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Die Ausstellung bietet die Möglichkeit, eine in den siebzigern Jahren entstandene Sammlung sowjetischer Pressefotografie in ihrer Geschlossenheit zu betrachten.

Vom besonderen Interesse sind dabei nicht nur die durchweg künstlerisch hohe Qualität der Fotografien sowie die exzellente technische Ausführung der meisten Abzüge, sondern auch die Wahl der Motive, die einen guten Einblick in die Ideologie und die Kulturpolitik der Breschnew-Ära in der Sowjetunion gestatten. Die Sammlung besteht aus mehreren Konvoluten, die verschiedentlich kombinierbar auf Wanderaustellungen zu politischen Feierlichkeiten und Jubiläen oder auch ohne besonderen Anlaß in den Foyers der Presse- und Kulturhäuser, in den Hochschulen oder Armeeclubs gezeigt wurden. In der repräsentativen Auswahl der Künstler und Motive wie auch in der technischen Aufarbeitung ˆ fast alle Bilder sind ähnlich großformatig und deshalb eindeutig für die öffentliche Betrachtung bestimmt - kann diese Sammlung als eine partielle (ideologische) Fortsetzung, eine Art sowjetisches Äquivalent der berühmten >=Family of Man„ Edward Steichens bezeichnet werden. Eine weitere Gemeinsamkeit ist mit dem sowjetischen Kino der Zeit auszumachen.

Jahrzehntelang nach seinem Ende ist der Zweite Weltkrieg in der Sowjetunion ein wichtiges Thema geblieben, und wenn im Film der Krieg nachgespielt wurde, so konnten in der Fotografie von alten Negativen immer wieder neue Bilder abgezogen werden. Auch in der ausgestellten Sammlung sind alle Fotografen mit Aufnahmen aus dem Zweiten Weltkrieg bzw. dessen unmittelbaren Folgen vertreten. Neben den in Deutschland und speziell in Berlin bekannten Bildern von Nürnberger Prozeß Jewgeni Chaldejs und dem Berliner Straßenbahnfoto Iwan Schagins befinden sich hier Aufnahmen der im Westen wenig rezipierten russischen Kriegsfotografen, wie Wiktor Tjomin und Aleksandr Ustinow. Seltener sind auch Stalingrader Motive des Usbeken Georgi Selma, der als Dokumentarist des nachrevolutionären Kollektivismus mit einem künstlerisch ausgeprägten >=konstruktivistischen Blick„ bekannt geworden ist und dessen Werk vor kurzem in einer Retrospektive im Museum of Fine Arts in Santa Fe/ USA vorgestellt wurde.

Ähnlich wie die vergangenen Heldentaten des Zweiten Weltkrieges mußten für die Erziehung und Aufmunterung der vor sich dümpelnden sowjetischen Gesellschaft in der Stagnation der Breschnew-Ära auch die ideologischen Mythen Stalin`scher Vorkriegszeit ˆ Industrialisierung, heldenhafte Arbeit und Mutterschaft ˆ einstehen. Die Bergarbeiter und die Brigadenälteste als glückliche Mutter von Mark Markow-Grinberg oder die Kolchosbauern von Aleksandr Ustinow aus den dreißigern und den vierzigern Jahren müssen in der vollkommen lustlosen Welt der sozialistischen Arbeit wie Idealgestalten der griechischen Sagen gewirkt haben.

Nur wenige Zeitgenossen wurden als würdig empfunden, in die sowjetische >=Family auf Man„ aufgenommen zu werden: neben den eigenen Staatskünstlern und ˆhelden, wie der Bildhauer Sergej Konenkow, Marschal Georgi Schukow, Kosmonaut Juri Gagarin oder ein unbekannter Testpilot, sind es prosowjetisch eingestellte Weltprominenz aus Politik und Kultur: Fidel Castro, Salvador Allende, Ho Chi Min, Charlie Chaplin, sowie etnografisch - exotisch wirkende Bewohner von Tschukotka, von Dmitri Baltermanz in den sechzigern und siebzigern Jahren fotografiert.

Ergänzt wird die Ausstellung durch einige spätere signierte Abzüge Jewgeni Chaldej`s sowie durch sein Porträt, das wie dasjenige von Georgi Selma der Altmeister litauischer Fotografie, Aleksandras Macijauskas, angefertigt hat. Pressetext

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Krieg und Frieden - Sowjetische Pressefotografie
Arbeiten von Dmitri Baltermanz, Jewgeni Chaldej, Georgi Petrussow, Georgi Lipskerow, Mark Markow-Grinberg, Iwan Schagin, Wiktor Tjomin, Aleksandr Ustinow, Georgi Selma