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Mit dem in die Skulpturen integrierten naturhaften Geschehen, das dem Betrachter in den lebendigen Aktivitäten der Bienen begegnet, erschafft Jeanette Zippel eine neue Dimension der Skulptur. Die Bezeichnung „Belebte Skulptur" ist naheliegend und doch auch überraschend. Ihre Arbeiten beruhen gerade auf der vollkommenen Symbiose von Natur und Kunst.

Auch die „Bienengärten mit belebten Skulpturen" sind dadurch charakterisiert, dass das Leben der Bienen zum Werkbestandteil wird. Ein exemplarisches Beispiel konnte buchstäblich in letzter Minute in die Ausstellung einbezogen werden. Dieses Exponat weist plastische Formen auf, deren Gestaltung von einer frühen Darstellung der Artemis als Schutzgöttin der Bienen mit weiblichem Oberkörper und Bienenhinterleib als Unterkörper inspiriert ist. Hier hat die Künstlerin den autonomen Skulpturencharakter bewahrt. Die Skulptur ist nicht mehr direkter Bestandteil der Natur wie der gewachsene Baum, dessen scheinbare Verwurzelung Kraft suggeriert. Sie erscheint als selbständiges, eigenwilliges, fast denkmalhaftes Gebilde aus edel gezimmertem Eichenholz, das kleine Höhlen für die vor Ort lebenden Wildbienen in sich birgt bzw. in das Räume für den Naturwabenbau der Honigbienen integriert wurden. Andere Exemplare beziehen sich mit weißem Lavagestein, oder rotem Buntsandstein auf die Landschaft.

Für die „belebte Skulptur" gibt es in der Ausstellung trotz des existierenden Beispiels, mit dem Sie konfrontiert sind, keine wirklichen Belege. Dem präsentierten Werk fehlt das eigentliche Charakteristikum, die lebendigen Naturelemente mit ihrer pulsierenden Energie, die der Skulptur die Schwere nehmen, sie mit dem Zustand ständig sich verändernder Daseinsweise, mit dem Schweben, Fliegen, Sammeln, Summen, dem Aufbruch und Ortswechsel verbinden.

Der Begriff „Belebte Skulptur" erhellt in seiner Einfachheit, mit der Simples einleuchtet, wesentliche Merkmale des künstlerischen Werkkonzepts. Er trifft als Werkkennzeichen den Charakter der Naturprojekte, in denen Jeanette Zippel ein zwingend persönliches Anliegen vorträgt und mit weitgreifendem naturphilosophischen (antroposophischen und ökologischen) Gedankengut verknüpft.

Diese Projekte, die die in den Skulpturen lebenden Bienen direkt in die künstlerische Arbeit einbeziehen, verbinden Kunstwerk und Lebensraum im Bienengarten zu einer Einheit, sie bewahren den ununterbrochenen Dialog zwischen Kunst- und Naturprozeß.

Den Objekten und Grafiken, die hier zusammengestellt sind, liegen generell Erfahrungen zugrunde, die Jeanette Zippel in eigener praktischer Arbeit als Imkerin und in ständiger Auseinandersetzung mit den Bienenvölkern gewonnen hat. Neugier und Interesse an deren Lebensformen provozierten Vergleiche und ihre persönliche Suche nach Parallelitäten zur Sozialisation des Menschen.

Die Zuwendung zu Lebensvorgängen und dazugehörigem naturphilosophischem Gedankengut, die bei ihr eine forscherische Intensität annahmen, haben in der Form der ausgestellten Werke Eingang in die bildende Kunst gefunden. Die Ergebnisse, deren ausgesprochen ästhetischer Reiz hier auffällt, vermitteln durch die spezielle Größe, durch die Wirkung von Raum, Farbe und Licht das Gefühl, dass wir neben der speziellen Anmutung der Werke aus ihnen etwas über die Persönlichkeit der Künstlerin erfahren, die sie erfand. Sie wecken Assoziationen zu Leben und Sinnlichkeit, ohne dass diese Prozesse in Natur und Gesellschaft dargestellt wären, die als Einheit meist unerreichbar erscheinen.
Das Interesse von Jeanette Zippel scheint auch hier den emotionalen Reaktionen der Betrachter auf ihr künstlerisches Angebot zu gelten.Klar und verschwommen zugleich oszillieren Jeanette Zippels schwebende Formen zwischen Fläche und Raum und erschaffen so innerhalb der Komposition eine Spannung, in die sie den Betrachter mit einbeziehen. Jeanette Zippel spielt mit der „Psychologie des Materials". Der Werkkomplex BIENEnMENSCH stellt ebenfalls die im Titel genannte Beziehung ins Zentrum.Mit einfühlsamen kleinen und beeindruckend großformatigen Grafiken aus dem Jahr 2000 (Tusche und Bienenwachs auf Papier) gelingt es der Künstlerin auch hier, unsere Wahrnehmung von Natur durch das Setzen von Bildzeichen von ihrer gewohnten und selbstverständlichen Perspektive abzurücken und auf diesem Wege neue, unverbrauchte Einsichten zu gewinnen.
In diesen Arbeiten sind darstellerische Momente im Spiel. Als Schattenrisse erscheinen Schemen von Menschen an offenen Bienenkästen. Die Verschmelzung im Tun, in der Hinwendung zu den Bienen kontrastiert mit fragmentarischen Darstellungen der Schwarmbewegungen. Die gleichzeitig suggerierte Verschmelzung des arbeitenden Menschen mit dem Bienenkörper stellt die Künstlerin der Raumdynamik des Bienenvolkes gegenüber.

Der Mensch, dessen Körper, stehen für Konzentration, Verdichtung, Materialisierung, das Bienenvolk im Schwarmakt steht für Loslösen, Vergessen, Entmaterialisieren.

Auch hier werden wie im Werkkomplex „Bien transparent" die Ebenen in ihrer Wirkung durch den Materialeinsatz unterstützt. Bienenwachs in seiner durchsonnten Farbigkeit als sinnlich anmutendes energetisches Material verhilft der verarbeiteten Tusche zu rationaler Entfaltung.

© Text: Prof.Dr.sc.phil. Marieluise Schaum, Berlin

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Jeanette Zippel
Buchpräsentation "Belebte Skulptur" und neue Arbeiten