Kisten milden besten Bildern waren vorausgeschickt, um damit dort eine Ausstellung zu ermöglichen und den Lebensunterhalt zu sichern. Bei der Ankunft in der Neuen Welt stellte sich jedoch heraus, dass sämtliche Bilder, der Obhut eines ungarischen Kunsthändlers übergeben, von diesem gestohlen und auf Nimmerwiedersehen verschwunden waren. Nach entbehrungsreichen Monaten und harter Arbeit hatte Ernst Mollenhauer dann neue Bilder für eine Ausstellung im Foyer eines großen Hotels beisammen. Beide, Bilder und Hotel, verbrannten kurz nach der Eröffnung, wahrscheinlich durch einen Versicherungsschwindel. Aber nun war der junge Maler kein „Greenhorn" mehr, er fand rasch eine interessante und gut bezahlte Anstellung in einem Studio für projizierbare Bühnenbilder, die er für mehrere Aufführungen der Metropolitan Opera entwarf. Es entstanden neue Bilder, die er als einer der ersten deutschen Maler nach dem Weltkrieg in New York in den Dudensing Galleries zeigte und die ihm ein gutes Presseecho einbrachten. 1923 annektierte Litauen das Memelgebiet im nördlichen Ostpreußen, wozu auch Nidden gehörte. Dadurch geriet das Land in schwere wirtschaftliche Bedrängnis und auch das traditionsreiche Haus Hermann Blöde kam in Gefahr, schließen zu müssen. Ernst Mollenhauer kehrte mit seiner Frau nach Nidden zurück und ihre mitgebrachten harten Dollars halfen, den Betrieb zu erhalten und weiterzuführen. Es begann eine politisch und wirtschaftlich schwere Zeit. Auf Wunsch seines erkrankten Schwiegervaters übernahm Ernst Mollenhauer in den folgenden Jahren nach und nach die Leitung des alten, berühmten Künstlergasthofes und es gelang ihm, bis 1945 maßgebend für den Erhalt und die Pflege der Niddener Künstlerkolonie zu sorgen. Lange Jahre hindurch erhielt ein von der Königsberger Akademie ausgewählter junger Maler das „Hermann-Blode-Stipendium" und konnte während der Sommermonate unbeschwert in Nidden arbeiten. Bei der Rückgliederung des Memellandes an das Deutsche Reich im Jahr 1939 wurde Mollenhauer als expressionistischer Maler als „entartet" abgestempelt und erhielt ein sofortiges Ausstellungsverbot. Die große Gemäldesammlung des Hauses Hermann Blöde sah sich einem zweimaligen „Bildersturm" ausgeliefert, dem sich Mollenhauer mit allen Mitteln widersetzte. Seine Bekanntschaft mit Thomas Mann, die langjährige Betreuung von dessen Haus in Nidden, die Aufnahme jüdischer Gäste und die Weigerung, das Haus der Partei zu öffnen, brachte ihm die ständige Bedrohung einer Verhaftung durch die Gestapo ein. Im strahlend schönen Sommer und Herbst 1944 hörte man in Nidden den Kanonendonner der herannahenden Front. Im Januar/Februar 1945 wurde das gesamte, bisher geschaffene künstlerische Werk Ernst Mollenhauers durch einmarschierende sowjetische Truppen zerstört oder verschleppt und nur wenige Bilder aus der Zeit vor 1945 blieben im Westen Deutschlands erhalten. Ein gleiches Schicksal erlitt die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts zusammengetragene Gemäldesammlung des Hauses Hermann Blöde, das bis auf wenige, heute entstellte Gebäude mitsamt der berühmten Künstlerveranda in den folgenden Jahren abgerissen wurde. Die einst so bekannte Niddener Künstlerkolonie hörte auf zu existieren und lebt heute nur noch in der Kunstgeschichte weiter. Nach der Kriegsgefangenschaft in Dänemark und in einem englischen Lager in Schleswig-Holstein fand Ernst Mollenhauer seine Familie nach langer Ungewissheit im August 1945 in der Gegend von Göttingen wieder. Im Herbst gleichen Jahres bot sich ihm eine Unterkunft in Kaarst bei Neuss im Rheinland und 1950 bezog er ein Atelier in Düsseldorf. In einer zerstörten und andersartigen Umgebung musste er aus dem Nichts einen Neuanfang wagen. Dieser ist ihm gelungen, doch oft reiste er auf der ständigen Suche nach einem fernen Ersatz für das geliebte Nidden durch Deutschland, Österreich, Frankreich, Holland und die Schweiz, bis er schließlich in Keitum auf Sylt ein Sommeratelier einrichten konnte. 1963 starb Ernst Mollenhauer in Düsseldorf, 1973 seine Frau Heta in Mainz. Sie fanden ihre letzte Ruhestätte nicht in Nidden neben dem Grab von Hermann Blöde, dessen Kreuzesstamm Ernst Mollenhauer einst entworfen und errichtet hatte, sondern auf dem alten Friedhof in Keitum auf Sylt. Über ihr Grab ziehen Wolken und Wind und der Blick geht weit über das Wasser des Watts, wie es ähnlich auch in Nidden gewesen wäre. Wenn ein Maler sein halbes Lebenswerk verliert, so ist das durch nichts zu ersetzen. Noch schmerzlicher wird es, wenn dazu der Verlust der künstlerischen Heimat kommt. Es ist hier nicht der Platz für eine längere kunstgeschichtliche Abhandlung zum Werk von Ernst Mollenhauer. Die jetzt gezeigten Bilder mit so manchen Nehrungsmotiven mögen selber zum Betrachter sprechen: Von seiner Verbundenheit mit diesem Land zwischen Haff und Meer, die ihm bis zum Tod die Kraft zur Gestaltung gab, nicht im Sinne einer Erinnungsmalerei, sondern im Erfassen des Endgültigen und Ewigen dieser östlichen Landschaft. So schrieb er in einem Brief an seine Frau von einem Studienaufenthalt in der Bretagne im Jahr 1951: „Und wenn ich nun am Ende dieser Fahrt das Fazit ziehe, dann will ich sagen: alles ist sehr gewaltig und schön in der Natur. Am gewaltigsten erscheint mir die Verträumtheit Niddens, der Wald, die Ostsee, die Palwe und unser kleiner Rosengarten. Wir sind heimatlos, und das habe ich hier wieder besonders stark empfunden. Aber wir werden immer wieder neue Kraft haben, sie erbitten, um bis zum Ende zu bestehen. Ich glaube, daß nach allem, was ich hier gesehen habe, das Bild Niddens in mir wieder neu und groß geworden ist, daß dieses Erleben mir Kraft zu neuem Tun gegeben hat. Und wir beide, Du und ich, werden zu keiner Stunde verzagen und mit immer neuem Mut die Dinge meistern". Ernst Mollenhauer hat nach 1945 seine Heimat nie wiedergesehen. Vielleicht waltete hierbei trotz allen Schmerzes und aller Sehnsucht doch ein gnädiges Geschick: Der Anblick von hässlichen Mietshäusern und Betonstraßen durch Dorf und Wald, die Zerstörung der großen Einheit von Natur, Mensch und Tier, der so einmaligen Atmosphäre des alten Nidden und des Blode-Hauses sind ihm erspart geblieben. Was bleibt, sind seine Bilder, ist sein Werk, zu dem er angetreten war und über das er in einem Interview 1948 sagte: „Es ist schwer, Worte über mein Werk zu finden, denn schließlich sollen meine Arbeiten allein alles aussagen. Sie sollen ein Spiegel meines Lebens sein. Gott hat uns die Seele gegeben, um zu ihrer Freude unter seinem großen Himmel zu leben. Wenn ich Gottes Schöpfungswerk bewundern will, so muss ich die Seele zum Erklingen bringen. Jedes Bild, das ich mit meiner Seele schaffe, soll zu Gottes Lob werden. Man schafft immer aus eigenem Instinkt heraus, und ich kann eigentlich nicht sagen, woher es kommt und was es ist. Bilder aber wollen nicht nur das Äußere wiedergeben, sondern Zustände aus unserer Not, aus unserer Freude und unserem Leid offenbaren. Das aber ist das Geistige in der Kunst". Anlässlich des 150 jährigen Gründungsjubiläums der Königsberger Kunstakademie, deren Schüler Ernst Mollenhauer einst war, zeigte die Kunstgalerie Kaliningrad 1995 eine umfassende Ausstellung seiner Bilder. Wenn diese Ausstellung nun in Vilnius und in Memel, ganz nahe der Kurischen Nehrung, gezeigt werden kann, so ist es wie eine geistige Heimkehr des Malers in seine so sehr geliebte künstlerische Heimat zwischen Haff und Meer. Davor bedeuten Jahre und Grenzen nichts, denn "die Kunst ist lang! Und kurz ist unser Leben". Vieles hat sich verändert, vieles an Schönheit und Urtümlichkeit der Nehrungslandschaft ging verloren. Aber wer Augen hat zu sehen, findet beides wieder in den Bildern Ernst Mollenhauers, der das Wesentliche hinter den sichtbaren Dingen und Erscheinungsformen sah, zu gestalten und zu bewahren suchte. Maja E.-Mollenhauer (gefunden Nov/06 unter: http://www.muziejai.lt/parodos/mollenh_gyv.DE.htm)

Ernst Mollenhauer

Ernst Mollenhauer wird 1892 in Tapiau/Ostpreußen, östlich von Königsberg, geboren. Lovis Corinth, mit dem sein Vater befreundet ist, unterstützt seinen Wunsch, die Kunstakademie in Königsberg zu besuchen, an der er 1913 mit dem Studium beginnt. Schon 1914 wird es durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen, an dem Mollenhauer bis 1918 an allen Fronten teilnimmt. Von 1918 bis 1922 setzt er sein Studium fort. Er lernt das Fischerdorf Nidden auf der Kurischen Nehrung kennen. Dort beginnt 1919 seine Freundschaft mit Max Pechstein, das Werk des 1913 in Nidden malenden Karl Schmidt-Rottluff ist ihm bekannt. So sind Mollenhauers Arbeiten bereits früh der expressiven „Brücke“-Kunst verbunden, doch er bleibt ein Einzelgänger und lässt sich keiner Gruppe zuordnen. 1920 heiratet er in Nidden die Tochter von Hermann Blode, in dessen Gasthof die Künstlerkolonie gegründet wurde und der bis 1945 vielen Malern, Schriftstellern, Musikern und Schauspielern als Herberge und Treffpunkt dient und in dem ein intensiver Austausch von künstlerischen Fragen und Problemen stattfindet. Unterbrochen von einem zweijährigen Aufenthalt in den USA (1922-24) hat er sein Atelier in Nidden und übernimmt von seinem Schwiegervater die Leitung des Hauses „Hermann Blode“. Die Nazis erklären Mollenhauers expressionistische Kunst für „entartet“ und erteilen ihm 1939 ein Mal- und Ausstellungsverbot. Mollenhauer bleibt in Nidden, nimmt auch jüdische Gäste auf und betreut, wie schon seit 1933, noch für kurze Zeit das verlassene Sommerdomizil von Thomas Mann. Die große Sammlung Hermann Blodes soll einem „Bildersturm“ zum Opfer fallen, was Mollenhauer jedoch verhindern kann. Sie wird 1945 durch sowjetische Truppen zerstört und wie sein eigenes, in 25 Jahren entstandenes Werk, bis auf wenige Ausnahmen in einer Sauna verheizt. Die Künstlerkolonie Nidden existiert nicht mehr. Nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft in Dänemark und einem englischen Lager in Schleswig-Holstein baut sich Mollenhauer 1946 in Kaarst bei Düsseldorf eine neue Existenz auf. 1950 bezieht er ein Atelier im Künstlerhaus in der Sittarder Straße in Düsseldorf, später ein zweites in Keitum auf Sylt, wo er nach seinem Tod in Düsseldorf 1963 neben der alten Dorfkirche beigesetzt wird.

In einem Brief vom 27. Dezember 1947 an den Maler Alexander Kolde schreibt Mollenhauer: „Ich suchte mir dann bei Düsseldorfer Kollegen einige Pinsel zusammen und fing wieder an zu pinseln (...). Und immer wandern meine Gedanken auf den Schlangenberg und nach Nidden zurück. Ich sehe dann den großen Bogen der Nehrung bis hin zu den Türmen Memels ...“ Die tiefe Sehnsucht nach seiner künstlerischen Heimat, der Kurischen Nehrung und Nidden, bestimmt die Thematik aller bis zu seinem Tod entstandenen Bilder. Mollenhauer versucht, eine verlorene Welt mit Farben aus der Erinnerung heraufzuholen und wieder lebendig zu machen. Verlorengegangene Empfindungen, die Mollenhauer vergebens auf Reisen nach Österreich, Frankreich, Holland und der Schweiz zurückzuholen sucht, werden erst auf der Nordseeinsel Sylt wieder lebendig, wo er beeindruckt ist vom Meer, Watt, Himmel und Licht. Die Geschichte seines persönlichen Schicksals und sein sehnsuchtsvoller, malerischer Neubeginn führen Ernst Mollenhauer zu einem kraftvollen Spätexpressionismus. Nachdem er 25 Jahre seiner Arbeit verloren hat, gibt es nichts mehr zu verlieren. Dadurch erhält sein Spätwerk eigenständige und zeitlose Züge. In einer Zeit, in der noch lebende Expressionisten der Gründergeneration wie Heckel und Schmidt-Rottluff bereits kraftlos werden, entwickelt Mollenhauer eine stark farbige, expressive Malerei mit festem Rhythmus und kraftvollem Engagement. Auch wenn der Zeitgeist sich bereits neuen Wegen öffnet und die informelle Malerei einsetzt, wird hier kein trauriger Abgesang oder eine Verlängerung des Expressionismus zelebriert, sondern selbstsicher und deftig, ohne Skrupel gemalt. Die verlorengegangenen Bilder vor 1945, die der Künstler zu seiner eigenen Identifikation braucht, werden nicht nachgeschaffen. Die nach 1948 entstehenden Arbeiten sind - trotz der Themengleichheit mit früheren - keine Wiederholung der Arbeiten der 20er und 30er Jahre. Mollenhauers Malerei entwickelt sich ab 1950 stilistisch eigenständig und individuell. Die bildnerischen Mittel, die in der expressionistischen Kunst entwickelt worden sind, stellen nun für ihn den Ausgangspunkt dar. Im Gegensatz zu Pechstein, bei dem der Gefühlswert seiner Werke im Spätwerk zu rein ästhetischer Wirkung verflacht, steigert Mollenhauer seine Intensität mit zunehmendem Alter. Die ausdruckstarken und zugleich wirklichkeitsnahen Bilder weisen Mollenhauer formal und inhaltlich als Expressionisten aus, der den Stil in einer persönlichen Variation erweitert. Die Selbstzentriertheit Ernst Mollenhauers, seine Ehrlichkeit, seine Reife als Folge einer Verdichtung erlebter alter und neuer Heimat führen zu einem vollkommenen Fehlen ästhetisierter Rücksichtnahme und Zeitgemäßheit. Genau das ist es, was bereits den flüchtigen Betrachter seiner Bilder auf Anhieb beeindruckt und ergreift. Seine reine Landschaftsmalerei - der Mensch ist fast immer abwesend - ist von einer intensiven Leuchtkraft der Farben gekennzeichnet. Die Farben haben nur noch wenig mit Objektgebundenheit zu tun, sondern dienen der Sichtbarmachung seiner emotionalen Zustände. In dieser Zeit werden seine Landschaftsbilder - vergleichbar einer von kosmischen Kräften durchwirkten Natur mit stürzenden Perspektiven und aufgebrochenen Konturen - zur Silhouette von scharfschnittiger Lakonik und beinahe reliefartiger Prägnanz verdichtet, zu einem Extrakt aus Beobachtung, Empfindung und formaler Erfindung verkürzt. Mollenhauer will die Welt nicht abbilden, sondern deuten. Die Bilder entstehen nicht unter freiem Himmel, sondern, zuweilen anhand von Skizzen, in seinem Atelier. Mollenhauer geht es nicht um Details, vielmehr will er „den Dingen das Beiläufige nehmen und ihnen jene stille Form verleihen, in welcher der Geist ausruhen kann und Entdeckungen macht“ (Zitat Mollenhauer). Die Landschaften, aber auch seine Stillleben und Bildnisse werden so für den Betrachter zu einem spannungsreichen, emotionsgeladenen und ausdrucksvollen Erlebnis. Ernst Mollenhauer gehört zu der von Rainer Zimmermann beschriebenen „verschollenen Generation“, die zwischen 1890 und 1905 geboren wurde. Eine Generation von Künstlern, die zwischen den, durchschnittlich zehn Jahre früher geborenen, den Expressionismus begründenden Künstlern wie Pechstein und Schmidt-Rottluff und jenen jungen Künstlern stehen, bei denen nach dem Zweiten Weltkrieg eine Abwendung vom Gegenständlichen hin zur abstrakten, informellen Malerei im Vordergrund steht. Wie kein anderer deutscher Künstler der 50er und 60er Jahre des 20. Jahrhunderts stellt Mollenhauer Erde, Himmel und Natur zeitlos und allgemeingültig dar. Obwohl er häufig als Spätexpressionist bezeichnet wird, führt er tatsächlich mit seinen Arbeiten den Expressionismus bis zur letzten Steigerung, bis an die Grenze einer Kunst, die durch ihr Abgehen von der Wirklichkeit zu eigenen Begriffen und Metaphern führt. Mit der kontinuierlichen Verdichtung der geistigen Bildaussage führt Mollenhauers Werk über die Einflüsse der Akademie und Max Pechsteins hinaus. Ernst Mollenhauer hat sich mit seiner individuellen Variante des Expressionismus immer im Abseits des Kunstgeschehens gehalten. Das zunehmende Interesse an seiner Malerei lässt jedoch den Kreis der Sammler und Liebhaber seiner Bilder immer größer werden ...

Ernst Mollenhauer

Der große deutsche Landschaftsmaler Ernst Mollenhauer wurde 1892 in Ostpreußen geboren. Aus seiner Heimatstadt Tapiau am Pregel, östlich von Königsberg, kam auch Lovis Corinth (1858-1925). Er hatte die Begabung Mollenhauers erkannt, der daraufhin 1913 zur Königsberger Kunstakademie ging. Früh kam er auf die Kurische Nehrung. Seit 1909 hielt sich in den Sommermonaten Max Pechstein (1881-1955) dort auf. 1919 lernte ihn Mollenhauer in Nidden kennen und war von dessen Gemälden beeindruckt, wie später vom Werk des Karl Schmidt-Rottluff (1884-1976), der 1913 in Nidden gewesen war. So sind auch Mollenhauers Arbeiten expressiver "Brücke"-Kunst verbunden. Von 1923 bis 1945 lebte und arbeitete Ernst Mollenhauer in Nidden. Sein Schwiegervater Hermann Blode führte jenen großen Gasthof, der Malern, Schriftstellern und Musikern als Herberge diente. Einige erbauten sich Sommerhäuser, wie Thomas Mann. Nach der Rückkehr des Memellandes zum Deutschen Reich erklärte Nazi-Deutschland Mollenhauers Werk für "entartet" und verbot dem Künstler das Malen und Ausstellen. 1945 folgte der Verlust des bisherigen Lebenswerkes und der Heimat. Nach dem Zweiten Weltkrieg führte ein sehnsuchtsvoller Neubeginn Mollenhauer zu kraftvollem Spätexpressionismus. Nicht kontemplatives Erinnern, sondern die Verdichtung erlebter alter und neuer Heimat strahlt aus dem Werk. Der Künstler macht nun in prachtvoller Farbigkeit die Kraft der Natur sichtbar, die Gewalt des Großen, die Unbändigkeit des Lebens. Morgendämmerung und Abendstimmung, der Sonnenball, Wind, Sand und Einsamkeit werden reflektiert. Wie kein anderer deutscher Künstler der fünfziger und sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts stellt Ernst Mollenhauer Erde, Himmel und Natur zeitlos und allgemeingültig dar.

zweiter Text (aus Katalog 1999):

Ernst Mollenhauer wird 1892 in Tapiau/Ostpreußen, östlich von Königsberg, geboren. Lovis Corinth, mit dem sein Vater befreundet ist, unterstützt seinen Wunsch, die Kunstakademie in Königsberg zu besuchen, an der er 1913 mit dem Studium beginnt. Schon 1914 wird es durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen, an dem Mollenhauer bis 1918 an allen Fronten teilnimmt. Von 1918 bis 1922 setzt er sein Studium fort. Er lernt das Fischerdorf Nidden auf der Kurischen Nehrung kennen. Dort beginnt 1919 seine Freundschaft mit Max Pechstein, das Werk des 1913 in Nidden malenden Karl Schmidt-Rottluff ist ihm bekannt. So sind Mollenhauers Arbeiten bereits früh der expressiven „Brücke"-Kunst verbunden, doch er bleibt ein Einzelgänger und lässt sich keiner Gruppe zuordnen. 1920 heiratet er in Nidden die Tochter von Hermann Blode, in dessen Gasthof die Künstlerkolonie gegründet wurde und der bis 1945 vielen Malern, Schriftstellern, Musikern und Schauspielern als Herberge und Treffpunkt dient und in dem ein intensiver Austausch von künstlerischen Fragen und Problemen stattfindet. Unterbrochen von einem zweijährigen Aufenthalt in den USA (1922-24) hat er sein Atelier in Nidden und übernimmt von seinem Schwiegervater die Leitung des Hauses „Hermann Blode". Die Nazis erklären Mollenhauers expressionistische Kunst für „entartet" und erteilen ihm 1939 ein Mal- und Ausstellungsverbot. Mollenhauer bleibt in Nidden, nimmt auch jüdische Gäste auf und betreut, wie schon seit 1933, noch für kurze Zeit das verlassene Sommerdomizil von Thomas Mann. Die große Sammlung Hermann Blodes soll einem „Bildersturm" zum Opfer fallen, was Mollenhauer jedoch verhindern kann. Sie wird 1945 durch sowjetische Truppen zerstört und wie sein eigenes, in 25 Jahren entstandenes Werk, bis auf wenige Ausnahmen in einer Sauna verheizt. Die Künstlerkolonie Nidden existiert nicht mehr. Nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft in Dänemark und einem englischen Lager in Schleswig-Holstein baut sich Mollenhauer 1946 in Kaarst bei Düsseldorf eine neue Existenz auf. 1950 bezieht er ein Atelier im Künstlerhaus in der Sittarder Straße in Düsseldorf, später ein zweites in Keitum auf Sylt, wo er (nach seinem Tod in Düsseldorf 1963) neben der alten Dorfkirche beigesetzt wird.

In einem Brief vom 27. Dezember 1947 an den Maler Alexander Kolde schreibt Mollenhauer: „Ich suchte mir dann bei Düsseldorfer Kollegen einige Pinsel zusammen und fing wieder an zu pinseln (...). Und immer wandern meine Gedanken auf den Schlangenberg und nach Nidden zurück. Ich sehe dann den großen Bogen der Nehrung bis hin zu den Türmen Memels ..." Die tiefe Sehnsucht nach seiner künstlerischen Heimat, der Kurischen Nehrung und Nidden bestimmt die Thematik aller bis zu seinem Tod entstandenen Bilder. Mollenhauer versucht, eine verlorene Welt mit Farben aus der Erinnerung heraufzuholen und wieder lebendig zu machen. Verlorengegangene Empfindungen, die Mollenhauer vergebens auf Reisen nach Österreich, Frankreich, Holland und der Schweiz zurückzuholen sucht, werden erst auf der Nordseeinsel Sylt wieder lebendig, wo er beeindruckt ist vom Meer, Watt, Himmel und Licht. Die Geschichte seines persönlichen Schicksals und sein sehnsuchtsvoller, malerischer Neubeginn führen Ernst Mollenhauer zu einem kraftvollen Spätexpressionismus. Nachdem er 25 Jahre seiner Arbeit verloren hat, gibt es nichts mehr zu verlieren. Dadurch erhält sein Spätwerk eigenständige und zeitlose Züge. In einer Zeit, wo noch lebende Expressionisten der Gründergeneration wie Heckel und Schmidt-Rottluff bereits kraftlos werden, entwickelt Mollenhauer eine stark farbige, expressive Malerei mit festem Rhythmus und kraftvollem Engagement. Auch wenn der Zeitgeist sich bereits neuen Wegen öffnet und die informelle Malerei einsetzt, wird hier kein trauriger Abgesang oder eine Verlängerung des Expressionismus zelebriert, sondern selbstsicher und deftig, ohne Skrupel gemalt. Die verlorengegangenen Bilder vor 1945, die der Künstler zu seiner eigenen Identifikation braucht, werden nicht nachgeschaffen. Die nach 1948 entstehenden Arbeiten sind - trotz der Themengleichheit mit früheren - keine Wiederholung der Arbeiten der 20er und 30er Jahre. Mollenhauers Malerei entwickelt sich ab 1950 stilistisch eigenständig und individuell. Die bildnerischen Mittel, die in der expressionistischen Kunst entwickelt worden sind, stellen nun für ihn den Ausgangspunkt dar. Im Gegensatz zu Pechstein, bei dem der Gefühlswert seiner Werke im Spätwerk zu rein ästhetischer Wirkung verflacht, steigert Mollenhauer seine Intensität mit zunehmendem Alter. Die ausdruckstarken und zugleich wirklichkeitsnahen Bilder zeichnen Mollenhauer formal und inhaltlich als Expressionisten aus, der den Stil in einer persönlichen Variation erweitert. Die Selbstzentriertheit Ernst Mollenhauers, seine Ehrlichkeit, seine Reife als Folge einer Verdichtung erlebter alter und neuer Heimat führen zu einem vollkommenen Fehlen ästhetisierter Rücksichtnahme und Zeitgemäßheit. Genau das ist es, was bereits den flüchtigen Betrachter seiner Bilder auf Anhieb beeindruckt und ergreift. Seine reine Landschaftsmalerei - der Mensch ist fast immer abwesend - ist von einer intensiven Leuchtkraft der Farben gekennzeichnet. Die Farben haben nur noch wenig mit Objektgebundenheit zu tun, sondern dienen der Sichtbarmachung seiner emotionalen Zustände. In dieser Zeit werden seine Landschaftsbilder - vergleichbar einer von kosmischen Kräften durchwirkten Natur mit stürzenden Perspektiven und aufgebrochenen Konturen - zur Silhouette von scharfschnittiger Lakonik und beinahe reliefartiger Prägnanz verdichtet, zu einem Extrakt aus Beobachtung, Empfindung und formaler Erfindung verkürzt. Mollenhauer will die Welt nicht abbilden, sondern deuten. Die Bilder entstehen nicht unter freiem Himmel, sondern, zuweilen anhand von Skizzen, in seinem Atelier. Mollenhauer geht es nicht um Details, vielmehr will er „den Dingen das Beiläufige nehmen und ihnen jene stille Form verleihen, in welcher der Geist ausruhen kann und Entdeckungen macht“ (Zitat Mollenhauer). Die Landschaften, aber auch die wenigen Stillleben, werden so für den Betrachter zu einem spannungsreichen, emotionsgeladenen und ausdrucksvollen Erlebnis. Ernst Mollenhauer gehört zu der von Rainer Zimmermann beschriebenen „verschollenen Generation“, die zwischen 1890 und 1905 geboren wurde. Eine Generation von Künstlern, die zwischen den, durchschnittlich zehn Jahre früher geborenen, den Expressionismus begründenden Künstlern wie Pechstein und Schmidt-Rottluff und jenen jungen Künstlern stehen, bei denen nach dem 2. Weltkrieg eine Abwendung vom Gegenständlichen hin zur abstrakten, informellen Malerei im Vordergrund steht. Wie kein anderer deutscher Künstler der 50er und 60er Jahre des 20. Jahrhunderts stellt Mollenhauer Erde, Himmel und Natur zeitlos und allgemeingültig dar. Obwohl er häufig als Spätexpressionist bezeichnet wird, führt er tatsächlich mit seinen Arbeiten den Expressionismus bis zur letzten Steigerung, bis an die Grenze einer Kunst, die durch ihr Abgehen von der Wirklichkeit zu eigenen Begriffen und Metaphern führt. Mit der kontinuierlichen Verdichtung der geistigen Bildaussage führt Mollenhauers Werk über die Einflüsse der Akademie und Max Pechsteins hinaus. Ernst Mollenhauer hat sich mit seiner individuellen Variante des Expressionismus immer im Abseits des Kunstgeschehens gehalten. Das zunehmende Interesse an seiner Malerei lässt jedoch den Kreis der Sammler und Liebhaber seiner Bilder immer größer werden.

Ernst Mollenhauer

Lebensdaten

27.8.1892 geboren in Tapiau/Ostpreußen, aufgewachsen in Königsberg. Sein früher Entschluss, Maler zu werden, wird bestärkt durch die Befürwortung von Lovis Corinth. Auf Wunsch des Vaters jedoch zunächst eine kurze Lehrzeit in einer bekannten Königsberger Reederei.

1913 Beginn des Studiums an der Königsberger Akademie. Erlass des damals üblichen Probejahres durch Prof. Dettmann. Aktklasse unter Prof. Pfeiffer, dazu Graphiker- und Bildhauerklasse. Praktische Mitarbeit an den Wandgemälden Pfeiffers in Elbing und Tilsit. Akademieferien in Großkuhren im Kreis von Waldemar Rösler, Illies, Dellbrück, Domscheit, Jernberg u.a.

1914-18 Als Kompanieführer im Ersten Weltkrieg in Polen, Russland, Italien, Frankreich. Das umfangreiche gezeichnete Kriegstagebuch wird 1945 in Nidden vernichtet.

1918-22 Fortsetzung des Studiums an der Königsberger Akademie, Meisterschüler bei Prof. Degner.

1918 Gründungsmitglied der Künstlervereinigung "Der Ring".

1919 Vorsitzender des Studierendenausschusses. Anlässlich einer Gedenkfeier für die Gefallenen Eröffnung der "Ausstellung der Zurückgekehrten". Verschiedene Ausstellungen innerhalb Ostpreußens.

1920 Heirat mit Hedwig Blode, der Tochter des "Künstlervaters" Hermann Blode, Mäzen und Eigentümer des bekannten Künstlergasthofes in Nidden, der Keimzelle der Niddener Künstlerkolonie.

1922-24 Aufenthalt in den USA. Verlust zweier Ausstellungen durch Diebstahl und Brand. Stellt dort als einer der ersten deutschen Maler nach dem Weltkrieg aus (Dudensing Galleries, New York). Mitarbeiter in einem Studio zur Herstellung projizierbarer Bühnenbilder (u.a. für die Metropolitan Opera). Diese Arbeit hat nach der Rückkehr nach Deutschland einen Ruf Max Reinhardts an dessen Berliner Theater zur Folge, dem Mollenhauer jedoch nicht folgt. Er geht nach Nidden im jetzt von Litauen annektierten Memelgebiet zurück. Verschiedene Reisen durch Deutschland und Österreich. Ende der zwanziger Jahre übernimmt er den alten Künstlergasthof seines Schwiegervaters und sorgt bis 1945 maßgebend für Erhalt und Pflege der Niddener Künstlerkolonie, des Dorfes und der einmaligen Nehrungslandschaft.

1939 Rückgliederung des Memellandes an das Deutsche Reich. Mollenhauer wird durch die Nationalsozialisten als "entartet" abgestempelt und erhält sofortiges Ausstellungsverbot. Die große Gemäldesammlung des Hauses Hermann Blode bedroht ein zweimaliger "Bildersturm", dem sich Mollenhauer mit allen Mitteln widersetzt. Seine Bekanntschaft mit Thomas Mann und die Betreuung von dessen Domizil in Nidden, die Aufnahme jüdischer Gäste und die Weigerung, sein Haus der Partei zu öffnen, bringt ihm die ständige Bedrohung einer Verhaftung durch die Gestapo ein.

1944-45 Kriegsdienst. Durch die militärischen Gegebenheiten bleibt Mollenhauer noch bis 1945 in Nidden. Das gesamte künstlerische Werk in Atelierbesitz wird im Januar/Februar 1945 durch einmarschierende sowjetische Truppen zerstört oder verschleppt, desgleichen die Gemäldesammlung des Hauses Hermann Blode. Kriegsgefangenschaft in Dänemark und in englischem Lager in Schleswig- Holstein. Nach der Entlassung Neubeginn in Kaarst bei Neuss.

1950-63 Atelier in Düsseldorf.

Ab 1946 wiederholte Studienaufenthalte in der Eifel, der Lüneburger Heide, an der Nord- und Ostseeküste, in Österreich, Frankreich, Holland und in der Schweiz. Dazu jährliche Aufenthalte auf Sylt, erst in Kampen, dann in Keitum. Seit Anfang der 50er Jahre zweites Atelier in Keitum, das 1969 mitsamt den dort befindlichen Bildern einer Brandstiftungsserie zum Opfer fällt.

1957 Bundesverdienstkreuz

3.4.1963 gestorben in Düsseldorf, beigesetzt auf dem alten Friedhof in Keitum auf Sylt.

Besitz in Museen und Sammlungen

Ostdeutsche Galerie Regensburg Städtische Kunstsammlungen Gelsenkirchen-Buer Städtische Kunstsammlungen Düsseldorf Wilhelm-Lehmbruck-Museum Duisburg Galerie Villa Merkel, Esslingen Städtische Sammlung Lünen Museum Goslar Clemens-Sels-Museum, Neuss Altonaer Museum Hamburg Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss, Gottorf Bundesregierung, Bonn Landesregierungen und Ministerien von Nordrhein-Westfalen, von Baden-Württemberg, von Berlin

Industriewerke wie Bayer AG, Leverkusen Böhlerwerke, Düsseldorf Thyssen, Düsseldorf Haniel, Duisburg Schwarzhaupt, Köln u.a.

Ausstellungen

1948 Galerie Alex Vömel, Düsseldorf Kunst- und Bücherstube Dr. Carl Peter Baudisch, Neuss Berufsschule, Neuss

1950 Kunstverein, Köln

1951 Im Rom, Recklinghausen

1953 Kunstmuseum Kupferstichkabinett, Düsseldorf

1955 Städtisches Museum, Goslar Kunstverein, Heidelberg

1957 Haus Metropol, Bochum Landolinshof, Eßlingen

1958 Galerie Boisserée, Köln

1960 Städtische Kunstsammlung, Gelsenkirchen

1962 Mercator-Halle, Duisburg

1963 Kunstverein, Mannheim Neue Residenz, Bamberg Foyer des Theaters, Lünen

1969 Haus des Deutschen Ostens, Düsseldorf

1972 Hochhaus der Bayer AG, Leverkusen

1973 Schelmenturm, Monheim

1977 Ostdeutsche Galerie, Regensburg

1978 Villa Merkel, Esslingen

1979 Städtische Galerie - Altes Theater, Ravensburg

1982 Haus des Deutschen Ostens, Düsseldorf EP Galerie, Düsseldorf

1983 Clemens-Sels-Museum, Neuss Deutschlandhaus, Berlin

1984 EP Galerie, Düsseldorf

1985 Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Landesvertretung Schleswig-Holstein, Bonn Kurfürstliches Schloss, Mainz

1986 Deutschlandhaus, Berlin

1988 Detmolder Schloss, Detmold Haus des Deutschen Ostens, Düsseldorf EP Galerie, Düsseldorf

1989 Westdeutsche Kunstmesse - Galerie Boisserée, Köln Amtsrichterhaus, Schwarzenbek

1990 Ostdeutsche Galerie, Regensburg Ministerium für Soziales und Familie, Mainz Westdeutsche Kunstmesse - Galerie Boisserée, Köln

1991 Museum für Geschichte und Kunst des Gebietes Kaliningrad, Königsberg

1992 Hochhaus der Bayer AG, Leverkusen Clemens-Sels-Museum, Neuss Altes Rathaus, Eßlingen Galerie Boisserée, Köln

1993 Leopold-Hoesch-Museum, Düren Landesmuseum Volk und Wirtschaft, Düsseldorf

1995 Gemäldegalerie der Stadt Kaliningrad-Königsberg, Königsberg

1997 Museum Stadt Königsberg, Duisburg

1998 Hallescher Kunstverein im Stadtmuseum, Halle Stiftung Deutschlandhaus, Berlin

1999 Galerie Boisserée, Köln

2001 Lietuvos dailes muziejaus dienos aktualijos (Nationalgalerie Vilnius, Litauisches Museum für Moderne Kunst), Vilnius/Litauen Pranas-Domsaitis-Galerie (Gemäldegalerie Memel), Memel/ Klaipeda

2002 Ernst Ludwig Kirchner Verein Fehmarn, Burg auf Fehmarn

2003 Galerie Boisserée, Köln

2005 Gemäldegalerie der Stadt Königsberg/Kaliningrad, Königsberg

2005/06 Städtische Museen – Museumsberg Flensburg, Flensburg Galerie der Stadt Westerland, Sylt, Westerland Kunsthaus Stade

2006 Städtische Galerie in der Reithalle, Schloss Neuhaus, Paderborn

2006/07 Museum Stadt Königsberg, Duisburg

Außerdem seit 1947 Beteiligung an über hundert Ausstellungen im In- und Ausland.

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Ernst Mollenhauer. Arbeiten auf Leinwand und Papier