press release only in german

Die Frage, was Kunst ist und im ausgehenden 20. Jahrhundert noch sein kann, bestimmt nicht nur die zeitgenössische künstlerische Produktion, sondern auch die Praxis der Kunstinstitutionen, die Kunst sammeln, erforschen, bewerten und präsentieren.

Die Ausstellung ein|räumen ARBEITEN IM MUSEUM stellt sich dieser Situation. Sie reagiert auf eine wesentliche Erfahrung im Umgang mit Kunst im 20. Jahrhundert, darauf, dass zahlreiche Künstler ihr Interesse in den vergangenen Jahrzehnten nicht mehr auf die Ausdifferenzierung tradierter Gattungen legten, sondern nach den verbleibenden Möglichkeitsbedingungen von Kunst fragten. Zunehmend reflektieren sie den Kunstbetrieb selbst, vor allem die Institution Museum. Sie hinterfragen die Praxis des Ausstellungsbetriebes, intervenieren und erkunden neue Spielräume.

Seitdem Marcel Duchamp die retinale Kunst verwarf und mit seinen Ready-mades die Grenzen des Kunstdiskurses auslotete und erweiterte, gehört es zur künstlerischen Praxis, das Teilsystem Kunst als Moment einer gesellschaftlichen und sozialen Wirklichkeit zu begreifen. Anstatt geschlossene Werke zu produzieren, haben viele Künstler in den vergangenen Jahrzehnten die Beziehung von Kunst und ihren Kontexten untersucht.

Ausgangspunkt für ein|räumen ARBEITEN IM MUSEUM sind Arbeiten der Pioniere der Institutionskritik, die bereits Eingang in den Sammlungsbestand der Hamburger Kunsthalle gefunden haben. Die Ausstellung erweist ihnen ihre Referenz. Arbeiten von Marcel Duchamp, George Maciunas, Claes Oldenburg, Ben Vautier, Robert Filliou, Gordon Matta-Clark, und Blinky Palermo verweisen auf längst historisch gewordene Positionen kritischer Interventionen.

ein|räumen ARBEITEN IM MUSEUM erlaubt Rückblicke auf ein Jahrhundert systemkritischer künstlerischer Arbeit und eröffnet zugleich den Raum für gegenwärtige Auseinandersetzungen. Zeitgenössische Künstler reagieren auf die konkrete Museumspraxis der Hamburger Kunsthalle. Aktionsfeld sind 12.000 Quadratmeter öffentlichen Raums, die drei Gebäude des Gesamtkomplexes mit ihren historischen Anspielungshorizonten und ihren aktuellen Funktionen.

Somit durchkreuzt ein|räumen ARBEITEN IM MUSEUM die heute übliche Museumspraxis: die Trennung von Sammlung und Sonderausstellungsbereichen. Sie macht das Museum mit seinen ganz unterschiedlichen Praxisfeldern zum Ort einer dialogischen Tätigkeit: einer kritischen Auseinandersetzung mit den impliziten Regeln der Institution Kunst und damit verbunden, der Wirklichkeit des Museums. Die Praxis der Museumsarbeit wird nicht nur durch die kunsthistorische Forschung bestimmt, sie hängt zugleich von rechtlichen Rahmenbedingungen, politischen Interessen, finanziellen und personellen Möglichkeiten ab.

Zur Disposition stehen somit nicht nur die vier funktionalen Säulen des Museumsbetriebes, Sammeln, Bewahren, Erforschen und Vermitteln, sondern auch alle weiteren Aspekte musealer Arbeit: Eigentumsverhältnisse und Aneignungsmodalitäten, Sammlungswürdigkeit und Ausgrenzung, Archiv und Inventar, Klassifizierungs- und Katalogisierungsweisen, Kanon und Differenzbildungen, Konservatorik und Sicherheit, Finanzierung und Verwaltung, Baukörper und Rechtsform, Konstruktions- und Dekonstruktionsprinzipien.

Künstler können sich hier auf eine bestehende, historisch besetzte und gegenwärtig auf eine ganz bestimmte Weise gestaltete Museumspraxis beziehen und handelnd neue Spielräume erproben. Künstlerische und kunsthistorische Praxis sind auf diese Weise notwendig aufeinander bezogen; sie reflektieren sich gegenseitig und erweitern den Horizont der konkreten und theoretischen Museumsarbeit. Was Kunst ist und noch sein kann, hängt eben nicht nur von den institutionellen Regelsetzungen ab, sondern auch davon, wie sie ausgelegt werden.

ein|räumen ARBEITEN IM MUSEUM lässt sich auf dieses Experiment einer erweiterten musealen Praxis ein. In enger Zusammenarbeit zwischen Künstlern und Museumsmitarbeitern werden Problembereiche gemeinsam erörtert, Begründungszusammenhänge dialogisch konstruiert und das Projekt selbst prozessual entwickelt.

only in german

ein/räumen
Arbeiten im Museum
60 aktuelle Projekte in der Hamburger Kunsthalle
Kurator: Frank Barth
Mitarbeit: Dirck Möllmann, Petra Reichensperger, Friederike Wappler, Silvia Baumgart

Künstler: Fritz Balthaus, Achim Bitter, Marcel Broodthaers, Angela Bulloch, Dellbrügge & de Moll, Jürgen Drescher, Marcel Duchamp, Bogomir Ecker, Maria Eichhorn, Robert Filliou, Andrea Fraser, Peter Friedl, Claus Föttinger, Dan Graham, Sabine Groß, Christine Hill, Thomas Hirschhorn, Jenny Holzer, Sabine Hornig, Stephan von Huene, Carsten Höller, Franka Hörnschemeyer, Ilya Kabakov, Gabriele Konsor, Louise Lawler, Jozef Legrand, George Maciunas, Bernhard Martin, Gordon Matta-Clark, Christine Meierhofer, Attila Menesi, Gerhard Merz, Florian Muser, Piotr Nathan, NoRoom Gallery , Claes Oldenburg, Blinky Palermo, Jorge Pardo, Manfred Pernice, Ralf Peters, Nana Petzet, Hans-Peter Porzner, p. t. t. red , Christoph Rauch, Tobias Rehberger, Gerd Rohling, Erik Satie, Barbara Schmidt-Heins, Gabriele Schmidt-Heins, Gregor Schneider, Richard Serra, Christian Sery, Andreas Slominski, Florian Slotawa, Annette Streyl, Rirkrit Tiravanija, Nicola Torke, Ben Vautier, Andreas Wegner, Susanne Weirich, Stephen Willats, Winter / Hoerbelt, Heimo Zobernig