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Zur der Trilogie »High and Low« wurde von Gagliardi Art System [Turin, I] ein Buch herausgegeben. Es ist in Kooperation mit dem Kunstverein Leipzig erschienen. Gefördert wird das Projekt durch die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia.

Nicht von heute auf morgen Von Mirja Lanz

Insgesamt fünf Jahre haben Magdalena Kunz und Daniel Glaser an ihrer Trilogie High and Low [2000-2005] gearbeitet. Nun ist es fertig, das Mammutprojekt, das trotz seinem Umfang flexibel gezeigt werden kann. Die Arbeit umfasst die relativ unabhängigen Zyklen Babelsberg, Flying High und Overnight, die jeweils aus einer fotografischen Serie, einem kinematischen Bild und einer Installation bestehen.

Darsteller und Dargestellte Menschen gibt es in allen drei Zyklen von High und Low. Und immer scheint in Zusammenhang mit diesen Menschen etwas ausser Kontrolle zu geraten. In Babelsberg stürzen anarchische Gestalten ihre eigene Inszenierung. In Flying High wird dem Gesetz [der Schwerkraft] getrotzt, zu gelten scheint nur das Credo aus dem Film La Haine: Jusqu'ici tout va bien. Und in Overnight, der narrativsten der drei Serien, fallen die Machtsymbole im Morgengrauen nach einer Party. Das menschliche Miteinander hat es in High and Low aber noch in anderer Hinsicht in sich, denn die kollektive Dynamik ist in der Inszenierung jeweils eindeutig gebrochen. Zu sehen sind eigentlich isolierte Personen, die einzeln im Studio fotografiert und anschliessend in der Gesamtkomposition collageartig zusammengefügt worden sind: Der virtuellen Künstlichkeit steht die intensive, persönliche Arbeit der Bildermacher mit den Modellen gegenüber. Eine merkwürdige Stimmung geht deshalb von den Szenen aus. Die Darsteller haben ein starkes Eigenleben, das sich trotz ihrer Inszenierung hartnäckig hält.

Bilderbühnen Neben der Darstellung von Menschen bildet die Bildherstellung mit digitaler Fotografie und ihre Möglichkeiten wahrscheinlich die deutlichste Konstante in den einzelnen Zyklen von High and Low. Ob ein apokalyptisches Szenario, ein schwereloser Flug oder eine bevölkerte Flugpiste im Abendlicht: Was real ausschaut, ist es meistens nicht, oder nicht so, wie vielleicht angenommen werden könnte. Besonders deutlich findet die Auseinandersetzung mit der Arbeit der Bildermacher im Zyklus Babelsberg statt, wo sich - der Titel verpflichtet - die Fronten zwischen den [inszenierten] Inszenierenden und der Inszenierung nach und nach verwirren. Ein Koloss im Bild beispielsweise, dessen Muskeln im gleichnamigen Gemälde von Goya noch hinterrücks bestaunt werden konnten, hat sich hier eindeutig emanzipiert. Mit herausforderndem Blick ortet der Riesenmann nicht nur die Betrachter, sondern auch die Bildermacher, worauf sich die Koordinaten verschieben - unangenehm, für letztere. Den Künstlern beginnt ihre apokalyptische Vision über den Kopf zu wachsen, die Inszenierung bricht über das Dickicht aus Scheinwerfern und Stativen herein.

Ein erweiterter fotografischer Augenblick Während die Fotografie im Zyklus Babelsberg nur in der Serie aus der Simultaneität geholt wird, ist der Faktor Zeit in den kinematisch realisierten Bildern und in den zwei anderen Fotozyklen direkt präsent. Mit dem digital darkroom als Werkstatt anstelle der Dunkelkammer geben Magdalena Kunz und Daniel Glaser die Fotografie als Basis nicht auf. Im Zyklus Flying High ist die Luft am dünnsten, der Raum am irrealsten. Menschen und Gegenstände fliegen oder fallen da, oder eher: ihre Konturen verschwimmen und verfächern sich, als ob keine Kontrolle möglich wäre über die Bewegung und den Augenblick, die eigentlich akribisch konstruiert wurden. Die detailreichen Szenen, in welche die Personen verwickelt sind, lösen sich in poetische, teilweise abstrakte Motive auf, die dann in der kinematischen Version auch zeitlich ineinander übergehen. Zwar handelt es sich dabei nicht um ein bewegtes Bild im eigentlichen Sinn, ein wichtiges Merkmal des Films wird mit dieser Technik aber in die Fotografie übergeführt: Die Bildmacher bestimmen, wie viel Zeit der Betrachter mit dem Einzelbild verbringt, was die Rezeption entscheidend verändert.

[Mirja Lanz hat Literatur und Kunstgeschichte in Zürich studiert und arbeitet als freiberufliche Autorin]

Magdalena Kunz, 1972 geboren in Zürich, lebt und arbeitet in Zürich 2000 - 2005 Trilogie High & Low [fotografische Bilder, kinematische Bilder, Objekte] 1999 - 2002 Forschungsprojekt [HGKZ/ETHZ] Design und Entwicklung [Nahtlose Kleidung], Modekollektionen, Objekte und Installationen 1995 - 1999 Hochschule für Kunst und Gestaltung Zürich 1993 - 1995 Architektur [ETH Zürich, Hochschule für Angewandte Kunst Wien] Daniel Glaser, 1963 geboren in Olten, lebt und arbeitet in Zürich 2000 - 2005 Trilogie High & Low [fotografische Bilder, kinematische Bilder, Objekte] 1997 - 1999 Spielfilmdrehbücher 1995 - 1996 Experimentalfilme 1992 - 1994 Dokumentarfilme 1988 - 1991 Studium Kunstgeschichte und Film Einzelausstellungen 2006 Kunstverein Leipzig | Platform, Freiburg | Galerie GAS [Gagliardi Art System], Turin

Gruppenausstellungen 1999-2002 Talente 2000 München | Galerie zum Handwerk, München | Designcenter Langenthal | Spielzeugmuseum Tokio | Prix Bolereo Zürich

Video- und Filmfestivals 1989-1999: Schweizer Fernsehen TV DRS | Solothurner Filmtage | Filmfestival Talinn | Short Film Festival Toronto | European Filmfestival Hannover | Schweizerische Jugendfilmtage Zürich | Viper Luzern und Basel

Stipendien 1989-2006: Artists-in-Residence Leipzig | Förderpreis der Hochschule für Gestaltung Zürich | Talente 2000 München | Contemporary Toy of the Year Okayama | Auszeichnung Viper Luzern | Springender Panther | Goldene Schere | Nachwuchsförderpreis der UNICA

Pressetext

only in german

Magdalena Kunz / Daniel Glaser
»High and Low«
fotografische und kinematische Bilder