press release

REMISE

Eröffnung: 11. März 2016, 19 Uhr
Künstlergespräch: 18. Mai 2016, 19 – 23 Uhr

Das Schaffen der Künstlergruppe FAMED lässt sich als ein Reflexionsprozess beschreiben, der die konstitutiven Ordnungen des Kunstfeldes untersucht. Durch die Verkettung von Verweisen und Zitaten in bildlicher wie schriftlicher Form werden Denkräume konstruiert, in denen die Reflexion über sich selbst sowie über andere Akteure innerhalb und außerhalb der Kunstwelt stattfindet. Dabei werden fortwährende Rollen- und Perspektivwechsel provoziert, zu deren Mitvollzug Besucherinnen und Besucher des Kunstvereins eingeladen sind.

In der Ausstellung findet eine solche Auseinandersetzung in Hinblick auf das Potential des Neuen und Einzigartigen statt, dessen stets eingeschriebenes Scheitern im Titel AVANTGARDE & DESASTER behauptet wird. Wie in vergangenen Präsentationen von FAMED entsteht das Bild einer Gesamtinszenierung, ein Narrativ in dem sich die neuproduzierten Arbeiten ergänzen, verflechten und weiter erzählen. FAMED verschreibt sich der Neukonnotation von Konzepten und Kategorien; nicht selten mit wortspielerischer Leichtigkeit oder in Form des (selbst)ironischen Kommentars. Sprache und ihre Übersetzung in Schrift spielen dabei eine tragende Rolle. Die Begriffe Avantgarde und Desaster spiegeln sich in unterschiedlichen Ausprägungen in den einzelnen Arbeiten wider. Während der Titel der Ausstellung einen konkreten Zusammenhang und die gegenseitige Einschreibung respektive Abhängigkeit suggeriert, bedienen sich die Werke viel mehr einzelner Aspekte des Einen oder des Anderen und nehmen eher spielerisch Bezug auf die aufgestellte These. Sie changieren im Dazwischen.

Explizit wird das beispielsweise in Room for an Anwser, einer Leuchtschriftinstallation in den fünf Rundbogenfenstern der Außenfassade des Remisengebäudes. Alternierend leuchtend sind die Worte „Truth“ und „Trash“ zu lesen. In der Positionierung zwischen diesen beiden Polen liegt nur die halbe Wahrheit; der Lichtwechsel wird zu einem buchstäblichen Augenzwinkern. Eine weitere Arbeit, die den Raum dazwischen auf exemplarische Art und Weise füllt, ist Manifest einer Strömung. Zu erfahren ist ein Meer von Luftballons in Buchstabenform, das sich durch Ventilatorenluftströme und die Bewegung der Besucherinnen und Besucher ständig neu formiert. Es handelt sich um eine Textarbeit, die aufgrund der ständigen Zirkulation weder lesbar noch kontrollierbar ist, aber gerade deshalb die Möglichkeit des Universellen in sich trägt. Der Widerspruch des Festgeschriebenen im Manifest im Verhältnis zum ständig Neuen ist ein charakteristisches Problem der Avantgarde. Die Buchstaben verbinden sich im Auge der Betrachtenden zu Wörtern, bilden möglicherweise einen Satz. Sie stiften Sinn oder bleiben sinnlos. Sich gängiger Deutungsmuster gleichermaßen zu bedienen wie zu entziehen ist die künstlerische Strategie von FAMED. Auf eine gewisse Widerständigkeit gegenüber einer konkreten Zuschreibung ihrer künstlerischen Praxis verweist schließlich der Titel einer Arbeit, die allein einen einzigen Autoscooter im Ausstellungsraum bezeichnet:
Du fragst zu früh. Wir können dir nicht helfen.

FAMED wurde 2003 in Leipzig gegründet. Seitdem hatte das Kollektiv Einzelpräsentationen u.a. im CCA Andratx (2016), der Kunsthalle Bremerhaven (2013), Auf AEG Nürnberg (2012), im Kunstmuseum St. Gallen (2011) sowie dem Museum der Bildenden Künste Leipzig (2010) und war in zahlreichen Gruppenausstellungen auf nationaler und internationaler Ebene vertreten.