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Die Zeichnungen des in Kairo lebenden Künstlers Shady El-Noshokaty (*1971) bilden in ihrer fantastischen, aber auch beklemmenden Motivik neben seiner gesellschaftstheoretischen Video- und Installationskunst ein sehr privates »Archiv der Emotionen« – Tagebucheinträgen vergleichbar. Sie verbinden Elemente altägyptischer Mythologie mit anatomisch-pathologischen Illustrationen. Die kleinformatigen Blätter zeigen mit feinsten Ölstiften gezeichnete entkörperlichte Organe und fragmentierte Körper, die geschmückt und in einen silbernen Schimmer getaucht auferstehen zu einem glänzenden Nachleben. Die Zeichnungen berühren Fragen nach Tod, Wiederauferstehung und Unsterblichkeit und somit zentrale Themen der ägyptischen Kulturtradition. So erzählt etwa der altägyptische Osirismythos die Geschichte des Gottes Osiris, dessen Körper von Seth zerstückelt und über das Land verstreut wurde. Die Göttin Isis sammelt die zerstreuten Glieder wieder ein, fügt sie zur Gestalt des Körpers zusammen und führt diesen damit ins Leben zurück. Der Mythos des Osiris entfaltet damit ein Konzept des Erinnerns als einen Prozess der Fragmentierung und der Re-Kollektion des Körpers und ist geknüpft an ein Körperritual – das der Einbalsamierung – wodurch die Person als Ganzes unter den Bedingungen des Gestorbenseins wiederhergestellt und in eine symbolische Gestalt überführt wird. Dieser Körper stellt keine Einheit mehr dar, sondern ist ein »konstellativer Körper«, der aus der Vielheit disparater Glieder neu zusammengeführt wird. Shady El-Noshokatys Zeichnungen halten die Momente der Transformation und Veredelung der disparaten und entstellten Glieder fest. Die Ausstellung der Zeichnungen findet parallel zu der von Almut Sh. Bruckstein Çoruh und Hendrik Budde kuratierten Ausstellung »Taswir – Islamische Bildwelten und Moderne« (5. November 2009 bis 18. Januar 2010) im Martin-Gropius-Bau in Berlin statt, in der Shady El-Noshokaty ebenfalls vertreten sein wird.