press release

In ihrer neuen Ausstellung in der Barbara Gross zeigt Simone Lanzenstiel Leinwandarbeiten und Wandmalerei, die sie in den Raum hin erweitert. Von den Bildern ausgehend entwirft die Künstlerin einen 'Mal-Raum' und löst dabei die Malerei aus der Zweidimensionalität heraus. Neben Acryl- und Sprühfarben verwendet sie unterschiedliche Materialien wie Holzlatten, Plastikfolie, Vliesstoff, Klebeband und Papiersäulen. Diese werden dadurch zu alternativen Bildträgern und agieren selbst als Linien und Formen im Raum. Die großformatigen Leinwände funktionieren dabei als Weichenstellungen und lenken die Linien in einen vielschichtigen, dreidimensionalen Raum.

Die aus dem Alltag entlehnten einfachen Materialien sind Relikte aus dem urbanen Raum, die Lanzenstiel malerisch verarbeitet und zu scheinbar zufällig arrangierten, raumgreifenden Ensembles kombiniert. Lanzenstiel lässt sich von der 'Patina der Stadt', von Baustellen, herabgerissenen Plakaten und Spuren an Hauswänden inspirieren, die sie dann in die Sprache der Malerei übersetzt. Die Leichtigkeit der Zusammenstellungen ermöglicht ein fast beiläufiges Ineinanderfließen der verschiedenen Bildträger.

Die Linie ist dabei Ausgangspunkt ihres prozesshaften Arbeitens, sei sie linear, kreisförmig, verblassend oder Kontur gebend. Die weiße Farbe ist ihr Gegenspieler – mal grundierend, mal abdeckend, mal selbst Linie. In den neuen Arbeiten erscheint das Weiß sehr lebendig und aktiv und lässt feine Farbnuancen von vorausgegangenen Setzungen hindurch schimmern. Die Leinwand gewinnt an Tiefe. Die unterschiedlichen Weißtöne, insbesondere die grau- und gelbstichigen erinnern wieder an Schmutzspuren in den Straßen der Stadt.

Daneben taucht häufig das roh belassene Nesselmaterial der Leinwand auf. Aussparungen erscheinen als Negativformen von Linien oder Farbflächen. Linien in knalligen Farben wie magenta, blau, grün und schwarz bewegen sich auf und in der Fläche. Wie ein feiner Nebel - als Kontrast zu den dezidierten Pinselstrichen - weichen Spuren aus Sprühfarbe die Konturen auf. Dieses Spiel von Gegensätzen verleiht den Arbeiten einen pulsierenden Rhythmus. Freiraum und Verdichtung, Rauheit und Schönheit, Schärfe und Unschärfe erscheinen im dauernden Wechsel.

Die Arbeiten zeigen vor allem das Ausbrechen aus den konventionellen Mitteln der Malerei und der Leinwand an sich, andererseits akzentuiert Lanzenstiel in diesen Arbeiten wieder den Rahmen. Feine Linien verlaufen an den Bildrändern und geben den raumgreifenden, in alle Richtungen, teils aus dem Bild heraus strömenden Bewegungen einen Widerpart.