press release

Gang Zhao "Hermeneutics and Deconstruction"
07.09.2019 - 19.10.2019

Opening: Friday, 06.09.2019 18:00-22:00
DC Open hours: Saturday, 07.09. & Sunday, 08.09.

Symbole dienen dem Verstehen. Aber nach welchen Symbolen kann ein Künstler im Jahr 2019 suchen, der sich mit der Zensur der Freiheit des nackten Körpers auseinandersetzt und dabei zwischen asiatischer und westlicher Sicht changiert? Die Frau einmal mehr nackt auf die Leinwand zu bringen, ist erster Schritt der kontinuierlichen Auflehnung gegen ein politisches System, das den 1961 in Beijing, China geborenen Maler Gang Zhao seit jeher begleitet. Zhao Gang wuchs in China auf, verbrachte dann die 80er und 90er Jahre in New York, bevor er 1997 wieder nach Peking zurückkehrte. Als Künstler mit bilateralem Erbe reflektiert er kanonisierte westliche Positionen aus einer transkulturellen Perspektive. Einerseits spaltet die Hybris der chinesischen Reglementierungen nackte Körperlichkeit in etwas Unnatürliches, Dekadentes, das Konsumierende schlichtweg zu überfordern droht. Auf der anderen Seite herrscht anstelle eines moralischen Zwangs ein ästhetischer. Innerhalb der Reichweite von Facebook gilt „L’Origine du monde“ zwar nicht mehr als unanständig, in der westlichen Kultur sind wir nun jedoch mit der Präsentation des, wie Laura Mulvey es nennt“, Perfekten Produkts konfrontiert – der Kastrationsdrohung, dem Fetischobjekt, der Mutter. Die für die Ausstellung produzierte Arbeit, ein weiblicher Akt im länglichen Großformat, Öl auf Leinwand, wurde von Zhao Gang ursprünglich als Gesamtes gemalt. Im Ausstellungsraum allerdings erscheint das Werk in kleine Stücke zerschnittenen auf die Wände verteilt. Die durchaus ironische Anspielung auf die mediale Zensur in China und das ideologisch verklemmte Pornografie-Verbot der Volksrepublik trägt über nationale Grenzen hinaus. Auch im Titel der Arbeit schwingt ein ironischer Unterton mit. Doch ist das Werk durch die Metapher der Zerstückelung von innen heraus geprägt und strebt so jenseits von Ironie danach, befreiende Konzepte durch den Körper hindurch nach außen zu projizieren. Die Präsentation des Nackten ist immer noch politisch. Was zumindest zurzeit in China nur bedingt als Cyberrevolution gelingen kann, schafft hier die fragmentierte Leinwand. Thematisch auf Altlasten von kaiserlichen Systemen, ihrer Politik und ihrem Vermächtnis rekurrierend, funktioniert Gang Zhaos Werk als Aufforderung: In dem Blick auf den nackten Körper haben wir die männliche, erotisierende Perspektive auch in Europa nicht vollständig abgelegt. In Hermeneutics and Deconstruction können die Betrachter den eigenen Blick reflektieren und dekonstruieren. Als ständige Zeugen massiver Visualisierung perfekter und ganzheitlicher Körper könnten sie hier lernen, für Details empfänglich zu werden und das Bedeutungsvolle im Segment zu erkennen. Letztendlich berührt dieser Akt die Selbstwahrnehmung empfindlich, denn hier werden Facetten einer weiten Emotionspalette gespiegelt, die an die Erfahrungen unterdrückter, zensierter, in ihrer Freiheit zerstückelter Frauen und Männer anlehnt.

GANG ZHAO
born 1961 in Beijing, China
lives and works in New York & in Beijing