press release only in german

Interventionen in Räumen, öffentlich oder privat, stehen im Zentrum der künstlerischen Auseinandersetzung von Irena Kelečević. Die Beschäftigung in situ und die Recherche über den vorgefunden Ort sind dabei wichtige Ausgangspunkte. Ihre reduzierte, linear plastische Sprache lässt genug Platz für Assoziationen. Zwischen den angebotenen Kunstwerken und der erwarteten Rezeption eröffnen sich Möglichkeiten der Kommunikation und der aktiven Teilnahme. Die Künstlerin lädt die BesucherInnen auf vielfältige Weise ein sich auf räumliche Situationen einzulassen. Zu Irena Kelečević´s Arbeiten schreibt Ljubiša Simović, Kuratorin am National Museum Kraljevo (SRB): “[…]The balanced speech by simple, linear plastic means brings the communication with the open audience up to the highest registers of investment. Here, recollection is everything but the banal narration. And it is everything because it can not be without compassion and nostalgia. Thus another antinomy within the idea is confirmed in the most delicate way – in absence, the presence sediments the heaviest weight. [...]” . (Ausstellungskatalog IN ABSENTIA, National Museum Kraljevo, Kraljevo (SRB), 2008)

In der Ausstellung „In Between – Pattern Space“ in der Stadtturmgalerie thematisiert Irena Kelečević den Galerieraum an sich und die Geschichte des Ortes. Inspiriert durch den Raum, die historische Situation, die architektonische Form und die Menschen, die diesen Ort prägten, hat sie zwei Ebenen des Herangehens entwickelt. Zum einen die Recherchetätigkeit, die sich zum ersten Mal im Werk der Künstlerin in Form von Wandtexten ausdrückt, und zum anderen die formal sehr streng reduzierte Auseinandersetzung mit der Architektur. Aus architektonischer Sicht besonders markant empfindet die Künstlerin die Eingangssituation, die wie eine Passage oder Halle wirkt. Interessante Fragen des Dazwischen-Seins werden aufgeworfen - Vergangenheit und Gegenwart, Innen und Außen. Sie reagiert darauf durch eine bewusste Reduktion der formalen und farblichen Mittel. Ein Beschränken auf Schwarz-Weiß erlaubt der Künstlerin in den Raum einzugreifen ohne die räumliche Situation zu stören oder zu verändern. Ein Arbeiten mit Farbwerten wäre für die Künstlerin in diesem Raum nicht vorstellbar gewesen. Mit einer Intervention im Inneren der Galerie und im Innenhof des Stadtturms reagiert Irena Kelečević auf die spannende räumliche Gegebenheit mit einem historischen Teil und einem neuen Zubau. Eine architektonische Zeichnung des früheren Grundrisses wird am Boden angebracht, ein als abstrakte Form angelegtes Muster entsteht. Räume werden miteinander konfrontiert und der hintere Eingang fungiert als Verbindung zwischen alter und neu erfundener Situation. Die präzisen Eingriffe regen an zwei real nicht kompatible Räume zu sehen und in Bezug auf Raum und Zeit zu verstehen. Die BesucherInnen werden eingeladen den bekannten Raum in einer anderen Anordnung wahrzunehmen und einen neuen, außerhalb des Bekannten zu nutzen. In einer Serie von sechs reduzierten Zeichnungen, die speziell für diesen Raum angefertigt wurden, nimmt die Künstlerin das Motiv des Torbogens als Form und Metapher für einen Durchgang auf. Sie korrespondieren mit den Interventionen im Innen- und Außenraum und eröffnen Räume im Bildraum.

Die Recherche, die sich auf den historischen Ort der Galerie bezieht und sich mit dem Gebäude und den Menschen, die es bewohnten und benutzten, befasst, ist durch Textzitate an der Wand in der Ausstellung präsent. Neben der rein formalen findet damit auch eine sprachliche Auseinandersetzung mit dem Raum und dem Ort statt. Zum einen handelt es sich dabei um eine neutral anmutende Beschreibung über die Geschichte des Stadtturms. Historische Daten, die Funktion und die Beschreibung des Turms werden dabei aus verschiedenen Quellen exzerpiert. Zum anderen ist es die Geschichte einer spannenden Persönlichkeit: Maria Winterle. Sie war 33 Jahre lang die einzige weibliche Stadtturmwächterin Österreichs. Maria Winterles Biographie hat die Künstlerin besonders fasziniert und sie hat Erlebnisse aus dem bewegten Leben der Turmwächterin an die Wand. Schon in einem anderen Ausstellungsprojekt hat sich die Künstlerin mit einer historisch interessanten Frau auseinander gesetzt. Die berühmte serbische Malerin Nadežde Petrović hat 1904 die erste Jugoslawische Kunstausstellung ins Leben gerufen, die bis heute als Biennale stattfindet.

Auch an dieser Stelle der Ausstellung werden die BesucherInnen aufgefordert sich einzubringen und zu ProtagonistInnen zu werden.. Anstatt nur „zu sehen“ lädt die Künstlerin dazu ein im Galerieraum zu reagieren. Rahmen, die an vorgegebene Stellen verschoben werden können, eröffnen den Raum für neue Betrachtungsweisen. Irena Kelečević fordert dazu auf aus dem vorgefunden Text auszuwählen, Teile davon hervorzuheben und somit eine eigene Geschichte zu rahmen. Durch individuelle Interventionen wird die Wahrnehmung der Ausstellung und des Raumes verändert. Die Künstlerin wirft mit dieser Aufforderung die Frage nach einer objektiven Geschichtsschreibung auf. Ist dies überhaupt möglich? Was ist die Wahrheit? Oder ist Geschichte vielmehr ein subjektives Selektieren und ein zusammenfügen von Versatzstücken? Irena Kelečević regt mit dieser Intervention nicht nur dazu an historische Rezeption zu hinterfragen. In der Ausstellung bietet die Künstlerin auf höchst subtile Weise eine Reflexion der Raumwahrnehmung an und macht deutlich, dass es sowohl auf einer inhaltlichen als auch auf einer formalen Ebene relevant ist, welchen Blickwinkel man einnimmt. Cornelia Reinisch

only in german

In Between - Pattern Space
Irena Kelecevic

Ort: Stadtturmgalerie