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Marzia Migliora's raumgreifende Installation "My no man's land" nimmt die Problematik der "Boatpeople" zum Ausgangspunkt, mit der sich die italienische Öffentlichkeit immer wieder konfrontiert sieht. Auslöser war ein Flüchtlingsdrama im Frühjahr 2007. Ein überfülltes Flüchtlingsboot wurde in den neutralen Gewässern vor der maltesischen Küste gesichtet und bei schlechten Wetterbedingungen sich selbst überlassen. Mit dem Befehl der maltesischen Regierung "überwachen und Abstand halten", ignorierten die AFM-Patrouilleboote (Armed Forces of Malta) Hilferufe und eine mit einem roten Kleidungsteil bestückte Behelfsfahne. Sie ließen das Boot in italienische Hoheitsgewässer treiben und übertrugen die Verantwortung und die Aufnahme der Flüchtlinge auf die italienische Regierung. Eine Rettung kam dann allerdings zu spät. Das Schiff - sarkastisch als "Geisterschiff" bezeichnet - sank.

"Wie kann man zu dem reisen, wovon man sich nie entfernen kann?", fragte sich Beckett in einem seiner Tagebücher. Beckett beschreibt sein Werk als My no-man's-land. Marzia Migliora entleiht diese Definition und stellt eine Parallele zur offenen See her, dem Teil neutralen Meeresgebietes, in dem alle Staaten Rechte haben, sich aber oftmals ihren zivilrechtlichen und moralischen Pflichten entziehen. Als rote Neonschrift "Monitor and Keep at a Distance" nimmt Marzia Migliora die Anweisung an die Patrouilleboote auf. Sie stellt die Regularien einer, von ökonomischen Interessen gesteuerten Gesellschaft, der Unfassbarkeit der auf der rein menschlichen Ebene unterlassenen Hilfeleistung gegenüber.

Drei Rettungsringe aus weißer Seife, eine Serie von surreal anmutenden schwarz- weiß Zeichnungen, inszenierte Fotografien und das Video "I saw my fortune in the open sea" vervollständigen die Ausstellung. "My no man's land" fokussiert die wichtigsten Themen, mit denen sich die Künstlerin in ihrer Arbeit beschäftigt: Sehnsucht, Erinnerung, Verlust und die Frage nach der eigenen Identität werden in einen gesellschafts-politischen Zusammenhang übertragen und mit Verweisen aus Literatur und Theater ergänzt.

Marzia Migliora ist 1972 in Norditalien geboren. Sie lebt und arbeitet in Turin. Seit Ende der 90er Jahre hat sie an vielen internationalen Ausstellungen teilgenommen. Ihre wichtigsten Einzelausstellungen sind: 2007, Bianca and her Opposite, in der Galerie Lia Rumma, Mailand; 2006, Tanatosi, in der Foundation Merz, Turin; 2005, The Agony & The Ecstasy, im Fact, Liverpool; Download now, im Italian Cultural Institute von London; 2004, Appassionata, im MART, Museo d'Art Moderna e Contemporanea in Rovereto und Pari o dispari, in der Fondazione Sandretto Re Rebaudengo, in Turin sowie 2001, Punto croce im GAM, Galleria Civica d'Arte Moderna e Contemporanea in Turin.

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Marzia Migliora
My no man's land