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„I Was Once Lonelyness“ ist eine Gruppenausstellung, in der zeitgenössische Künstler verschiedene Formensprachen der Abstraktion verwenden, um eine Brücke zwischen dem materiellen und dem immateriellen Raum zu schlagen. Zu Zeiten immer neuer digitaler Plattformen erleben wir einen einzigartigen Moment in der Geschichte, in dem wir gleichzeitig physische und immaterielle Welten bewohnen und uns zwischen ihnen bewegen. In dieser Ausstellung treffen Künstler aus aller Welt aufeinander und gehen diesem Zustand in ihren Gemälden, Skulpturen, Installationen, Arbeiten auf Papier und Fotografien nach.

Fern jeder wiedererkennbarer Form wird Abstraktion oft als eine reine Art der schöpferischen Arbeit angesehen. Vom Anfang bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts betonten abstrakte Künstler, von Russland über Europa bis nach Amerika, die radikale Gegenstandslosigkeit ihrer Arbeiten und wandten sich bewusst von der bekannten materiellen Welt ab, um Stimmungen als Ausgangspunkt zu nutzen. Doch wie nehmen sich zeitgenössische Künstler dieser Aufgabe an? Der Titel der Ausstellung geht zurück auf eine Redewendung, die der afrikanische Künstler Moshekwa Langa geprägt hat – ein aufrichtiger Ausdruck, der auf tiefempfundenen Gefühlen basiert. Die Wiedergabe der fehlerhaften Rechtschreibung des Wortes „lonelyness“ betont die Dominanz des Gefühls über die realistische Darstellung.

Arbeiten von Künstlern wie Mary Ramsden (geb. 1984, Großbritannien), Hayal Pozanti (geb. 1984, Türkei), Samara Scott (geb. 1984, Großbritannien) und Michael Staniak (geb. 1982, Australien) beziehen sich auf die Bildschirmtechnologie. In ihren Bildern überlagern sich abstrakte Zeichen und Formen, was Assoziationen mit übereinander geöffneten Fenstern in der digitalen Welt oder mit Fingerabdrücken auf Touchscreen-Geräten hervorruft. Klar ersichtlich sind diese Anspielungen sowohl in Ramsdens Plasma Grenade, part two (2015) als auch in Staniaks TGA_344 (2015). Der Effekt ist: instabile, schwer greifbare Räume, die an schillernde Flüssigkristallbildschirme erinnern.

Welche Rolle hat Malerei im Ausdruck der heutigen (im)materiellen Welt? Wie kann sie reagieren auf diesen Raum? Wie kann sie gleichzeitig solide Materialität und gelöste Fluidität suggerieren? Der digitale Raum wird charakterisiert durch eckige Flachheit und glatte Oberflächen: angeschnittene Inhalte und sich überlagernde Fenster verdichten die Räumlichkeit. Mit Arbeiten wie Banner Blindness (2014-15) macht Pozanti Anspielungen auf das eckige Format von Apps wie Instagram. Handgemalte eigentümliche Formen halten den Betrachter dazu an, über unseren digitalen Konsum nachzudenken und den Diskurs „Mensch gegen Maschine“ in Frage zu stellen. Auch Scott deutet exzessiven Konsum an, indem sie oberflächliche, fragile oder zarte Materialien übereinander legt, wie in ihrem Bildteppich Paris Melts II (2014), hergestellt aus Toilettenpapier und ungewöhnlichen Pigmenten, die sie aus Shampoo, Limonade und Duschgel gewonnen hat.

Jose Davila (geb. 1974, Mexiko) und Asim Waqif (geb. 1978, Indien), beide ursprünglich als Architekten ausgebildet, beschäftigen sich mit den vorläufigen oder instabilen Aspekten unserer physischen Materialität. Davilas Arbeiten nutzen Balance und Spannung, um den unausweichlichen Kampf der Menschheit gegen die Schwerkraft hervorzuheben, ungeachtet der Fortschritte unseres digitalen Zeitalters. Seine bisher monumentalste Installation erscheint merkwürdig flüchtig und ist doch in perfekter Balance. Die systematische Form des Marmors erinnert an ein fehlerhaftes Bild, das auf dem Bildschirm erstarrt und sich leicht bewegt.

Waqif gewinnt komplexe Strukturen aus weggeworfenen Materialien. Seine an Architektur angelehnten Formen sehen so aus, als ob sie zusammenbrechen könnten. Seismo-logic (2014) bezieht sich auf zwei Fotografien eines Gebäudes in Delhi. Das Gebäude sollte bereits vor über zehn Jahren abgerissen werden, da es gegen die Bauordnung verstoßen hatte, doch bis heute existiert es in einem halbabgerissenen Zustand – was ihm gleichzeitig eine materielle und immaterielle Wirkung verleiht.

Beto Shwafaty‘s (geb. 1977, Brasilien) Tripartite Reunited (2011-13) betrachtet die mathematische Form eines Möbiusbands – ein geschlossenes Band mit einer halbverdrehten Seite. Diese abstrakte Form ist in verschiedenen Bereichen aufgetaucht: in bildender Kunst, Design, Architektur und sogar in der corporate identity. Sie hat also sowohl eine materielle als auch eine immaterielle Präsenz, eine die konkret ist und eine die wandernd und nicht greifbar ist. Die Arbeiten von Joel Morrison (geb. 1976, USA) spielen mit traditionellen kunsthistorischen Referenzen, die ineinander übergehen und sich in neue Formen verwandeln. Mit einer unbeschwerten Anspielung auf die Popkultur reflektieren seine elaborierten Skulpturen aus Edelstahl ein immaterielles Bild, auf einer Oberfläche aus wellenförmigen abstrakten Linien und Rundungen.

Mit Hilfe der abstrakten Formensprache zeigt die Ausstellung Wege auf, auf denen wir uns heutzutage zwischen dem materiellen und dem immateriellen Raum bewegen und hält die Essenz dieses Moments fest.