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Die KW Institute for Contemporary Art in Berlin haben vor zwei Jahren begonnen, eine Ausstellung zu erarbeiten, deren Ziel es ist, die Reflexionen zur Roten Armee Fraktion (RAF) in den Medien einerseits und den künstlerischen Positionen, die sich direkt oder indirekt mit der Geschichte der RAF auseinandersetzen andererseits, zu recherchieren und erstmalig gemeinsam zu präsentieren. Die Ausstellung zeigt als Übersicht ausschließlich zugängliche Materialien. Werke aus Galerien, Museen, öffentlichen und privaten Sammlungen werden ebenso ausgestellt und dokumentiert wie die Berichterstattungen in den verschiedenen Presseorganen und literarische oder filmische Bearbeitungen des Themas. Nach einer kontroversen öffentlichen Debatte wurde das Projekt um ein Jahr verschoben, um die Finanzierung u.a. durch eine Auktion zu gewährleisten, bei der Arbeiten von Künstlern, die nicht an der Ausstellung teilnehmen, öffentlich versteigert wurden. Durch diese Unterstützung ist es den KW jetzt möglich, die Ausstellung am 29. Januar 2005 zu eröffnen.

Die Diskussionen im Sommer 2003, wie auch schon frühere Debatten, etwa anlässlich der Premiere des Films “Die bleierne Zeit” von Margarethe von Trotta 1981 oder während der ersten Ausstellung des Zyklus “18. Oktober 1977” von Gerhard Richter 1989 im Museum Haus Esters in Krefeld und im Portikus in Frankfurt am Main, haben immer wieder gezeigt, dass die Geschichte der RAF für die Öffentlichkeit der Bundesrepublik ein Thema von besonderer Bedeutung ist. Dies spiegelt sich auch in der Vielzahl und Vielfalt der künstlerischen Arbeiten wider, die dieses Kapitel der Geschichte aufgreifen. In der Regel wurde die Geschichte der RAF allerdings über Massenmedien erfahren.

Die Ausstellung richtet ihren Blick auf diese Erfahrungen und bringt sie über einen künstlerischen und dokumentarischen Ansatz zur Diskussion. Daneben steht die Tatsache, dass für Angehörige, Freunde und Bekannte von Opfern die Geschichte der RAF eine grausame Geschichte von Verlust und Trauma war und auch heute noch ist. Keine Ausstellung kann dieser Erfahrung gerecht werden oder sich anmaßen, dieses Erleben zur Anschauung zu bringen.

Das kuratorische Prinzip und künstlerisch dokumentarische Konzept der Ausstellung trägt der Tatsache der in und durch Medien geformten Wahrnehmung der RAF in doppelter Weise Rechnung. Einerseits, indem sie diese mediale Präsenz zitiert und anhand von 29 Daten, die mit der Geschichte des Terrorismus der RAF in den 70er Jahren verbunden sind, beispielhaft Quellen dieser medialen Präsenz präsentiert. Hier ist zu sehen, was schon zu sehen war, und was in diesem “Gesehen Werden” die “Vorstellung des Terrors und die Vorstellung der RAF” für die bundesrepublikanische Gesellschaft ganz entscheidend geprägt hat. Die Zeit wird durch Quellen wie Titelseiten sowie wichtige, ausgesuchte Beiträge aus den Printmedien wie Bildzeitung, Spiegel, Stern, Süddeutsche Zeitung und Frankfurter Allgemeine Zeitung und durch Ausschnitte aus der Fernsehberichterstattung von ARD, ZDF und Aktueller Kamera dokumentiert.

Andererseits und gleichzeitig wird für den Betrachter deutlich, dass die künstlerische Auseinandersetzung diese Wahrnehmung der medial erzeugten Realität vielschichtig ausdifferenziert sowie direkter und anders erfahrbar macht. Besonders eindrucksvoll und exemplarisch ist dies in einer Arbeit wie dem „Atlas“ von Gerhard Richter zu sehen. Die Tafeln 470-479, die sich mit dem Sujet RAF beschäftigen, sind keine „Vorarbeiten“ zum berühmten Zyklus „18. Oktober 1977“, sondern ein eigenständiges Werk, in dem die Spannung zwischen medialer Realität und künstlerischer Wahrnehmung, im objektiven wie subjektiven Sinne, in Erscheinung tritt. In diesem Sinne soll die Ausstellung zeigen, dass es gerade die künstlerischen Arbeiten sind, die über ihr ganz eigenes Verhältnis zu Geschichte und Gegenwart entscheidende Beiträge dazu leisten, dass das abstrakte „Realitätszeichen RAF“, wie Klaus Theweleit es bezeichnet, aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet wird.

Unter dem Titel „Zur Vorstellung des Terrors: Die RAF-Ausstellung“ führt die Ausstellung künstlerische Positionen wichtiger internationaler Künstler zusammen, die von 1970 bis heute über die RAF und ihre Geschichte gearbeitet haben. Dabei werden Reflexionen über so bekannte Arbeiten wie der Aktion von Joseph Beuys auf der documenta 5 bis zu Skulpturen und Bildern junger Künstler wie Johannes Wohnseifer ausgestellt. Es finden sich in der Ausstellung eine Vielfalt von formalen Zugriffen und Materialien, von frühen Videoarbeiten von Yvonne Rainer bis zu collagehaften Bearbeitungen von Massenmedien von Sigmar Polke, von Malerei von Martin Kippenberger bis zu medialen Bildprozessen von Katharina Sieverding, von einer Neonskulptur von Peter Friedl bis zu multimedialen Installationen von Dara Birnbaum.

Durch das Prinzip des “Zusammen-Zeigens, was einzeln schon gezeigt und gesehen wurde” – medial wie auch künstlerisch – vermittelt die Ausstellung, dass die Wahrnehmung der RAF, ihrer Taten, ihrer Opfer, ihrer Geschichte über und durch Öffentlichkeit und Öffentlichkeiten strukturiert wurde. Die Auswahl der Quellen, das Exemplarische der Medienresonanz und künstlerischen Reflexion im Kontrast oder Zusammenspiel, ermöglicht so einen neuen dokumentarisch-wissenschaftlichen und zugleich künstlerischen Ansatz.

Ziel ist es, diesen Öffentlichkeiten mit der Ausstellung das, was war, möglichst vielfältig zur Anschauung zu bringen und durch die Auswahl der Quellen und künstlerischen Arbeiten die durch die Medien strukturierte Wahrnehmungsmöglichkeit zu dokumentieren.

Ein 2-bändiger, thematischer Katalog, herausgegeben von Klaus Biesenbach wird mit freundlicher Unterstützung des Georg Steidl Verlags erscheinen.

Auktion bei eBay zur Finanzierung des Ausstellungsprojektes

Berlin, 10. Dezember 2004 - Das seit 2002 geplante Ausstellungsprojekt "Zur Vorstellung des Terrors: Die RAF. Ausstellung" hat im Sommer 2003 zu einer umfassenden und kontroversen Debatte geführt. Die KW Institute for Contemporary Art haben in der Folge den Antrag auf Förderung des Projektes aus Mitteln des Hauptstadtkulturfonds Berlin am 12. Januar 2004 zurückgezogen und entschieden, das Projekt mit nicht-öffentlichen Mitteln zu realisieren.

Wir möchten Sie heute darüber informieren, dass wir, die Idee eines Künstlers aufgreifend, eine Auktion vom 11.12.04 bis 21.12.04 veranstalten werden, durch deren Erlös die Finanzierung gewährleistet wird. Klaus Biesenbach, ehemaliger künstlerischer Leiter der KW hat dafür Künstler direkt angefragt und zahlreiche Kunstsammler und -liebhaber persönlich kontaktiert. Namhafte internationale Künstler wie Marina Abramovic, Doug Aitken, Francis Alÿs, Monica Bonvicini, Dinos und Jake Chapman, Andreas Gursky, Carsten Höller, Ugo Rondinone, Lawrence Weiner und Jane und Louise Wilson haben daraufhin Arbeiten für die Auktion zugesagt. Der gesamte Reinerlös der Versteigerung wird der Ausstellung zu Gute kommen.

Pressetext

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Zur Vorstellung des Terrors: Die RAF. Ausstellung
Idee und Konzept: Klaus Biesenbach
Eine Ausstellung realisiert von: Ellen Blumenstein, Felix Ensslin

mit Franz Ackermann, Dennis Adams, Bettina Allamoda, Eleanor Antin, Olaf Arndt, Thomas Bayrle, Sue de Beer, Alissa Bennett, Ulrich Bernhardt, Joseph Beuys, Dara Birnbaum, Klaus vom Bruch, Erin Cosgrove, Lutz Dammbeck, Christoph Draeger, Felix Droese, Heinz Emigholz, Hans-Peter Feldmann, Peter Friedl, Johan Grimonprez, Rudolf Herz, Jörg Immendorff, Johannes Kahrs, Scott King, Martin Kippenberger, Rainer Kirberg, Astrid Klein, Korpys / Löffler, Bruce La Bruce, Claude Lévêque, Theo Ligthart, Jonathan Meese, Michaela Meise, Michaela Melian, Klaus Mettig, Olaf Metzel, Rob Moonen, Hans Niehus, Marcel Odenbach, Sigmar Polke, Yvonne Rainer, Gerhard Richter, Thomas Ruff, Thomas Schütte, Katharina Sieverding, K.R.H. Sonderborg, Klaus Staeck, Renata Stih & Frieder Schnock, Frank Thiel, Wolf Vostell, Peter Weibel, Willem (Bernhard Holtrop), Johannes Wohnseifer, Matt Worley, u.a.

Stationen:
29.01.05 - 16.05.05 KW Berlin
26.06.05 - 28.08.05 Neue Galerie, Graz

Die Auktion hat stattgefunden mit Arbeiten von Marina Abramovic, Doug Aitken, Francis Alÿs, Monica Bonvicini, Jake & Dinos Chapman, Andreas Gursky, Carsten Höller, Ugo Rondinone, Lawrence Weiner, Jane & Louise Wilson, Thomas Demand, Paul Pfeiffer