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27.05.2023 - 08.07.2023

rosalie – Über den Mai hinaus

Als Gudrun Müller (1953–2017) ihren bürgerlichen Namen gegen ihr Künstlerinnen-Ich ›rosalie‹ eintauschte, machte sie sich über den Tod hinaus zeitlos. »rosalie« ist mehr als eine Person: Das Pseudonym ist Persönlichkeit, Institution und Gesamtkunstwerk in einem. Anlässlich ihres 70. Geburtstags feiern wir ein Werk, das gleichsam Malerei, Skulptur, Fotokunst, Lichtpoesie und Raumvision in einem ist. Noch immer ist das gesamte Werk kaum umfassend vorstellbar. Es spielt mit der Vergangenheit und mit der Zukunft, setzt antikes Theater und virtuelle Phantasie ineins – eine Ausstellung kann aber nur ausschnitthaft die Idee des Gesamtkunstwerks abbilden, das in Wagnerscher Opulenz das mediale Zeitalter erobert hat. In der zweiten Einzelausstellung zum Werk rosalies, die wir zeigen, liegt das Gewicht auf der Malerei. Unter der Gewissheit, dass Farbe Licht, Licht jedoch nicht immer nur Farbe, sondern auch Bewegung im Raum sei, muss man rosalies Kunst jedoch als Ganzes denken, als Gedankenraum, der das Licht begreifbar macht. Ihre unbändige Phantasie konfrontierte rosalie ausdrücklich immer mit der Realität, und ihre teilweise krasse Materialwahl, die sie selbst aus einer Besessenheit herleitet, orientierte sich mehr an den Gegebenheiten ihrer Zeit und am Eigenleben des Materials als an dessen tradierten Vorstellungen. Ihre Kunst sah sie nicht auf einem Sockel, »sondern als Freiheit einen Millimeter über dem Material«. Kunst und Leben waren für sie zwei Seiten einer Medaille. »Meine Lieblingsfiguren sind der Purzelbaum, der Salto mortale, der Luftsprung und der Aufprall… Wie es ausgeht, kann ich nicht vorhersagen.« Mehr Lebenswille, auch über den Tod hinaus, geht nicht.

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Kurzvita

1953
geboren als Gudrun Müller in Gemmrigheim a.N.

1974–78
Studium der Germanistik und Kunstgeschichte an der Universität Stuttgart

1975–82
Studium Malerei, Grafik und Plastisches Arbeiten an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart

1977–82
Studium Bühnen- und Kostümbild ebenda bei Prof. Jürgen Rose

seit 1979
weltweite Aufträge für Bühnen- und Kostümbilder für Oper, Schauspiel, Ballett und Film

1994–95
Gastprofessur an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart

1994–98
Bühnenbild und Kostümbild für die Bayreuther Festspiele (»Der Ring des Nibelungen«) als erste Frau weltweit

1995–2017
Professorin an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach a.M., Fachbereich Visuelle Kommunikation, Bühnen- und Kostümbild

2017
gestorben in Stuttgart