press release

Eröffnung: Mittwoch, 25. Mai, 19 Uhr

Gesellschaftliche Umbrüche in Afrika aber auch in Berlin nach dem Fall der Mauer, wissenschaftlichen Diskussionen um die Atomspaltung, archäologische Forschungen zu prähistorischen Felsmalereien, kunsttheoretische Diskurse, religiöse Mythen und Rituale indigener Völker: Den Arbeiten des Kölner Künstlers Harald Fuchs (* 1954) liegen disparate Disziplinen und Praktiken zugrunde. Durch zahlreiche Reisen sind ihm viele afrikanische Länder vertraut, als Forschungsreisender bewegt er sich aber auch durch Naturwissenschaft, Religion, Kunst und Alltag. All diesen Feldern entnimmt Fuchs Denkansätze und Bilder, die er collageartig in komplexe Projektionen und Installationen transformiert. Dabei entstehen Geflechte aus veränderlichen Sinneseindrücken und Sinnzusammenhängen. Fragen nach der Halbwertszeit von Geschichte und deren Repräsentationen, nach Erkenntnis und deren Vermittlung durchdringen sich auf sinnlich eindrucksvolle Weise. Der Kunstverein Tiergarten zeigt multimediale Licht-, Objekt- und Spiegelinstallationen sowie fotografische Arbeiten von Harald Fuchs in einer umfassenden Einzel­ausstellung.

In der Ausstellung Der Teil und nicht das Ganze rattern Diakarusselle, und Overheadprojektoren dienen nicht allein der Bildprojektion. Die technischen Geräte sind Bestandteile der Arbeiten und verweisen in ihrer Materialität auf die Geschichte der Medien. Harald Fuchs arbeitet vielfach mit analogen Mitteln und betreibt im Rahmen der Medienkunst insofern eine mediale Archäologie.

In einer Serie großformatiger Fotografien mit dem Titel „Bildpartikel“ wird die Fragmentierung von Bildern thematisiert. 2015 unternahm Harald Fuchs eine Reise nach Namibia, wo er gemeinsam mit Archäologen die Bildsprache prähistorischer Felsmalereien erforschte. In Windhoek wurde er dabei zufällig auf eine Schauvitrine der ehemaligen chinesischen Botschaft aufmerksam. Die dort gezeigten Propagandafotografien waren maximal 5 Jahre alt, durch Sonneneinwirkung aber stark beschädigt und nur noch fragmentarisch erkennbar. Die Lesbarkeit ist hier ebenso beeinträchtigt wie im Falle der prähistorischen Malereien. In historisch weit voneinander entfernten Kontexten stellen sich insofern ähnliche Fragen nach Erkennen und Sinn.

Die jüngere Berliner Vergangenheit thematisiert Harald Fuchs in einer mehrteiligen Installation zum Palast der Republik. Wie schnell das zuvor Gültige verblassen und selbst seine steinernen Zeugen verlieren kann, zeigt der Abriss des Palastes. Kurz vor dem endgültigen Abriss hat der Künstler den skelettierten, verlassenen Bau filmisch dokumentiert. Zufällig war ein Fuchs in das Gebäude gelangt, der verletzt und orientierungslos durch die Relikte des einstigen Repräsentationsbaus irrte. Eine der Arbeiten in der Ausstellung bezieht sich in ihrem Titel auf den berühmten Ausspruch Albert Einsteins, mit dem dieser sich gegen stochastische Methoden der Quantenmechanik gewehrt hat: „Gott würfelt nicht“. Die Triade Einstein – Gott – Spiel fasst die in den Arbeiten von Harald Fuchs aufgeworfenen Fragen lakonisch zusammen: Gibt es Erkenntnis? Gibt es Gott? Und gibt es den Zufall?

Kuratiert von Claudia Beelitz und Ralf F. Hartmann